1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hausaufgaben gemacht

21. Juni 2010

China ist durch die Ankündigung einer flexibleren Währungspolitik einer möglichen Kritik auf dem G20-Gipfel zuvorgekommen. Nun ist Deutschland an der Reihe, meint <I>Rolf Wenkel</i> in seinem Kommentar.

https://p.dw.com/p/NyKv
Rolf Wenkel, Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Rolf Wenkel, Wirtschaftsredaktion der Deutschen WelleBild: DW

Der Yuan war seit knapp zwei Jahren fest an den Dollar gekoppelt. Das hat China vor allem aus den USA den Vorwurf eingebracht, seine Währung im Interesse der Exportwirtschaft künstlich niedrig zu halten.

Die USA und andere Staaten fordern seit langem eine Aufwertung der chinesischen Währung. Mit einem künstlich niedrig gehaltenen Yuan würden auch die Exporte nach China erschwert, da Importwaren teuer sind. Solche Handelsungleichgewichte vernichten aus amerikanischer Sicht nicht nur Arbeitsplätze, sondern verschärfen auch die globale Wirtschaftskrise. Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft sind ein zentrales Thema beim Gipfeltreffen der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer am kommenden Wochenende in Kanada - und es ist ziemlich klar, dass die im Original sehr unverbindlich gehaltene Erklärung der chinesischen Notenbank vorerst nur dazu dient, einer möglichen Diskussion über einen zu niedrigen Yuan-Kurs in Kanada den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Rolf Wenkel, Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Rolf Wenkel, Wirtschaftsredaktion der Deutschen WelleBild: DW

Das Problem der riesigen Ungleichgewichte in den Handels- und Leistungsbilanzen der großen Player sollte dennoch in Kanada zur Sprache kommen - allerdings nicht in der Form, dass China alleine auf der Anklagebank sitzt. Das wäre ungerecht. China bemüht sich seit langem, seine einseitige Exportabhängigkeit zu überwinden. Es hat in der Krise öffentliche Investitionen drastisch aufgestockt und private Investitionen durch günstige Kredite gefördert, die Reallöhne wachsen seit 2005 jährlich im zweistelligen Bereich, der private Konsum um fast zehn Prozent pro Jahr. Die chinesischen Importe nehmen drastisch zu, allein Deutschlands Exporte nach China sind im ersten Quartal um fast 60 Prozent gestiegen. So ist es kein Wunder, dass zum Beispiel Heiner Flassbeck, Chefökonom der Welthandelsorganisation UNCTAD, von Schätzungen spricht, nach denen Chinas Überschuss in der Leistungsbilanz schon Ende des Jahres fast verschwunden sein wird. China macht seine Hausaufgaben.

Deutschland soll sich ein Beispiel an China nehmen

Was man von Deutschland nicht unbedingt sagen kann. Was China für die Welt ist, ist Deutschland für Europa: Ein Exportgigant, der für riesige Ungleichgewichte verantwortlich ist. Diese Verwerfungen in der Eurozone führen dazu, dass der Euro abwertet - was den deutschen Exporten noch einen zusätzlich Schub gibt. Trotzdem verkraften Deutschlands Unternehmen angeblich keine Lohnerhöhung. Und trotz einer seit Jahren bestehenden eklatanten Schwäche der Inlandsnachfrage wird das größte Sparpaket der Geschichte geschnürt. Ob das alles so richtig ist? Es genügt nicht, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen und zu sagen: Ihr müsst besser, ihr müsst wettbewerbsfähiger werden. Man muss sich auch mal an die eigene Nase fassen und sich fragen, was man für die eigene Binnennachfrage tun kann. Geschieht das nicht, dann werden in Kanada nicht die Chinesen auf der Anklagebank sitzen, sondern Deutschland.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Zhang Danhong