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China und USA verhandeln über Handel

7. Januar 2019

Unterhändler der beiden größten Volkswirtschaften unternehmen einen neuen Anlauf, eine tickende Zeitbombe zu entschärfen - den drohenden offenen Handelskrieg. Verhandelt wird in Peking - mit völlig ungewissem Ausgang.

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China USA Wirtschaft
Bild: picture alliance/AP/A. wong

Als der amtierende US-amerikanische Verteidigungsminister Patrick Shanahan - seinen bisherigen Chef James Mattis hatte US-Präsident Donald Trump gerade gefeuert - die Führungsriege des Pentagon unlängst aufs neue Jahr einstimmte, gab er den Seinen den Rat: "Immer an China, China, China denken." So berichten es US-amerikanische Medien.

Der Mann ist Verteidigungspolitiker, nicht US-Handelsbeauftragter. Und doch beleuchtet das Zitat, wie viel derzeit auf dem Spiel steht im Verhältnis zwischen beiden Ländern. Es geht um einen Handelskonflikt, der zunehmend die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft zieht. Es geht aber auch um Fragen globaler Vorherrschaft.    

Die obersten Hardliner aus der US-Regierung sitzen bei der für zwei Tage angesetzten Verhandlungsrunde in Peking nicht direkt am Tisch. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer ist für seine tiefe Skepsis gegenüber China bekannt, Trumps Berater für Handelsfragen Peter Navarro gilt glattweg als Falke. Zu den Verhandlungen ist eine US-Delegation unter Leitung des stellvertretenden Handelsbeauftragten Jeffrey Gerrish in die chinesische Hauptstadt gereist.

China | Jeffrey D. Gerrish in Peking
Verhandelt für die USA in Peking: Jeffrey GerrishBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/A. Wong

Waffenstillstand bis zum 2. März

Wer auf chinesischer Seite die Gespräche führt, war nicht zu erfahren. Auch zu Inhalten gibt es bislang nur magere Ansagen: Man werde sich auf Agrarprodukte, Energie und Autos konzentrieren, hatte die chinesische Regierung noch im Dezember verlauten lassen.

Tatsächlich geht es um viel mehr. Beide Seiten sollen eine Art Waffenstillstand sichern, der zunächst noch bis zum 2. März dauern wird. Auf diese Frist hatten sich der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping und sein amerikanischer Counterpart Donald Trump Anfang Dezember beim G20-Gipfel in Buenos Aires geeinigt. Bis dahin sollten weitere Strafzölle ausbleiben, auch die bereits angekündigte Erhöhung der US-Zölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar bleibt solange ausgesetzt.

Jahresrückblick 2018
Xi Jinping und Donald Trump (und einige andere Herren) bei G20-Gipfel in Buenos AiresBild: picture alliance/dpa

Dabei ist die Drohkulisse schon jetzt beeindruckend, und die internationalen Finanzmärkte spiegeln die Sorge um böse Konsequenzen für die Weltwirtschaft: Seit Ende Dezember gibt es heftige Turbulenzen an den Börsen in New York, Tokio Frankfurt und andernorts. 

Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt überziehen sich seit Monaten mit gegenseitigen Strafzöllen auf eine ganze Reihe von Produkten. Die USA erheben Sonderzölle inzwischen auf Warenimporte aus China im Wert von 250 Milliarden Dollar. Peking revanchierte sich mit Vergeltungsmaßnahmen, allerdings nicht im gleichen Wert. Derweil hat Washington dafür gesorgt, dass eine führende Managerin des wichtigen chinesischen Telekomkonzerns Huawei in Kanada festgesetzt wurde. Peking hat umgehend kanadische Bürger in China festgesetzt.

"Auf halbem Weg treffen"

Kurz vor dem Jahreswechsel hatten die beiden Staatschefs noch einmal miteinander telefoniert und anschließend versucht, auf gute Stimmung zu machen. Trump auf Twitter: "Der Deal geht sehr gut voran." Auch aus Peking kamen positive Signale: "Wir hoffen, dass sich die beiden Teams auf halbem Weg treffen, hart arbeiten und einen frühzeitigen Abschluss eines Abkommens erreichen", sagte Xi.

Am Sonntag legte Trump nach: "Ich glaube wirklich, dass sie einen Deal machen wollen", meinte der US-Präsident in Washington. Erneut bewertete er Chinas konjunkturelle Schwäche als Vorteil für die Vereinigten Staaten.

Ob ein Durchbruch gelingt, erscheint jedoch mehr als fraglich. Die Vorhaltungen Trumps und seiner Regierung an die Chinesen sind grundsätzlicher Art: China verweigere eine wirkliche Öffnung seiner Märkte, stehle Know-how von anderen oder zwinge ausländische Firmen, technisches Wissen preiszugeben. Außerdem verhindere die systematische Subventionspolitik Chinas - wie das Programm "Made in China 2025" - den freien Wettbewerb. Das alles müsse sich ändern, findet Trump.

Symbolbild USA-China-Handelskrieg
Anti-Trump-Plakat in Guangdong, ChinaBild: picture-alliance/AP Images/CCP

"China müsste den USA in zentralen Punkten weitreichende Zugeständnisse machen", sagte Rajiv Biswas, Asien-Chefökonom beim britischen Informationsdienstleister IHS Markit zur DW. Und auch Jin Canrong, der Vizedirektor des Instituts für Internationale Beziehungen an der Volksuniversität Peking, hält eine Einigung innerhalb der 90-Tage-Frist für "zu optimistisch".

Aufholjagd

Ausländische Beobachter bemühen schon jetzt die Historie beim Blick auf den Konflikt. Die deutsche Zeitschrift "Der Spiegel" erinnerte an den griechischen Historiker Thukydides, um die Bedeutung des aktuellen Konflikts auszuleuchten. Das Blatt zitiert in einer großen Analyse den Politologen Graham Allison und sein Schlagwort von der "Thukydides-Falle": Wenn eine Großmacht versuche, zu einer anderen aufzuschließen, führe das meist zum Krieg. Schon beim von Thukydides beschriebenen Krieg Spartas gegen das aufsteigenden Athen sei das so gewesen.

Die Aufholjagd Chinas im Verhältnis zu den USA ist in der Tat rasant. Zu Zeiten der großen Finanzkrise 2008 war die amerikanische Wirtschaftsleistung dreimal so groß wie die chinesische. Seither hat sich die chinesische Wirtschaftsleistung fast verdreifacht, die amerikanische nicht. Die US-amerikanische Wirtschaft ist jetzt noch ein Drittel stärker als die Chinas. Geht es so weiter, liegen beide Volkswirtschaften um das Jahr 2030 herum gleichauf.

Das Problem wird bis zum 2. März 2019 kaum zu lösen sein. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet denn auch damit, dass der Handelsstreit negative Auswirkungen für das Wirtschaftswachstum in beiden Ländern haben wird. Für China hat der IWF seine Wachstumsprognose für 2019 um 0,2 Punkte reduziert. Auch in den USA wird mit einem leicht schwächeren Wachstum gerechnet. Bedrohlich wird das auch für andere Weltregionen.

ar/hb/wa (rtr, AP, dpa, Archiv)