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China will viel mehr Handel mit Deutschland

28. Juni 2011

Nach ihren ersten Regierungskonsultationen zeigten Deutschland und China Einigkeit in politischen und wirtschaftlichen Fragen. Unterzeichnet wurden Abkommen und Verträge im Gesamtumfang von 15 Milliarden Dollar.

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Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dapd)
Ministerpräsident Wen und Kanzlerin Merkel demonstrieren EinigkeitBild: dapd

Die Regierungskonsultationen zwischen China und Deutschland gelten als Meilenstein in den Beziehungen beider Länder. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Regierungschef Wen Jiabao hatten sie im vorigen Jahr vereinbart. Sie sollen künftig regelmäßig und auf höchster Regierungsebene stattfinden.

Unter der Leitung der Kanzlerin und des chinesischen Ministerpräsidenten hatten auf deutscher Seite zehn und auf chinesischer Seite 13 Minister an der gemeinsamen Kabinettssitzung teilgenommen.

Intensive Partnerschaft

Merkel wertete das Treffen am Dienstag (28.06.2011) als Beleg für die hohe Intensität der strategischen Partnerschaft. Vor Journalisten sprach sie aber auch zum Beispiel die kritische Situation der Menschenrechte in China an.

Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao und Bundeskanzlerin Angela Merkel schreiten über den roten Teppich (Foto: dpa)
Gemeinsamer Gang über den roten Teppich vor dem KanzleramtBild: picture alliance/dpa

Wen erklärte, trotz vielfältiger Differenzen gebe es große Perspektiven für die künftige Kooperation. Nicht zuletzt seien die jetzt unterzeichneten Verträge mit einem Gesamtvolumen von 15 Milliarden Dollar ein Beweis. Insgesamt 14 Abkommen und Vereinbarungen wurden unterzeichnet zum Ausbau der bilateralen Beziehungen, unter anderem mit Milliardenaufträgen für deutsche Unternehmen.

Milliardenauftrag für Airbus

Einen Milliardenauftrag erhielt dabei der europäische Flugzeugbauer Airbus, bei dem China 62 Flugzeuge vom Typ A320 kauft. Volkswagen vereinbarte mit seinem chinesischen Partner FAW den Bau einer neuen Fabrik in China.

Derzeit beläuft sich das jährliche Handelsvolumen zwischen China und Deutschland auf rund 130 Milliarden Euro. Nach den Vorstellungen Wens soll sich die Zahl innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln.

Helfende Hand für die Euro-Zone

Der chinesische Regierungschef setzt dabei auf ein starkes Europa, das trotz seiner Schuldenprobleme ein Gegengewicht zur USA als führender Volkswirtschaft sein soll. In diesem Zusammenhang sicherte Wen der Euro-Zone in der Schuldenkrise weitere Unterstützung zu.

"Wenn Europa Schwierigkeiten hat, strecken wir die helfende Hand aus", so Wen. China hat wiederholt angekündigt, in Staatsanleihen aus Europa zu investieren und damit angeschlagenen Euro-Staaten wie Spanien unter die Arme zu greifen. Die Volksrepublik investiert zunehmend auch in Griechenland, wo die Wirtschaft in einer tiefen Rezession steckt.

Zuversicht in die Entwicklung Europas

"Wir sind voller Zuversicht in die Entwicklung Europas", hatte er bereits zuvor auf einem Wirtschaftsforum dargelegt, das anlässlich der gemeinsamen Beratungen der beiden Kabinette ebenfalls in Berlin stattfand. Dabei demonstrierte der chinesische Ministerpräsident Vertrauen in die Fähigkeit der EU, ihre Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Die EU verfüge über eine leistungsstarke Realwirtschaft und sei nach seiner Auffassung "durchaus in der Lage, der gegenwärtigen Herausforderungen Herr zu werden", erklärte er.

Der Regierungschef aus Peking wünscht sich mehr Technologietransfer von deutschen Firmen, die in den vergangenen Jahren allerdings häufig über chinesische Raubkopien ihrer Innovationen geklagt haben. "Zum Technologietransfer zwingen wir jedoch niemanden", betonte Wen. Deutschland solle sich zudem für die Lockerung europäischer Exporteinschränkungen gegen China einsetzen, Hemmnisse im bilateralen Handel abbauen und China als volle Marktwirtschaft anerkennen.

Respekt vor politischem System gefordert

Für das politische System seines Landes forderte Wen bei den europäischen Kritikern Respekt ein. China und Europa hätten unterschiedliche kulturelle und historische Hintergründe, erklärte er. China respektiere das politische System in Europa. Im Gegenzug erwarte China auch von der EU, die Souveränität und territoriale Integrität des Landes sowie die selbstständige Wahl des politischen Systems zu respektieren, sagte er.

Merkel äußerte Kritikpunkte an China nur indirekt. Sie sprach von der Notwendigkeit, den deutschen Firmen in der Volksrepublik faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber lokalen Konkurrenten zu bieten.

Auch beim Schutz des geistigen Eigentums, dem Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Hand und in der Rohstoff-Versorgung könne man die Zusammenarbeit noch intensiver gestalten, sagte sie. "Wir wünschen, dass wir unsere enge Kooperation in diesen Fragen weiter vertiefen."

Mehr Rechtsstaatlichkeit gefordert

Chinesischer Künstler und Dissident Ai Weiwei vor Mikrofonen (Foto: dapd)
Der Künstler und Dissident Ai Weiwei wurde erst kürzlich aus der Haft entlassenBild: dapd

Mit Blick auf die Menschenrechtslage in der Volksrepublik forderte Merkel ihren Gesprächspartner auf, Rechtstaatlichkeit und Meinungsfreiheit zu fördern. Es sei wichtig, dass auf die Freilassung des chinesischen Künstlers Ai Weiwei nun ein "transparentes Verfahren" folge. Auch bräuchten Journalisten faire Arbeitsbedingungen.

Der Künstler Ai Weiwei war wenige Tage vor dem Europa-Besuch Wens freigelassen worden. Die strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn sind nach wie vor unklar.

Austausch über Kunst- und Meinungsfreiheit

Die Bundesregierung hatte bereits zum Auftakt des Besuchs der chinesischen Delegation am Montag die Einschränkungen der Kunst- und Meinungsfreiheit in China thematisiert. Der Austausch auch über unterschiedliche Auffassungen sei sehr gut und sehr freundschaftlich gewesen, sagte Außenminister Guido Westerwelle im Deutschlandradio.

Westerwelle betonte, man könne mit dem chinesischen Ministerpräsidenten und seiner gesamten Delegation auch heikle Fragen gut besprechen, weil die Beziehungen mittlerweile von einer Intensität seien, dass sie dies erlaubten. Allerdings trete Deutschland dabei nicht als Lehrmeister auf, sondern wolle mit seinen Ansichten und Werten überzeugen.

Autorin: Eleonore Uhlich (rtr, dpa, dapd)
Redaktion: Sabine Faber