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Das Zensur-Bollwerk

3. August 2010

Das Tempo des chinesischen Wachstums spiegelt sich auch auf dem Medienmarkt des Landes wider. Das hat aber noch nichts daran geändert, dass den Medien ein mächtiges Zensur-Bollwerk gegenübersteht.

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Symbolbild Zensur im Internet (Foto: DW)
Bild: DW

In China gibt es inzwischen 3000 Zeitungen, 8000 Magazine und Zeitschriften und 300 Fernsehstationen mit mehren Kanälen. Jedes Jahr erscheinen 250.000 neue Bücher mit einer Gesamtauflage von mehr als sechs Milliarden Exemplaren, was China nach staatlichen Angaben zum größten Büchermarkt der Welt macht. Mit geschätzten 380 Millionen Nutzern ist China natürlich auch der größte Online-Markt der Welt.

Diesen dynamischen Medienmarkt will die Kommunistische Partei Chinas kontrollieren. Es gibt mehrere staatliche Zensurbehörden, die Hand in Hand arbeiten, um zu kanalisieren, was das 1,3-Milliarden-Volk denkt. Die beiden wichtigsten sind die Allgemeine Verwaltungsstelle für Presse und Publikation (GAPP) und die staatliche Behörde für Radio, Film und Fernsehen (SARFT). Sie erteilen und entziehen Lizenzen. Hier müssen auch ausländische Journalisten ihre Reisen und Interviews anmelden.

Chinesische Flagge weht vor der Google-Zentrale in Peking (Foto: AP)
Google-Zentrale in PekingBild: AP

Über diesen beiden größten Zensurorganen thront die zentrale Propaganda-Abteilung der Kommunistischen Partei (CPD). Sie gibt die Richtlinien für die Zensur vor. Sie entscheidet, was ein "Verstoß gegen chinesische Sicherheitsinteressen" ist. Sie entscheidet, wie hart das System gegen Medienunternehmen, Journalisten und Publizisten vorgeht.

Nach Schätzungen des US-Außenministeriums sollen allein zur Überwachung des Internets bis zu 50 Tausend Kontrolleure im Einsatz sein.

Verbotene Themen

Gefährlich wird es für alle, die scharfe Kritik an Partei und Staat üben. Tibet, Taiwan, der Aufstand der Uiguren, die Falun-Gong-Bewegung und das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens sind Tabu-Themen.

Der Journalist Shi Tao gehört zu den Opfern des Systems. Er hatte es 2004 gewagt, eine Zusammenfassung der Zensur-Richtlinien der Kommunistischen Partei für den 15. Jahrestag des Tiananmen-Massakers im Internet zu veröffentlichen. Dafür wurde er ein Jahr später zu zehn Jahren Haft verurteilt. Sein Vergehen ist "die Weitergabe von Staatsgeheimnissen".

Lücken im Klima der Angst

Das internationale Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) listet auf seiner Internetseite detailliert die Umstände der Verhaftung von 24 chinesischen Journalisten im Jahr 2009 auf. Auch nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen sitzen in keinem anderen Land mehr Journalisten in Haft als in China. Es sind vor allem Blogger. In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rangiert China auf Platz 168 von insgesamt 175 untersuchten Ländern. Das Zensur-System mit seinen drakonischen Strafen sorgt unter chinesischen Medienschaffenden für Selbstzensur.

Kunden in einem Internetcafe in Zentralchina (Foto: AP)
Internetcafe in ZentralchinaBild: AP

Aber die Schnelligkeit und die Weiterentwicklung des Internets bieten selbst in diesem Klima der Angst neue Möglichkeiten, die Grenzen der Zensur zu sprengen - oder wenigstens zu dehnen. Vor allem technisch versierte Blogger suchen und finden Lücken. Diese Lücken entstehen, weil auch China das Internet nicht wirklich kontrollieren kann. Die aufstrebende Supermacht weiß zudem, dass wirtschaftliches Wachstum ohne einen gewissen Grad an Informationsfreiheit nicht möglich ist.

Autorin: Sandra Petersmann

Redaktion: Kay-Alexander Scholz