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Chinesen kaufen Ming-Vasen in Deutschland

29. Juni 2011

Antike Kunst aus China kauft man am besten in Europa. Denn hier können sich Kunstliebhaber halbwegs sicher sein, dass sie echt ist. Deshalb kommen Chinesen nach London, Paris oder Köln und ersteigern chinesische Kunst.

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Vase aus der Ming Dynastie 16th century Ming Dynasty porcelain wuchai from China on display for auction, Hong Kong, photo on black (Format: Bilder des Tages quer)
Bild: AP

"Siebenhundert, Siebenhundertfünfzig, Zweimal." Mit einem kleinen Hammer schlägt Auktionator Henrik Hanstein auf sein Pult und besiegelt den Verkauf einer chinesischen Tuschemalerei mit rotem Blütenzweig und Kresse für 750 Euro an eine Dame aus Shanghai. Um ihn herum stehen lauter schwarz-weiße Tuschmalereien aus der Tang-Zeit, Silberschalen mit Gravuren und 300 Jahre alte Teller. Sie füllen den hellen Auktionssaal und warten auf ihre neuen Besitzer.

Fast die Hälfte der Besucher sieht asiatisch aus, einige diskutieren über die Qualität der versteigerten Kunstwerke. Man könnte meinen, einer ganz normalen Auktion in Bangkok oder Hongkong beizuwohnen. Nur der deutschsprechende Auktionator und das Logo "Lempertz" auf dem Auktionstisch erinnern daran, dass die Auktion in Deutschland stattfindet. Einmal im Jahr veranstaltet der Geschäftsführer des Kölner Auktionshauses, Henrik Hanstein, eine Versteigerung von asiatischer Kunst.

Hauptsache keine Fälschung

Ersteigerung im Kunsthaus Lempertz in Köln, Aufnahmedatum: 10..06.2011 Coypright: DW/Shenjun Liu
Hand heben und gewinnenBild: DW

"Fast 95 Prozent der Gebote und Zuschläge gehen an Chinesen", erzählt er. Kein Wunder, meint er, denn China habe eine Hochkultur, sei eine der ältesten, wunderbarsten Kulturnationen auf der Erde. Zu Zeiten Maos hätten die Chinesen viele wertvolle Kunstobjekte aus dem Land geschafft, um sie vor der Zerstörung zu retten. "Jetzt sind viele Chinesen reich und kommen nach Europa, um die Sachen zurückzukaufen." Asiatische Kunst in Europa zu erwerben, sei eine Art Echtheitsbeweis, beobachtet der Auktionator, eine Garantie für den Wert der Objekte. "In China wird sehr viel gefälscht, da könnten sich die Kunstsammler nie so sicher sein."

Herr Meng zum Beispiel ist aus Peking ins Auktionshaus nach Köln gekommen. Neben dem Pflichtfoto vor dem Kölner Dom will er ein Bild des chinesischen Malers Huang Zhou mit nach Hause nehmen, der mit seinen Esel-Malereien berühmt wurde. "Der Besitzer ist ein Deutscher, er hat zwei Kulturreisen nach China unternommen", weiß Herr Meng. Während seiner Reise habe der Sammler viele Maler persönlich kennengelernt und ein paar Gemälde mit nach Europa genommen. "Von daher kann man sagen, dass die Quelle relativ sicher ist", meint der Pekinger Kunstliebhaber. Er kenne den Antikmarkt in China, betont Meng, und wisse, für wie viel Geld ein solches Gemälde in China verkauft werde. Deshalb sei er bereit, in Köln einen höheren Preis dafür zu bieten als die deutschen Sammler.

Chinesische Kunst als neue Währung

Nach 6 Stunden Jetlag und über 3 Stunden Auktion braucht man eine Pause. Aufnahmeort: Kunsthaus Lempertz, Köln Aufnahmedatum: 10..06.2011 Coypright: DW/Shenjun Liu
Bild: DW

Leider ist Herr Meng nicht der Einzige, der Huang Zhous Bild mit den zwei Mädchen und der Eselherde schätzt. Andere Asiaten sind auch zur Stelle, um einen höheren Preis vorzuschlagen. "Meins! " ruft eine junge Dame verhalten, aber freudig. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat sie 190.000 Euro für die ein Quadratmeter große Tuschezeichnung geboten. Mit einem zufriedenen Lächeln gratuliert sie dem wahren Käufer per Handy.

Kommissionskäufer wie sie tauchen immer mehr in Europa auf, erklärt Herr Meng. Die reichen Chinesen haben keine Zeit, oder möchten sich nicht zeigen, schicken dafür die englischsprachigen Kommissionskäufer zu den Auktionen in London, Paris, oder Köln. "Weil die aktuelle wirtschaftliche Lage in China instabil ist und die Währung Yuan nur als wertloses Papier gilt, investieren immer mehr Reiche ihr Geld in antikes Porzellan und Gemälde", sagt Herr Meng. Die Kunstwerke seien für sie nicht nur Sammlerobjekte sondern eher eine neue Währung.

Immerhin, für 70.000 Euro darf der Pekinger Sammler wenigstens eine antike Vase mit nach Hause nehmen - im Handgepäck. Bald werde sein "Vasenbaby" nach 200 Jahren in der Fremde wieder zuhause schlafen, meint Herr Meng glücklich.

Autor: Shenjun Liu
Redaktion: Sabine Damaschke