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Lenovo greift nach Medion

1. Juni 2011

Der Computerbauer Lenovo, Nummer vier in der Welt, will den deutschen Elektronik-Riesen Medion übernehmen - und dabei lernen wie der deutsche Verbraucher tickt.

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Lenovo-Shop in China (Foto: dpa)
Was der chinesische Verbraucher will, weiß Lenovo. Was aber will der deutsche?Bild: AP

Das Angebot kann sich sehen lassen: Für rund 629 Millionen Euro, oder für 13 Euro je Aktie, will der chinesische PC-Riese Lenovo den Elektronikspezialisten Medion übernehmen - möglichst komplett. Mindestens sollen es aber 51 Prozent werden.

Lenovo ist der weltweit viertgrößte Computerhersteller und ist auf dem Heimatmarkt im letzten Jahr stark gewachsen. Auch außerhalb Chinas, vor allem in den Schwellenländern, läuft das Geschäft für den PC-Riesen glänzend. Lenovo hatte vor einigen Jahren bereits die PC-Sparte des US-Konzerns IBM übernommen, was dem Unternehmen viele Geschäftskunden brachte. Diese Übernahme war die erste größere eines chinesischen Unternehmens in den Vereinigten Staaten.

Medion - der Renner beim Aldi-Discounter

Die Leerkartonage für einen tragbaren Computer des Herstellers Medion steht in einem Aldi-Supermarkt (Foto: dpa)
Für so einen Laptop stehen in Deutschland die Menschen SchlangeBild: dpa

Medion ist vor allem für seine bei Aldi vertriebenen Computer, Kameras oder Navigationsgeräte bekannt. Der Discounter ist einer der wichtigsten Kunden des Essener Unternehmens. Mit großem Wachstum kann bei Medion nicht mehr gerechnet werden, der Computermarkt in Deutschland ist weitgehend gesättigt. 2010 setzte Medion aber immerhin noch rund 1,6 Milliarden Euro um. Das 1983 gegründete und 1998 an die Börse gebrachte Unternehmen schlitterte Mitte des vergangenen Jahrzehnts - unter anderem wegen der hohen Abhängigkeit von Aldi - in eine Krise, von der es sich nur langsam erholt.

Die Chinesen wollen deutsche Verbraucher gewinnen

Mit dem Kauf von Medion würde Lenovo leichter an deutsche Endverbraucher herankommen. Die Chinesen, so Christof Römer vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln gegenüber DW-WORLD.DE, seien interessiert daran, stark zu wachsen, deshalb holten sie sich ausländische Unternehmen ins Land. Sie wollten Zugang zum Know-how haben: "Wenn sie aber zu Produktionsabläufen, die nicht transferiert werden können, einen besseren Zugang haben wollen, dann investieren sie eben in ausländische Unternehmen. So könnte es die Chinesen interessieren, wie Unternehmen ihre Produkte billig in Deutschland verkaufen und sie fragen sich, wie sie einen Fuß in diese Märkte bekommen können."

Kombi-Logo Lenovo-Medion
Medion wäre das erste große deutsche Unternehmen in chinesischer HandBild: picture-alliance/dpa

Mit Lenovo greift erstmals ein chinesischer Investor nach einem sehr bekannten deutschen Unternehmen. Über einen solchen Schritt war zuletzt wegen der vollen chinesischen Kassen immer wieder spekuliert worden. In den vergangenen Jahren waren Investoren aus China unter anderem bei angeschlagenen deutschen Unternehmen wie Opel oder Dresdner Bank im Gespräch. Aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen waren all diese Versuche aber gescheitert. Stattdessen kauften sich die Chinesen bei weniger bekannten Unternehmen ein, wie beispielsweise beim angeschlagenen Autozulieferer SaarGummi oder den Werkzeugmaschinenherstellern Schiess und Waldrich Coburg.

Auf dem Weg zur angestrebten Medion-Mehrheitsübernahme hat Lenovo bereits einen großen Schritt gemacht: Der Medion-Unternehmensgründer, Mehrheitseigentümer und Vorstandschef Gerd Brachmann nahm das Angebot zu großen Teilen bereits an. Er wird rund 36,7 Prozent des Grundkapitals an Lenovo verkaufen - knapp 17,75 Millionen Aktien für rund 230,7 Millionen Euro. Der chinesische Computerbauer will mit der Übernahme nach eigenen Angaben seinen Einfluss auf dem europäischen Markt ausweiten. Wenn das Geschäft gelingt, verdoppelt Lenovo seinen Marktanteil in Deutschland auf mehr als 14 Prozent und wird so hinter HP und Acer zur Nummer drei auf dem PC-Markt in Deutschland.

Autorin: Monika Lohmüller (dpa, dapd)
Redaktion: Jutta Wasserrab