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Chinesisch-Deutsche Hochschule

17. August 2009

Wissenschaftsaustausch par excellence: An Shanghais größter Universität lernen Deutsche und Chinesen gemeinsam. Ganz schön deutsch geht es hier zu. Die Studenten beider Länder hoffen auf einen Karrierevorteil.

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Chinesisch-Deutsches Hochschulkolleg in Shanghai (Foto: CDHK)
Das Chinesisch-Deutsche Hochschulkolleg in ShanghaiBild: CDHK

Der Anfang für den Deutschen Sasa Saric in Shanghai war nicht leicht. Die große Stadt, die fremde Sprache, die andere Kultur. Er studiert und arbeitet mit Studenten aus beiden Ländern, China und Deutschland. Dabei merkt er die Mentalitätsunterschiede: Den Chinesen fehle es oft an Selbstständigkeit und sie trauten sich nicht, Fragen zu stellen. Doch sie hätten auch Stärken, findet Sasa Saric. Ihre größte sei der Pragmatismus: "Wenn Deutsche ein Problem haben, suchen sie nach einer Lösung. Egal wie lange das dauert. Chinesen fragen erstmal, wie man das Problem umgehen kann."

Hilfreich für die Karriere

Schröder als Ehrendoktor an der Tongji-Universität mit Rektor Wu Qi Di (Foto: AP)
Führte Kohls Zusammenarbeit fort: Gerhard Schröder als Ehrendoktor an der Tongji-Universität mit Rektor Wu Qi DiBild: AP

Sasa Saric promoviert am Chinesisch-Deutschen Hochschulkolleg, kurz CDHK. Ein modernes, leuchtend weißes Gebäude gleich am Eingang zur Tongji-Universität - kaum zu übersehen. Seit elf Jahren ist die Institution ein fester Bestandteil an Shanghais größter Universität. 330 Studenten lernen hier, die meisten sind Chinesen. Doch es kommen auch immer mehr Deutsche. Sasa Saric kam vor zwei Jahren aus Darmstadt für seine BWL-Diplomarbeit ans Kolleg. Dann blieb er hängen. Seine Doktorarbeit schreibt er im Bereich Strategisches Management. Anfangs war er sich nicht sicher, ob er sich mit dem Umzug nach Shanghai nicht ins Abseits manövrieren würde. Doch mittlerweile ist er überzeugt: Es war der richtige Schritt. Hilfreich für seine Karriere.

Mit politischem Willen

Angela Merkel mit Shanghais Bürgermeister Han Zheng (Foto: AP)
Auch Angela Merkel fördert den Austausch. Hier mit Shanghais Bürgermeister Han ZhengBild: AP

Das CDHK ist das Leuchtturmprojekt im Wissenschaftsaustausch zwischen China und Deutschland. Angestoßen wurde es auf höchster Ebene. 1993 besuchte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Tongji-Universität. Die Idee: Eine gemeinsame Bildungsinstitution für Deutsche und Chinesen. Fünf Jahre später, 1998, war es dann so weit. Das CDHK wurde gegründet.

Die Universität und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) tragen die Einrichtung gemeinsam. Die knapp 30 Lehrstühle werden von deutschen Unternehmen finanziert. Das CDHK hat vier Fakultäten: Elektrotechnik, Maschinenwesen, Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsrecht. Es gibt nur Master-Studiengänge. Das Studium dauert drei Jahre, oftmals inklusive eines Auslandssemesters in Deutschland.

Deutsche Kultur, chinesische Mentalität

Auch die Chinesen müssen sich an deutsche Kultur und Mentalität am CDHK gewöhnen. Was die Leistungsbereitschaft angeht, sagen die zwei chinesischen Studenten Cai Hayan und Wang Tingjun in perfektem Deutsch, liegen die Chinesen weit vorne. "Die meisten Deutschen wollen nicht am Wochenende arbeiten. Sie sind nicht so fleißig wie die Chinesen."

Die Unterrichtssprache am CDHK ist Deutsch. Die chinesischen Dozenten haben in der Regel selbst in Deutschland studiert oder promoviert. Ein ganzes Jahr verbringen die chinesischen Studenten nur mit dem Erlernen der deutschen Sprache, bevor es richtig mit dem Fachstudium losgeht. Das hat Tradition, denn die Tongji-Universität wurde 1907 vom deutschen Mediziner Erich Paulun als "Chinesisch deutsche Medizinschule" gegründet. Bis heute gibt es ein breites deutschsprachiges Studienangebot und viele Kooperationen mit Deutschland. Viele der chinesischen CDHK-Studenten wünschen sich, später bei einer deutschen Firma zu arbeiten.

Fehlende Praxiserfahrung

Sasa Saric ist allerdings skeptisch, was die Jobaussichten der CDHK-Abgänger betrifft. Ihnen fehle es an Praxiserfahrung für die Arbeit in einem internationalen Konzern, so seine Kritik am Studienplan. Die meisten müssten wohl erst noch ein paar Jahre in einem chinesischen Unternehmen arbeiten. Er selbst möchte gerne in China bleiben und das Land zum Schwerpunkt seiner Forschung machen.

Und auch das CDHK hat Zukunftspläne. Es soll zusammengeführt werden mit der CDHAW, der Chinesisch-Deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften – ebenfalls angesiedelt an der Tongji-Universität.


Autor: Markus Rimmele
Redaktion: Elena Singer / Gaby Reucher