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Großstadt vom Reißbrett

Matthias Günther13. Januar 2008

Das Leben in Deutschlands Städten scheint chinesischen Politikern zu gefallen: Sie gaben einem Professor aus Norddeutschland den Auftrag, in der Nähe von Schanghai eine komplett neue Stadt zu planen.

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Skyline von Schanghai (Archiv, Quelle: DPA)
In der Nähe von Schanghai entsteht die Stadt der ZukunftBild: picture alliance / dpa

Im Yangtze-Delta, eine Autostunde südlich von Schanghai, entsteht eine komplett neue Stadt. Sie heißt Yangshan. Peter Jochimsen ist fasziniert von den Dimensionen des Projektes. "Stellen Sie sich mal vor, wir reden davon, dass mal eben Frankfurt dahin gestellt wird."

Jochimsen ist Präsident und Professor des Baltic Sea International Campus in Eckernförde. Die private Weiterbildungshochschule hat, ebenso wie Jochimsen selbst, enge Beziehungen zu China. Dadurch bekam er die Chance, an dem Vorhaben mitzuwirken. "Die Gesellschaft, die dort die Entwicklung betreibt, ist eine staatliche Gesellschaft. Die hat mich beauftragt, als Bevollmächtigter für Deutschland dafür Sorge zu tragen, dass sich möglichst potente, moderne und der Technologie zugewandte Investoren dort ansiedeln."

Deutsche Unternehmen sind gefragt

Die Chinesen wollen mit Hilfe von Jochimsen Unternehmen vor allem aus Deutschland für eine Ansiedlung in Yangshan gewinnen. Das Ziel: möglichst von Anfang an einen modernen westlichen Standard zu erreichen. "Wie zum Beispiel eine hohe Qualität von Lebensmitteln, von Dienstleistungen aller Art - im Versicherungswesen, in allen Branchen, die in China jetzt gerade erst erwachsen: Wellness, Gesundheit, Freizeit, Altwerden in vernünftiger Umgebung." Außerdem soll Jochimsen Technologiepartner einwerben, die dort in einer bunten Mischung angesiedelt werden sollen. "Wenn die erste Million Einwohner dort lebt, gibt es gleichzeitig ein Arbeitsfeldangebot - nicht nur im Dienstleistungsbereich, sondern auch im produktiven Bereich."

Bei der Zusammenstellung des Angebots denkt Jochimsen nicht nur an die künftigen Einwohner von Yangshan, sondern auch an die Menschen in der gesamten dicht besiedelten Küstenregion. Schon heute kann man von Yangshan aus in einer Stunde Autofahrt zweihundert Millionen Menschen erreichen. In den nächsten zehn Jahren, so Jochimsen, wird sich die Region zwischen Hongkong und Schanghai - schon heute die weltweit dynamischste - auch zur kräftigsten Wirtschaftsregion der Welt entwickeln. "Das bedeutet für unsere Stadt, dass wir eine so dynamische Entwicklung haben, dass wir von einer gewaltigen Dimension der Ansiedlung und der Versorgungsnotwendigkeit reden."

Erste Konturen sind schon sichtbar

Noch gibt es in der neuen Stadt weder Arbeitsplätze noch Wohnungen. Aber die Konturen sind sichtbar. Straßen sind gebaut, Wasser- und Abwasserrohe sind ebenso verlegt wie Strom- und Telekommunikationskabel. Auch Kanäle und künstliche Seen haben die Chinesen für ihre neue Stadt angelegt. "Das Verrückteste ist: Was bereits fertig ist, das ist der 36 Loch-Golfplatz. Und da wird schon Golf gespielt."

Mehrere Häuser sind im Bau. Schon im April sollen die ersten Bewohner einziehen. 5000 Menschen in fünf Hochhäuser. Jochimsen ist derzeit ständig im Gespräch mit weiteren möglichen Investoren und kann ihnen Sonderkonditionen versprechen. "In der Schanghai-Region wird heute 500 Euro für einen Quadratmeter bezahlt. In unserer Stadt ist es anders. Meine Position erlaubt es mir, deutschen, aber auch westlichen Investoren, eine Förderungsmöglichkeit zu verschaffen."

In zehn Jahren eine Million Einwohner

Bisher sind die Chinesen all seinen Vorschlägen gefolgt, sagt Jochimsen. Er lobt die schnellen Entscheidungen der Behörden. Wie schnell sich die Stadt aber tatsächlich mit Leben füllen wird, kann er nur schätzen. "Ich mache das ja zum ersten Mal. Ich glaube, dass in fünf Jahren dort ungefähr 300.000 bis 500.000 Menschen leben und in zehn Jahren vermutlich schon eine Million." Und die Stadt kann noch weiter wachsen. Die Fläche umfasst jetzt 42 Quadratkilometer. Eine Erweiterung auf 100 Quadratkilometer ist schon geplant.