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"Chinesischen Investoren wird nicht vertraut"

Erning Zhu
31. Juli 2018

Nach der gescheiterten Übernahme von 50Hertz durch einen Staatskonzern beklagt sich Wei Duan, Geschäftsführer der Chinesischen Handelskammer in Deutschland, über mangelndes Vertrauen und protektionistische Maßnahmen.

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Mitarbeiter der 50Hertz Transmission GmbH in der Leitwarte in Brandenburg
Bild: Imago

Deutsche Welle: Die Chinesische Handelskammer in Deutschland (CHKD) hat sich besorgt geäußert, nachdem die Bundesregierung die Übernahme des deutschen Netzbetreibers 50Hertz durch einen chinesischen Investor gestoppt hat. Warum?

Wei Duan: Nach der weithin bekannten Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Investor Midea haben wir beobachtet, dass das Bundeswirtschaftsministerium bei einer Vielzahl von Übernahmen durch chinesische Investoren Stellungnahmen abgegeben hat. Im Dezember 2017 wurde die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geändert. (Durch die Novelle des AWV werden die Hürden für Übernahmen deutscher Firmen durch Nicht-EU-Investoren verschärft, Anm. d. Red.) Wir fragen uns, was das Bundeswirtschaftsministerium damit bezweckt. Sind ausländische Investoren in Deutschland wirklich willkommen? Falls ja, warum werden die Vorschriften verschärft? All das steht im Gegensatz zur werbewirksamen "Willkommenskultur", nach der ausländische Investoren in Deutschland angeblich gern gesehen werden.

Duan Wei - Geschaeftsfuehrer der Chinesischen Handelskammer in Deutschland e.V
Wei Duan, Geschäftsführer der CHKDBild: Privat

Haben Sie mit dem Wirtschaftsministerium über Ihre Sorgen gesprochen?

Die Antworten waren bisher nur diplomatische Floskeln. Die Bundesregierung begrüße weiterhin Investoren aus China. Aber in China gilt schon seit langem die alte Weisheit: Höre, was gesagt wird, aber sehe, wie gehandelt wird. Da sind unsere Sorgen und unsere Skepsis wohl berechtigt.

Deutschland will mit der verschärften Prüfung kritische Infrastruktur und Hightech schützen. Haben Sie dafür kein Verständnis?

Natürlich ist es berechtigt, dass jedes Land etwa seine Energiesicherheit garantieren will. Das gilt ja auch in China. Was wir nicht verstehen, ist, dass schon 20 Prozent Minderheitsbeteiligung durch einen chinesischen Investor, einen sogenannten "unionsfremden Vertragspartner", offensichtlich große sicherheitspolitische Sorgen ausgelöst hat. Belgische oder australische Investoren als Eigentümer sind dagegen ok. (50Hertz war bis zum Bekanntwerden des Widerspruchs zu 80 Prozent im Besitz der belgischen Unternehmensgruppe Elia. Die verbleibenden 20 Prozent gehörten bislang dem australischen Infrastrukturfonds IFM. Anm. d. Red.) Der Kern ist, dass chinesischen Investoren in Deutschland nicht vertraut wird. Das können wir bis zu einem gewissen Grad sogar nachvollziehen. Aber wir glauben, dass dieses übertriebene Misstrauen nicht notwendig und überflüssig ist.

Stromleitungen in Wolmirstedt
Stromleitungen in DeutschlandBild: picture-alliance/P.Gercke

Was glauben Sie, warum vertraut die Bundesregierung chinesischen Investoren nicht?

Fragen Sie doch das Bundeswirtschaftsministerium. Ich kann kein einziges Argument liefern.

Die CHKD sprach in einer Stellungnahme von Diskriminierung. Warum?

Der Widerspruch der Bundesregierung ist nicht fair. Zu den Eigentümern von 50Hertz gehören sowohl Firmen aus der EU als auch von außerhalb. Der chinesische Konzern SGCC hatte am Bieterverfahren teilgenommen. Dabei würden die Stimmrechtsanteile die 25-Prozent-Hürde nicht erreichen, bei der eine Prüfung nach der geltenden Außenwirtschaftsverordnung stattfinden muss. Aber das Bundeswirtschaftsministerium hat nun trotzdem mit einem Machtwort die Transaktion verhindert.

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Auch die Firma Leifeld darf nicht an chinesische Investoren verkauft werden

Ein weiteres deutsches Unternehmen Leifeld darf ebenfalls nicht an chinesische Investoren verkauft werden. In beiden Fällen wird von "sicherheitspolitischen Erwägungen" gesprochen.

Deutschland wirbt weltweit für Marktwirtschaft und Freihandel. Davon hat kein anderes Land so sehr profitiert wie Deutschland. Und ausgerechnet in diesem Land werden jetzt ausländische Investitionen verhindert. In den Augen der Investoren bestehen noch viele Ungewissheiten. In der "Willkommenskultur" verbergen sich viele Hürden und Schranken. Unsere Sorgen ist, dass Deutschland immer öfters zu protektionistischen Maßnahmen greifen wird.

Das Interview führt Erning Zhu.

Duan Wei ist Geschäftsführer der Chinesischen Handelskammer in Deutschland e.V. (CHKD). Die CHKD ist die erste bundesweit agierende Interessenvertretung chinesischer Unternehmen in Deutschland und die erste chinesische Außenhandelskammer in Europa. Zu den Mitgliedern zählen viele chinesische Staatsunternehmen mit ihren Niederlassungen in Deutschland. Schirmherr der CHKD ist der Botschafter der Volksrepublik China in Deutschland.