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Musik

Rückblick auf eine Rock-'n'-Roll-Legende

Conny Paul
19. März 2017

Mit seiner Musik legte Chuck Berry den Grundstein für die Beat- und Rock-Musik der 1960er Jahre, er war Vorbild für die Beatles, die Stones und andere Rock-Legenden. Ein Nachruf auf einen großartigen Musiker.

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Chuck Berry Konzert in Moskau (Foto: picture-alliance/dpa/P. Golovkin)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Golovkin

Chuck Berry gestorben

Es ist erst knapp ein halbes Jahr her, da feierte Chuck Berry seinen 90. Geburtstag. Zu diesem Anlass erinnerten wir im Oktober 2016 an seine lange und erfolgreiche Karriere.

Mit Kapitänsmütze und Glitzerhemd, eine seiner geliebten Gibson-Gitarren auf Hüfthöhe im Anschlag und im Duckwalk über die Bühne watschelnd - so kannte man Chuck Berry seit über 60 Jahren. Natürlich liebte man ihn nicht nur wegen seiner supercoolen Art, seine Musikshows zu zelebrieren. Seine coole, rockig-bluesige Stimme, seine abgefahrenen Gitarren-Licks und nicht zuletzt seine Begabung, revolutionäre Songs mit Chart-Potenzial zu schreiben, machten ihn schon in jungen Jahren zur Legende. Kurz vor seinem 90. Geburtstag am 18. Oktober 2016 hatte er ein neues Album angekündigt - sein erstes Album seit 38 Jahren. "Chuck" sollte es heißen und 2017 beim Label Dualtone Records erscheinen. 

Wie alles begann
Wer seine Hits kennt und schätzt - wie beispielsweise "Roll Over Beethoven", "Rock 'n' Roll Music" oder "Johnny B. Goode" - ahnt möglicherweise, dass Charles Edward Anderson Berry bereits Musik im Blut hatte, als er im US-amerikanischen St. Louis das Licht der Welt erblickte. Der Sohn einer Lehrerin und eines Arbeiters sammelte seine ersten musikalischen Erfahrungen schon früh in einem Kirchenchor der Baptisten-Gemeinde. Später kaufte er einem Musiker die Gitarre ab. Jetzt konnte es losgehen. Er brachte sich das Gitarrespielen selbst bei und nutzte jede Gelegenheit, irgendwo in St. Lous für eine Hand voll Dollar aufzutreten.

Chuck Berry 1957 (Foto: picture-alliance/E. Colle)
Chuck Berry 1957Bild: picture-alliance/E. Colle

Die Wegbereiter

Im Trio des Pianisten Johnnie Johnson spielte Chuck Berry fast 20 Jahre lang Rock 'n' Roll. Diese Zusammenarbeit brachte ihm die Basis für die Entwicklung seines eigenen Stils. Den Jazzsänger Nat King Cole und den 13 Jahre älteren Bluesmusiker Muddy Waters benannte er bis zuletzt als seine Vorbilder. Denkt man an den Hit "Roll Over Beethoven", gehört dazu vielleicht ja auch Ludwig van Beethoven. Muddy Waters vermittelte Chuck Berry Anfang der 1950er Jahre den Kontakt zum Plattenlabel "Chess".

Der Karrierestart
Die Zusammenarbeit mit der Plattenfirma in Chicago verhalf ihm 1955 zu seinem ersten Hit mit "Maybellene". Das war noch kein selbst geschriebener Song, sondern eine umgeschriebene Country-Nummer. Sein erster komplett eigener Charterfolg wurde 1956 "Roll Over Beethoven". Ein Jahr später folgte der heutige Evergreen "Rock and Roll Music". 1958 kamen "Sweet Little Sixteen" und "Johnny B. Goode". Im harten Musikgeschäft noch unerfahren, musste er zunächst erkennen, dass er immer wieder von Agenten und Verlegern finanziell über den Tisch gezogen wurde. Daraus lernte er und nahm später die Geschäfte selbst in die Hand.

Chuck Berry (Foto: picture-alliance/E. Colle)
Der Duckwalk- eine Erfindung, um von seinem zerknautschten Anzug abzulenkenBild: picture-alliance/E. Colle

Die Rocklegende
Keith Richards bezeichnet sich bis heute als "größter Fan" Chuck Berrys. Sein musikalischer Einfluss sei sehr prägend gewesen. So oder ähnlich sehen das viele Musiker. Die Rolling Stones und die Beatles coverten eine Reihe von Berry-Hits und landeten damit viele Chart-Platzierungen. Die Stones hatten damit riesige Erfolge. "Come On" war 1963 ihre Debüt-Single.

Chuck Berry rockt auf der Bühne mit Keith Richards & Neil Young (Foto: picture-alliance/AP Photo/F. Ziths)
Chuck 1986 mit Keith Richards und Neil YoungBild: picture-alliance/AP Photo/F. Ziths

Ihr Hit "Around And Around" war eigentlich der Track auf der B-Seite von Berrys "Johnny B. Goode". Die Jungs um Mick Jagger coverten ihn vor vier Jahren beeindruckend bei einem Konzert in London. Die Beatles ehrten den Rock-Pionier 1963 mit ihrem Cover von "Roll Over Beethoven". Viele andere Rockstars taten es ihnen gleich.

Der gesellschaftliche Aspekt
Was aber wäre der Erfinder des "Entengangs" ohne seine Millionen von Fans weltweit? Mit seiner aufrüttelnden Musik, aber auch mit seinen gesellschaftskritischen Songtexten sprach er das aus, was die schwarzen und die weißen Jugendlichen berührte. Außerdem stieß er einen kulturellen Generationswechsel an. Ein Beispiel: Mit "Roll Over Beethoven" provozierte Chuck Berry den etablierten Kulturbetrieb, weil er in einer Radio-Show, in Anlehnung an den Titel, Beethoven als überholt und den Rock 'n' Roll als die Musik der Gegenwart bezeichnete. Damit sprach er das aus, was damals der überwiegenden Teil der Jugend dachte.

Chuck Berry tritt in Moskau auf (Foto: picture-alliance/dpa/V. Sharifulin)
Seine Moskauer Fans freuen sich 2013 auf die LegendeBild: picture-alliance/dpa/V. Sharifulin

Ein anderer Hit war 1958 "Sweet Little Sixteen". Chuck Berry schildert hier die Geschichte eines jungen Mädchens, das ihren Vater darum anbettelt, ein Rock-Konzert besuchen zu dürfen. Berry beschreibt, dass die Kleine aufgestylt mit engen Klamotten, dick aufgemalten Lippenstift und High Heels beim Konzert war. Am nächsten Tag war sie dann wieder das süße 16-jährige Mädchen im Klassenzimmer. Und 1957 besang er in "Little Queenie" die verbotene Liebe zu einem 17-jährigen Mädchen. Das war einigen im Establishment offensichtlich zu viel.

Der Tiefpunkt
Anfang der 60er Jahre landete er im Gefängnis. Verurteilt wurde er wegen "Förderung der Prostitution von Minderjährigen". Er hatte damals ein 14-jähriges Mädchen in seinem Club beschäftigt und sie verbotenerweise über US-Bundesstaatsgrenzen gebracht. 1964 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. Diesen "dunklen Fleck in Berrys Vergangenheit" nannten vor zwei Jahren die schwedische Königin Silvia und Prinzessin Madeleine als Grund, warum sie der ambivalenten Legende einen Preis nicht überreichen wollten. Die Königin setze sich seit Jahren für sexuell misshandelte Kinder ein, so die Begründung.

Chuck Berry 1970 in Stockholm (Foto: picture-alliance/Globe-ZUMA)
1970 in Stockholm wieder oben auf - seine Verfehlungen allerdings bleiben in Schweden in ErinnerungBild: picture-alliance/Globe-ZUMA

Die Auszeichnungen
Chuck Berry wurde in den 1980er Jahren mit vielen Preisen geehrt. Er bekam unter anderem einen Grammy für sein Lebenswerk und wurde in die "Rock 'n' Roll Hall of Fame" aufgenommen. Klar, dass er einen Stern auf dem "Hollywood Walk of Fame" sein eigen nennen kann. 2008 erhielt er in Deutschland die "Goldene Kamera" für sein Lebenswerk und 2012 den "Rock 'n' Roll Hall of Fame American Music Masters Award". Natürlich wurde er auch zusammen mit anderen Musikergrößen von US-Präsident Bill Clinton im Weißen Haus begrüßt und geehrt.

Chuck Berry mit US-Präsident Bill Clinton (Foto: Getty Images/AFP/C. Kleponis)
Chuck 2000 beim PräsidentenBild: Getty Images/AFP/C. Kleponis

Jetzt und Morgen

Nach unzähligen Konzerten auf den großen Bühnen der Welt, hatte sich Chuck Berry in den letzten Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. 2014 - im hohen Alter von 88 - trat er noch einmal in seinem liebsten Laden, dem Musikclub "Blueberry Hill" in St. Louis auf. Er ließ vor allem seine Gitarre rocken. Das klang so genial und dreckig wie eh und je. Mit seiner Stimme hielt er sich zurück. Sie war nicht mehr so, wie man sie in Erinnerung behalten möchte.











Was wird übrig bleiben von Chuck Berry? Einige Anekdoten werden es sein und natürlich seine Songs. Vielleicht wird sein autobiografischer Hit "Johnny B. Goode" am längsten überdauern. Der wurde nämlich 1977 mit einer NASA-Sonde ins All geschossen und könnte somit sogar entfernte Galaxien rocken. Go-go-go, Chuck!