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Clintons Rückzug und Vorstoß

5. Juni 2008

Einen Rückzug auf Raten hat Hillary Rodham Clinton im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten eingeläutet. Sie liebäugelt nun offensichtlich mit einer Kandidatur als Vizepräsidentin.

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EPA/JUSTIN LANE +++(c) dpa - Bildfunk+++
Sie wollte die erste Präsidentin der USA werdenBild: picture-alliance/ dpa
Clinton-Schild wird abgenommen (AP Photo/Douglas C. Pizac)
Aufräumarbeiten: Die Clinton-Kampagne ist am EndeBild: AP

Clinton wolle sich am Samstag (06.06.2008) offiziell zugunsten ihres Konkurrenten Barack Obama aus dem Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten zurückziehen. Das gab ihr Wahlkampfteam am Mittwoch in einer Mitteilung an die Medien bekannt. Die New Yorker Senatorin werde bei einer Veranstaltung in Washington ihren Anhängern danken und ihre Unterstützung für Obama und die Einheit der Partei zum Ausdruck bringen. Clinton hatte ein Eingeständnis ihrer Niederlage zunächst abgelehnt, obwohl Obama die nötige Zahl an Delegiertenstimmen hinter sich gebracht hatte.

Nachdem US-Medien über einen möglichen Rückzug der früheren First Lady bereits am Freitag berichtet hatten, kündigte Clintons Wahlkampfteam die Veranstaltung für Samstag an. Damit solle mehr Anhängern die Anreise ermöglicht werden. Nach Informationen des Fernsehsenders ABC sagte Clinton ihren Mitarbeitern am Mittwoch bei einem Besuch in ihrer Wahlkampfzentrale im Washingtoner Vorort Arlington, dass sie ihre Dienste nach Freitag nicht mehr benötige. Die Wahlkämpfer hätten sehr emotional auf die Bestätigung reagiert, dass ihre 16-monatige Arbeit nicht von Erfolg gekrönt war. Einige seien in Tränen ausgebrochen, berichtete ABC.

Betroffenheit bei Clintons Unterstützern (AP Photo/Elise Amendola)
Betroffenheit bei Clintons UnterstützernBild: AP

Obama auf Suche nach Vizekandidat

Obama hatte sich am Dienstagabend nach den letzten Vorwahlen der Demokraten in den Bundesstaaten Montana und South Dakota zum Sieger des Wettstreits mit Clinton erklärt. Er erreichte die Zahl von 2118 Delegierten, die zur Nominierung auf dem Parteitag Ende August nötig sind.

Mit dem 46-jährigen Senator wird sich im November erstmals ein Politiker afrikanischer Abstammung als Spitzenkandidat der US-Demokraten um die Präsidentschaft bewerben.

Obama hebt Arm (AP Photo/Chris Carlson)
Obama hat bereits das nächste Ziel im BlickBild: AP

Obama bestimmte am Mittwoch ein dreiköpfiges Team, dass für ihn einen geeigneten Vizekandidaten suchen soll. Zu dem Team gehören die Tochter des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy, Caroline Kennedy, und der frühere stellvertretende Justizminister Eric Holder. Dritter Beauftragter ist Jim Johnson, der bereits für den 2004 unterlegenen demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry in dieser Funktion tätig war. Obamas Sprecher Bill Burton erklärte, der Senator werde mit den drei Beratern in den kommenden Wochen eng zusammenarbeiten. Die letzte Entscheidung werde aber bei Obama selbst liegen.

Clintons Ambitionen

Unterdessen rissen Spekulationen über eine mögliche gemeinsame Kandidatur von Obama und Clinton nicht ab. Obama sagte vor Journalisten, er habe am Mittwochmorgen ein Gespräch mit der New Yorker Senatorin geführt, das allerdings "nicht detailliert" gewesen sei.

Clintons Wahlkampfmanager Terry McAuliffe hatte am Mittwoch im Sender MSNBC gesagt, ein "Ticket" Obama/Clinton wäre im Wahlkampf "nicht aufzuhalten". Der frühere US-Präsident Jimmy Carter nannte ein solches Team in einem Interview mit dem britischen "Guardian" dagegen den "schlimmsten Fehler, der gemacht werden kann". Eine derartige Konstellation würde lediglich die negativen Seiten beider Politiker aufaddieren.

Clinton lobte ihren Rivalen auf einem Kongress der proisraelischen Lobbygruppe AIPAC in Washington ungewöhnlich deutlich: "Senator Obama wird ein guter Freund Israels sein", sagte sie. Obama wird nachgesagt, er könne bei der jüdischen Wählerschaft kaum Stimmen gewinnen.

Reaktionen aus Deutschland

Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt, sieht im Sieg Barack Obamas bei den Vorwahlen der Demokraten eine Zäsur in der amerikanischen Geschichte. Die Tatsache, dass es bei den Demokraten zuletzt darum ging, ob eine Frau oder ein schwarzer Politiker ins Rennen ums Weiße Haus geht, sei "in doppelter Hinsicht ein Zeichen für die Veränderung der politischen Kultur in den USA", sagte Voigt den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Donnerstag).

Obama müsse sich nun bemühen, die Wähler für sich zu gewinnen, die während des Vorwahlkampfes Hillary Clinton unterstützten. "Nur dann wird er sich gegen seinen republikanischen Konkurrenten McCain durchsetzen können."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte der "Berliner Zeitung", sowohl Obama als auch McCain seien Kandidaten, "bei denen wir uns auf eine Intensivierung des transatlantischen Verhältnisses freuen dürfen". Die USA würden künftig mehr als bisher mit Europa zusammenarbeiten. "Das ist eine Chance für uns." In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zeigte sich Polenz von Obama "durchaus beeindruckt", da es ihm, "der als klarer Außenseiter in das Präsidentschaftsrennen gegangen ist", gelungen sei, "sich letztlich durchzusetzen - obwohl er eine Menge Handicaps vor sich hatte". (mas)