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CONTRA: Siemens stellt Umsatz vor Umwelt

DW Volontärsjahrgang 2016-2018 Malte Rohwer Kahlmann
Malte Rohwer-Kahlmann
14. Januar 2020

Australien steht in Flammen - und Siemens hilft, dort eine umstrittene Kohlemine zu bauen, die den Klimawandel weiter befeuert. Völlig klar, dass Umweltaktivisten die Krise kriegen, meint Malte Rohwer-Kahlmann.

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München Fridays for Future Protest gegen Siemens-Adani Projekt
Protest vor der Siemens-Konzernzentrale in MünchenBild: picture-alliance/Zuma/S. Babbar

Siemens hat sich entschieden. Für die Mithilfe am Bau eines riesigen Kohlebergwerks, der Carmichael-Mine, im australischen Queensland. Und damit gegen einen Platz auf der Adani-Liste, die bereits 60 Unternehmen aufführt - darunter auch die Deutsche Bank und die Commerzbank - die mit der Mine ausdrücklich nichts zu tun haben wollen.

Denn das Projekt ist umstritten, vor allem, weil es das Klima weiter aufheizt. Bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle soll die Mine jährlich zu Tage fördern - und das in einer Zeit, in der sich die allermeisten einig sind, dass fossile Brennstoffe schnellstmöglich von diesem Planeten verschwinden müssen.

Dieser Auftrag ist nicht existenziell für den Konzern

Siemens hat sich also auch gegen den Umweltschutz und für das Geschäft entschieden. Dabei geht es bei dem Auftrag um weniger als 20 Millionen Euro. Mit einem Jahresumsatz von fast 90 Milliarden Euro könnte Siemens sicherlich darauf verzichten. Klar, der Vertrag wurde bereits im vergangenen Jahr unterschrieben. Und ja, würde man jetzt zurücktreten, könnten potenzielle Kunden dem Konzern das als Unzuverlässigkeit auslegen und ihre Aufträge in Zukunft anderweitig vergeben. Aber ein Signal in Sachen Klimaschutz von einem so großen Konzern wäre viel Wert gewesen.

Malte Rohwer-Kahlmann, DW-Wirtschaftsredaktion
Malte Rohwer-Kahlmann, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW/P. Böll

Statt mit schwindenden Aufträgen hat Siemens dafür jetzt mit der Wut der Klimaaktivisten zu kämpfen. So nennt der Kopf der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung Luisa Neubauer, die am Freitag noch mit Siemens über die Mine gesprochen hatte, die Entscheidung "aus dem Jahrhundert gefallen" - und hat damit Recht.

Umso enttäuschender ist, dass sie von einem vergleichsweise progressiven Konzernchef wie Joe Kaeser gefällt wurde, der Siemens - und auch sich selbst - gerne als Vorreiter in Sachen Klimaschutz darstellt. Worte sind eben das eine, Taten das andere, das kennen die Klimaaktivsten ja schon.

Das wird deutlich, wenn man die Pariser Klimaziele nimmt, die bei ihrer Verabschiedung 2015 als große Trendwende in Sachen Klimaschutz gefeiert wurden. Trotz aller Bemühungen, die seitdem auf den Weg gebracht wurden, pumpt die Menschheit noch mehr CO2 in die Atmosphäre als je zuvor.

Klimapolitik muss schlagkräftiger werden

Das liegt auch daran, dass Regierungen aus Angst um die eigene Wirtschaftsleistung große Konzerne nicht hart genug anpacken. Sie geben Unternehmen nur wenige schlagkräftige Gründe, wirklich (und nicht nur aus Imagegründen) an das Klima zu denken. Unterm Strich steht der Umsatz noch immer vor der Umwelt.

"Natürlich, so funktioniert Wirtschaft eben", könnte man jetzt sagen. Sollte sie aber nicht, finde ich. Und so sehen das auch die Klimaaktivisten, die derzeit letzten Endes den Job machen, den die Politik bislang verschläft: Sie schaffen einen Mechanismus, der Unternehmen bei klimaschädlichem Verhalten zur Verantwortung zieht.

Angesichts des PR-Debakels, das Siemens gerade erlebt, würde es mich zumindest sehr wundern, wenn die Umwelt bei zukünftigen Entscheidungen nicht eine größere Rolle spielen würde.

Sie sind anderer Ansicht? Dann lesen Sie auch den PRO-Kommentar zu diesem Thema von Henrik Böhme.