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Corona-Aktuell: Tech-Konzerne als Gewinner

30. Oktober 2020

Apple, Amazon oder Google hat die Pandemie nicht geschadet - im Gegenteil. Wirtschaft und Kultur in Deutschland zeichnen ein anderes Bild. Frankreich hat einen neuen Lockdown und Berlin nennt neue Risikogebiete.

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Symbolbild Big Tech Google Amazon Facebook Apple
Bild: Hans Lucas/Imago Images

Amazon, Apple, Google und Facebook profitieren vom veränderten Verhalten der Nutzer und Werbekunden in der Corona-Pandemie. 38 Milliarden Dollar (32,5 Milliarden Euro) haben die vier Tech-Riesen im vergangenen Quartal zusammen verdient. Amazon steigerte den Quartalsumsatz im Jahresvergleich um 37 Prozent auf 96,1 Milliarden Dollar (82,3 Milliarden Euro). "Wir sehen mehr Kunden als jemals zuvor, die im Internet einkaufen", erklärte Amazon-Chef Jeff Bezos. Facebook profitiert in seinem Werbegeschäft davon, dass mehr kleine Firmen ins Netz gehen, um Einbrüche durch die Krise aufzufangen. Bei Google brummt unter anderem das Geschäft der Videoplattform YouTube, während Menschen mehr zuhause sind. Und bei Apple wächst in Zeiten der Arbeit im Homeoffice und Online-Lernen das Geschäft mit Mac-Computern und iPads.

Deutsche Wirtschaft erst 2023 auf Vorkrisenniveau?

Die deutsche Wirtschaft könnte durch die Verschärfung der Corona-Krise nach Einschätzung von Forschern des Unternehmens Prognos über Jahre zurückfallen. "Das aktuelle Pandemie-Geschehen gibt großen Anlass zur Sorge, dass die akuten, aber auch dauerhaften wirtschaftlichen Folgen deutlich gravierender ausfallen als in den vergangenen Monaten erwartet", heißt es in einem Krisenszenario des Berliner Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmens. "In Summe fehlen uns dann drei bis vier Jahre Wachstum", stellte Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer fest. Je zügiger es gelinge, die steigenden Infektionszahlen einzudämmen, desto geringer werde der wirtschaftliche Schaden ausfallen.

Deutschland Corona-Krise - offengelegte Dampfturbine im Siemens-Werk
Corona trifft das Exportgeschäft der deutschen Maschinenbauer hart - hier eine Dampfturbine im Siemens-Werk in Nürnberg Bild: Daniel Karmann/dpa/picture-alliance

Für 2020 ergäbe sich nach diesem Szenario ein Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 8,1 Prozent. Die Erholung im Jahr 2021 dürfte mit 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum schwächer ausfallen als bislang erhofft. Das Vorkrisenniveau werde erst im Verlauf des Jahres 2023 erreicht, schätzen die Ökonomen.

Neuer Infektionshöchststand in Deutschland

Aktuell breitet sich das Coronavirus in Deutschland weiter in rasantem Tempo aus. Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtete an diesem Freitag erstmals von mehr als 18.000 Neuinfektionen an einem Tag. Die Gesundheitsämter meldeten laut RKI 18.681 nachgewiesene Ansteckungsfälle. Die Zahl der Menschen, die mit oder an SARS-CoV2 starben, stieg um 77 auf 10.349. Insgesamt ist die Zahl der in Deutschland registrierten Infektionen seit dem Beginn der Pandemie auf fast eine halbe Million gestiegen. Es wird deutlich mehr auf das Virus getestet als im Frühjahr.

Deutschland | Coronavirus | Intensivstationen
Corona-Intensivstation eines Krankenhauses in Dresden Bild: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

Im Kampf gegen die Infektionswelle wird von Montag an das öffentliche Leben in der Bundesrepublik drastisch eingeschränkt. Allerdings mehren sich wenige Tage vor Beginn des Teil-Lockdowns die Zweifel, ob die von Bund und Ländern verfügten neuen Einschränkungen juristisch haltbar sind.

Klagewelle erwartet

Der Bundestagsvizepräsident und Jurist Wolfgang Kubicki von der liberalen FDP fragt etwa, weshalb Nagelstudios schließen müssten, nicht aber Friseure? Der Staatsrechtler Ulrich Battis erwartet eine erfolgreiche Klagewelle. "Ich gehe fest davon aus, dass es eine hohe Anzahl an Klagen geben wird und dass auch viele wie bisher in einstweiligen Rechtsschutzverfahren damit durchkommen werden, siehe die gekippten Beherbergungsverbote und Sperrstunden", sagte Battis der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Deutschland | Coronavirus: Maskenpflicht in Frankfurt
In Frankfurt am Main werden die Bürger an das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erinnert Bild: Ralph Orlowski/REUTERS

Von Montag an sollen die Kontakte auf zehn Personen aus maximal zwei Haushalten begrenzt werden. Gastronomiebetriebe sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben den gesamten November geschlossen. Hotels wird die Aufnahme von Touristen verboten. Schulen und Kitas sollen aber offen bleiben.

"Kultur ist das notwendige Korrektiv in einer Demokratie"

Kulturstaatsministerin Monika Grütters befürchtet schwere Folgen für die Kulturszene. "Bei allem Verständnis für die notwendigen neuen Regelungen: Für die Kultur sind die erneuten Schließungen eine echte Katastrophe", sagte die CDU-Politikerin. Kultur sei keine Delikatesse für Feinschmecker, sondern Brot für alle, wies Grütters darauf hin. "Und sie ist das notwendige Korrektiv in einer lebendigen Demokratie. Gerade das macht sie natürlich systemrelevant."

Neue Risikogebiete: auch Zypern und Kroatien jetzt darunter 

Die Bundesregierung hat Österreich bis auf zwei kleine Exklaven und fast ganz Italien wegen dramatisch steigender Infektionszahlen von diesem Sonntag an zu Corona-Risikogebieten erklärt. Mit Kroatien, Slowenien, Ungarn, Bulgarien und Zypern werden zudem fünf EU-Länder komplett auf die Risikoliste gesetzt, wie das RKI bekannt gab.

Lockdown in Frankreich

In Frankreich gelten im Kampf gegen die Seuche von diesem Freitag an weitreichende Ausgangsbeschränkungen. Die neuen Maßnahmen sind zunächst bis zum 1. Dezember befristet. Bürger dürfen sich nicht mehr ohne Weiteres frei bewegen. Sie können zwar auf die Straße gehen, wenn sie arbeiten, wichtige Einkäufe erledigen, einen Arzt aufsuchen oder frische Luft schnappen wollen - müssen dafür aber eine Bescheinigung ausfüllen. Sport ist eine Stunde pro Tag in einem Umkreis von einem Kilometer vom Wohnort erlaubt.

Frankreich Corona Maßnahmen ARCHIV
Nur mit einer entsprechenden Bescheinigung dürfen sich die Franzosen draußen aufhalten Bild: Eco Clement/UPI Photo/Imago Images

Anders als im Frühjahr bleiben die Schulen geöffnet. Bars, Restaurants und "nicht unentbehrliche Geschäfte" müssen jedoch schließen. Generell soll die Wirtschaft allerdings soweit wie möglich weiterlaufen. Reisen in andere Regionen des Landes sind nicht ohne Weiteres möglich.

Coronavirus | Frankreich Marseille Intensivstation
In Frankreich stößt das Gesundheitssystem in manchen Regionen an die Grenze der Belastung - hier ein COVID-19-Patient in einem Krankenhaus in Marseille Bild: Reuters/E. Gaillard

Frankreich mit seinen 67 Millionen Einwohnern ist von der zweiten Welle der Pandemie wieder sehr stark betroffen. Zuletzt gab es nach Behördenangaben mehr als 47.600 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Mehr als 36.000 Menschen starben in dem Land an oder mit dem Virus.

Warnung vor komplettem Lockdown 

Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO warnt im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor vorschnellen vollständigen Lockdowns. Zwar wisse man, dass strikte Beschränkungen wie Anfang des Jahres die Übertragung von Krankheitserregern einschränkten und dem Gesundheitssystem den dringend benötigten Raum zur Erholung gäben, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge. "Wir wissen aber auch, dass komplette Lockdowns die Nachfrage nach psychischer Gesundheitsfürsorge steigern und zu einem Anstieg der häuslichen Gewalt führen werden."

Darüber hinaus hätten die indirekten Auswirkungen eines Lockdowns negative Folgen für die Wirtschaft, Menschen würden in finanzielle Notlagen geraten. Modelle des Instituts IHME der Universität Washington deuteten darauf hin, dass allein das Tragen von Masken Leben retten könnte, sagte Kluge. Des Weiteren könnten Home Office und die Beschränkung großer Versammlungen einen erheblichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie und dem Erhalt der Lebensgrundlagen leisten.

Mehr als 90.000 Neuinfektionen in den USA

Die USA verzeichnen wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl weiter einen Rekordwert nach dem anderen an Neuinfektionen. Laut Johns-Hopkins-Universität wurden binnen 24 Stunden 91.295 neue Ansteckungsfälle erfasst.

USA Corona-Pandemie | Ausbruch in Utah
Mitarbeiter einer Corona-Teststation in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah Bild: Rick Bowmer/AP Photo/picture-alliance

Zu den aktuell am härtesten von der Seuche betroffenen US-Bundesstaaten gehören das im Präsidentschaftswahlkampf heiß umkämpfte Ohio sowie Michigan, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin. 

Insgesamt haben sich damit seit Pandemiebeginn mehr als 8,9 Millionen Menschen in den USA mit dem Coronavirus infiziert. Die Zahl der mit oder an COVID-19 Gestorbenen stieg um 1021 auf insgesamt mehr als 228.600. 

se/pg (dpa, rtr, afp, ap)