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Politik

Gefälschte Corona-Impfstoffe in Mexiko und Polen

Friedel Taube
24. April 2021

Dass die globale Impfkampagne Betrüger auf den Plan rufen könnte, wurde schon länger befürchtet - jetzt ist genau das passiert. Stoffe aus Mexiko und Polen wurden vom Hersteller Pfizer erstmals als Fälschung entlarvt.

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Mexiko Corona-Pandemie Pfizer BioNTech verimpfung
Das Original: Ein leerer Behälter des Pfizer BioNTech Impfstoffes gegen Corona Bild: Barron Luis/Eyepix/ABACA/picture alliance

Es ist eine Horrorvorstellung. Im Vertrauen darauf, endlich den ersehnten Impfstoff gegen das weltweit grassierende Coronavirus zu bekommen, zahlt man viel Geld und bekommt - gar nichts. Ein wirkungsloses Medikament, eine Fälschung.

Die weltweite Impf-Kampagne, unter anderem mit dem deutsch-amerikanischen Impfstoff der Unternehmen Biontech und Pfizer, hat an Fahrt aufgenommen. Und sie ruft offenbar Betrüger auf den Plan, die von der großen Nachfrage nach den kleinen Ampullen profitieren wollen. In zwei Fällen hat jetzt der Hersteller Pfizer selbst Fälschungen untersucht und den Betrugsverdacht bestätigt. Es handelt sich um Stoffe aus Mexiko und Polen.

Pfizer nicht überrascht von Fälschungen

In Mexiko waren Dosen mit einem gefälschten Etikett aufgetaucht und offenbar, wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, in einer Klinik bereits an 80 Patienten und Patientinnen verimpft worden. Zu Schaden kam durch den wirkungslosen Stoff niemand.

Aufgefallen waren die Ampullen, weil sie in ungewöhnlich bunten Kühlern untergebracht waren, und andere Laufnummern hatten als die, die offiziell dem Staat verkauft worden waren. Außerdem trugen sie ein anderes Ablaufdatum.

Mexiko Corona-Pandemie Pfizer BioNTech Verimpfung
Impfung in Mexiko - hier mit dem echten Biontech-Pfizer-ImpfstoffBild: Barron Luis/Eyepix/ABACA/picture alliance

In den Laboren des US-amerikanischen Herstellers des Originals, Pfizer, konnte der Stoff klar als Fälschung identifiziert werden.Für Lev Kubiak, bei Pfizer zuständig für globale Sicherheit, keine Überraschung.

"Praktisch jeder auf diesem Planeten braucht es. Manch einer sucht verzweifelt danach. Noch ist die Nachfrage deutlich höher als die Versorgung mit dem Stoff", so Kubiak gegenüber dem WSJ, "schon bald werden wir zwar viel mehr Impfstoff liefern können. Bis dahin entsteht aber eine Versorgungslücke, die Kriminelle für sich nutzen".

Polen: Anti-Falten-Mittel als Vakzin getarnt

Die EU-Kommission ist Großabnehmer bei Biontech und Pfizer, 250 Millionen Dosen liefern die Unternehmen allein im zweiten Quartal 2021. Bis 2023 will die EU 1,8 Milliarden Dosen des in der deutschen Stadt Mainz entwickelten Stoffs kaufen.

Trotzdem ist es offenbar auch in der EU zu mindestens einem Fälschungsfall gekommen, und zwar in Polen. Schon Ende Januar sei im Zusammenhang mit gefälschtem Impfstoff ein 26-Jähriger im oberschlesischen Katowice festgenommen geworden, berichtet der polnische TV-Sender Polsat. Er habe im Darknet sowohl gefälschte Zertifikate über negative PCR-Tests als auch Ampullen mit dem angeblichen Biontech-Pfizer-Impfstoff zum Kauf angeboten.

Einem Investigativ-Team von Polsat sei es laut Angaben des Senders gelungen, einige Dosen des angeblichen Biontech-Pfizer-Stoffs zu kaufen. Die Staatsanwaltschaft Katowice habe diese zur Analyse dem Hersteller vorgelegt. Pfizer entlarvte die Fälschung. Hauptbestandteil der Flüssigkeit war statt des Vakzins ein Anti-Falten-Mittel. Verabreicht wurde der Stoff in Polen niemandem. 

Belgien Ursula von der Leyen bei Pfizer in Puurs
Offenbar zufriedene Kundin: EU-Kommissionschefin von der Leyen im Pfizer-Werk Puurs/Belgien (23.04.2021)Bild: John Thys/AFP

Adam Niedzielski, parteiloser Gesundheitsminister in der nationalkonservativen Regierung von Premier Mateusz Morawiecki (PiS), liest aus der Tat aber keinen Trend ab, der die Impfkampagne des Landes ernsthaft gefährden könnte. Auf Nachfrage bei einer Pressekonferenz sagte Niedzielski: "Das Risiko, dass eine gefälschte Dosis in den offiziellen Umlauf gerät, existiert praktisch nicht. Sowohl der Ankauf als auch die Verteilung des Stoffs erfolgen durch den Staat, und alle zertifizierten Produkte werden direkt an die Impfpunkte geliefert."

Die Befürchtung des Gesundheitsministers ist offenbar, dass Nachrichten von gefälschten Impfstoffen sich fatal auswirken könnten: Die polnische Regierung kämpft schon seit Monaten intensiv dafür, bei der Bevölkerung Vertrauen in die Impfstoffe zu schaffen. Auf der Regierungs-Website www.gov.pl werden geläufige Fake News, die im Zusammenhang mit der Covid-Impfung immer wieder verbreitet werden, durch Fakten entkräftet.

Grundsätzlich läuft die offizielle Impf-Kampagne in dem 38-Millionen-Einwohner-Land gut: Bislang wurden in Polen mehr als 10 Millionen Dosen verimpft, mehr als zwei Millionen Bürger haben bereits den kompletten Schutz.

Unter dem Hastag #szczepimySie (deutsch": "Wir lassen uns impfen") wirbt die Regierung in den Sozialen Medien dafür, dass möglichst viele Polinnen und Polen vom Impfangebot Gebrauch machen. An diesem Samstag (24.04.) bekam Premierminister Morawiecki seine erste Dosis und feierte dies mit einem Selfie, das ihn mit seiner Ehefrau Iwona im "Nationalkrankenhaus" zeigt - dem temporär zum Impfzentrum umgebauten Nationalstadion in Warschau.   

WHO warnt vor Fälschungen

Der Weltgesundheitsorganisation WHO ist das Problem, dass Fälschungen auftauchen, bewusst. Ende März bereits warnte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus vor Impfdosen, die außerhalb der regulären Versorgungsketten ins System eingeschleust wurden. Mehrere Gesundheitsämter hätten der WHO solche Versuche gemeldet. "Kriminelle Gruppen" würden außerdem leere Impfampullen abfischen und für Betrugszwecke nutzen.

"Gefälschte Covid-19-Impfstoffe stellen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar und belasten vulnerable Gruppen sowie Gesundheitssysteme zusätzlich. Es ist wichtig, sie zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen", so die WHO in einem Statement.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnt die Bevölkerung davor, Impfstoff irgendwo anders her zu beziehen als über staatliche Impfprogramme und Verdachtsfälle sofort an nationale Gesundheitssysteme zu melden, damit so auch die WHO davon erfahren kann.