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Meine zweite Dosis "Sputnik V"

Sergey Satanovskiy
24. Dezember 2020

DW-Korrespondent Sergey Satanovskiy nimmt an den Tests für den russischen Impfstoff "Sputnik V" teil. Ob er den Impfstoff oder ein Placebo bekommt, weiß er nicht. Dies ist sein zweiter Erfahrungsbericht aus erster Hand.

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DW-Korrespondent Sergey Satanovskiy bekommt die zweite Dosis des "Sputnik V" Impfstoffs
Russland Sankt Petersburg | Coronavirus | Impfung Sergey Satanovsky, DW
DW-Korrespondent Sergey Satanovskiy bekommt die zweite Dosis des "Sputnik V" ImpfstoffsBild: Sergey Satanovsky/DW

Anfang Dezember hat sich DW-Korrespondent Sergey Satanovskiy gemeldet, um als Testperson für den des Impfstoff "Sputnik V" vom Moskauer Gamaleja-Institut für Epidemiologie bereitzustehen. Damals erhielt er die erste Dosis und berichtete davon für die DW. Nun hat er die zweite Spritze bekommen. Auch diesmal beschreibt er seine Erfahrungen.

21 Tage nach der ersten Impfung hat man mir nun die zweite Dosis von "Sputnik V" verabreicht. Kurz darauf hat Russland Massenimpfungen angekündigt  und mittlerweile auch mehrere westliche Länder. Seit dem 21. Dezember können sich in Russland auch Medienschaffende zur Impfung anmelden. Viele meiner Kollegen haben von der Moskauer Stadtverwaltung eine SMS erhalten mit dem Hinweis, eine Impfung sei "gegen Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers" möglich.

Wann werden Menschen über 60 geimpft?

Menschen über 60 dürfen allerdings noch nicht zur Impfung. Darauf verwies am 17. Dezember während seiner großen Jahrespressekonferenz der russische Präsident Wladimir Putin. "Die Impfstoffe, die jetzt in den zivilen Verkehr kommen, sind für Bürger in einer bestimmten Altersgruppe vorgesehen. Und für solche wie mich, sind die Impfstoffe noch nicht bestimmt", sagte der 68-jährige Staatschef.

Packungen mit russischem Vakzin gegen COVID-19 | Russland Coronavirus Impfstoff
Wie üblich bei klinischen Tests erhält eine Probandengruppe den Wirkstoff und die Vergleichsgruppe ein PlaceboBild: picture alliance/dpa/Ministry of Health of the Russian Federation

Doch wie mir Mediziner sagten, nehmen Menschen über 60 durchaus aktiv an den Tests mit dem russischen Impfstoff teil. Ich fragte Alexander Mjasnikow, Chefarzt des Moskauer Schadkewitsch-Krankenhauses, wo ich geimpft wurde, warum die bereits laufende Massenimpfung parallel zu den noch nicht abgeschlossenen Tests des Vakzins stattfindet.

Eine klare Antwort bekam ich von Mjasnikow nicht. Er sagte lediglich, dass ältere Menschen, Schwangere und Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes erst nach Abschluss der dritten Testphase geimpft würden. An der würden aber durchaus Freiwillige aus diesen Personengruppen teilnehmen. Der 67-jährige Mjasnikow ließ sich bereits im September impfen und zählt somit selbst zu den Testteilnehmern dieser Gruppe.

Während der ganzen Zeit nach der ersten Dosis habe ich, wie vom Krankenhaus verlangt, sorgfältig ein Tagebuch in der App "Check Covid-19" geführt. Doch ob dies auch von irgendjemandem überwacht wurde, konnte ich nicht feststellen. Keiner der Ärzte erkundigte sich telefonisch nach meinem Befinden, obwohl in der Vereinbarung zur Teilnahme an dem Test ausdrücklich betont wird, dass Kontrollen möglich sind.

Ohne sichtbare Nebenwirkungen

Mein Termin im Schadkewitsch-Krankenhaus für die zweite Dosis im Testverfahren des Impfstoffs "Sputnik V" verlief nicht anders als der erste vor drei Wochen. Damals traf ich nach der Behandlung in der Klinik auf fünf Frauen, die alle in einem Kinderheim beschäftigt sind. Sie schrieben per Hand eine Erklärung, mit der sie ablehnten, an den Tests teilzunehmen. Ich sprach Chefarzt Mjasnikow darauf an. Er sagte, derzeit gebe es viele solcher "Verweigerer". Dies seien Personen, die sich zwar zur Teilnahme an dem "Sputnik V"-Test angemeldet hätten, dann aber feststellten, dass sie auch einer Placebo-Gruppe hätten zugeordnet werden können. Sprich, dass man ihnen anstelle des Impfstoffs ein wirkungsloses Serum hätten spritzen können.

Auch ich weiß nicht, zu welcher Gruppe ich gehöre. Während der Anmeldung zur zweiten Dosis vergab der Computer an mich eine spezielle Nummer, der wiederum ein bestimmtes Fläschchen im Kühlschrank mit dem Impfstoff zugeordnet war. "Wenn ich beim ersten Mal den Impfstoff bekommen habe, bekomme ich ihn dann auch beim zweiten Mal, und kein Placebo", fragte ich den Arzt. "Theoretisch ja", antwortet er kurz.

Der Proband und Autor hält ein Teilnahme-Zertifikat hoch | Russland | Coronavirus | Impfung
Sergey Satanovskiy nach der ersten Impfung mit "Sputnik V"Bild: Sergej Satanowski/DW

Vor der Injektion wurde bei mir noch ein PCR-Test vorgenommen - mit einem Abstrich aus Nase und Mund. Am nächsten Tag bekam ich eine SMS, wonach bei mir kein Coronavirus nachgewiesen wurde. Diesmal bekam ich die Spritze in die andere Schulter. Auch nach der zweiten Dosis musste ich für eine halbe Stunde in den Ruheraum. Während dieser Zeit veränderte sich mein Befinden nicht. Auch mein Blutdruck blieb normal. Dann gab mir die Krankenschwester eine Bescheinigung, dass ich beide Impfdosen erhalten habe. Oder war eben ein Placebo.

Etwa sieben Stunden nach der ersten Dosis war meine Temperatur auf 38,6 Grad gestiegen. In der Telegram-Gruppe "Ergebnisse der Impfung", deren Mitgliederzahl innerhalb von drei Wochen von 1800 auf 4000 angewachsen ist, schreiben viele Testteilnehmer, sie hätten sich nach beiden Spritzen unwohl gefühlt. Daher hatte auch ich mich darauf eingestellt, mich auch nach der zweiten Dosis krank zu fühlen. Doch diesmal passierte nichts.

In mein Tagebuch in der App "Check Covid-19" schrieb ich also ehrlicherweise, keinerlei Nebenwirkungen festzustellen. In drei Wochen werde ich einen Test auf Antikörper gegen COVID-19 machen. Den Entwicklern des Vakzins zufolge erreicht am 42. Tag die Immunantwort des Körpers auf den Impfstoff ihren Höhepunkt.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk