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Corona: Was man zu Geisterspielen wissen muss

9. März 2020

In dieser Woche werden wegen der Coronavirus-Epidemie alle Bundesliga-Spiele ohne Zuschauer angepfiffen. Was bedeutet das für die Vereine und Fans? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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Bild: picture alliance/dpa/O. Berg

Wer entscheidet darüber, ob Bundesligaspiele wegen der Corona-Krise vor leeren Rängen ausgetragen werden müssen?

Letztendlich liegt die Entscheidung bei den Gesundheitsämtern der Städte in denen gespielt werden soll. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat mit seiner Empfehlung, bis auf Weiteres auf Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern zu verzichten, die Linie vorgegeben, nach der die Behörden nun entscheiden sollen. "In Wahrheit ist es wie eine Anordnung", sagte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in der ARD. "Wir können als Land ganz klar sagen: Wir sehen es so, dass das zu passieren hat. Durch die Empfehlung von Herrn Spahn ist es für die örtlichen Gesundheitsämter auch leichter, diese Fragen zu entscheiden." Die Vereine sind zwar in den Entscheidungsprozess mit einbezogen, doch die DFL hat von Beginn an klargemacht, dass die Entscheidungen der Gesundheitsbehörden für die Klubs bindend seien.

Hat es schon einmal Bundesligaspiele ohne Zuschauer gegeben?

Nein, lediglich in der 2. Liga und niedrigeren Spielklassen. Auslöser war jeweils Fehlverhalten von Fans. Das erste Geisterspiel im deutschen Profifußball wurde am 26. Januar 2004 in Aachen zwischen der heimischen Alemannia und dem 1. FC Nürnberg ausgetragen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte das Wiederholungsspiel vor leeren Rängen angeordnet, nachdem Nürnbergs Trainer Wolfgang Wolf im ersten Aufeinandertreffen von einem Wurfgeschoss am Kopf getroffen worden war. Das bis dato letzte Spiel ohne Zuschauer war am 28. Januar 2017 die Drittliga-Partie zwischen Hansa Rostock und Jahn Regensburg. Damit bestrafte das DFB-Sportgericht die Rostocker, deren Fans wiederholt Pyrotechnik gezündet hatten. Bei den nun beschlossenen Geisterspielen wegen des Corona-Virus sind es erstmals medizinische Gründe, die zum Ausschluss der Zuschauer führen.

Warum verlegt die DFL nicht einfach die Spiele auf einen späteren Zeitpunkt?

"Da gibt es Verträge, sportliche Konsequenzen. Abstiege und Aufstiege. Wir brauchen den geregelten Spielbetrieb. Aufzuhören ist keine Option", sagt DFL-Chef Christian Seifert. In der Tat ist das Terminkorsett der Bundesliga extrem eng geschnürt. Das zeigte sich zuletzt etwa bei der Suche nach einem Nachholtermin für das ausgefallene Spiel zwischen Werder Bremen und Eintracht Frankfurt. Spielen die Frankfurter weiterhin erfolgreich in der Europa League, könnte die Partie unter Umständen erst im Mai zwischen dem 33. und 34. Spieltag angepfiffen werden. Auch eine Verlängerung der Saison kommt nicht in Frage, da die Europameisterschaft nach derzeitigem Stand bereits am 12. Juni beginnt - vorausgesetzt, die Corona-Krise wirbelt nicht auch den EM-Terminplan durcheinander.  

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Geisterspiel in Italiens Serie A zwischen Parma Calcio und SPAL FerraraBild: picture-alliance/Zuma/P. Cruciatti

Wie viel Geld entgeht den Bundesliga-Vereinen durch Geisterspiele?

In der vergangenen Bundesliga-Saison 2018/19 machten die Einnahmen aus den Kartenverkäufen (520,1 Millionen Euro) knapp acht Prozent des Rekordumsatzes von 4,02 Milliarden Euro aus. Pro Spieltag beliefen sich diese Umsätze im Schnitt auf insgesamt gut 15 Millionen Euro. Wären alle Stadien gleich groß, ergäbe sich ein Wert von 1,7 Millionen Euro pro Spiel. Doch dies geht an der Realität vorbei: Die größte Arena in Dortmund fasst 81.365 Plätze, das aktuell kleinste Bundesliga-Stadion in Paderborn 15.000 Plätzen. Bei einem Geisterspiel dürften die Einnahmeverluste durch entgangenen Kartenverkauf beim BVB also mehr als fünfmal so hoch sein wie beim SC Paderborn. Hinzu kommen die fehlenden Einnahmen aus der Bewirtung der Fans und aus dem an Spieltagen florierenden Verkauf von Fanartikeln. Unter Umständen entgehen den Klubs auch Gelder durch Bandenwerbung.

Bleiben die Fans, die schon Karten gekauft haben, auf den Kosten sitzen?

Der BVB ist der einzige der 18 Bundesligavereine, der sich im Falle eines Geisterspiels in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zum Ticketkauf nicht verpflichtet hat, das Geld für die Karten zurückzuerstatten. Es erfolge "grundsätzlich keine Erstattung des Kaufpreises, es sei denn der Veranstalter hat den Wegfall der Leistung zu vertreten", heißt es in den AGB des BVB. Allerdings deutet der Verein eine mögliche kulante Lösung an: "Der Veranstalter behält sich, sofern er den Wegfall der Leistung nicht zu vertreten hat, eine abweichende Regelung zugunsten der Erwerber vor." Die anderen 17 Bundesligaklubs erstatten die Kaufpreise im Falle eines Spiels vor leeren Rängen bei Vorlage der Tickets zurück, sechs von ihnen bieten als Alternative Gutscheine für die Fanshops des Vereins an. Dauerkarten-Besitzer können damit rechnen, anteilig entschädigt zu werden.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter