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Politik

Vizekanzler für Corona-Strategiewechsel

1. März 2021

Lange Zeit stand die Mehrheit der Deutschen hinter harten Corona-Maßnahmen. Inzwischen ist die Stimmung gekippt. Vizekanzler Olaf Scholz pocht wohl auch deshalb auf eine konkrete Öffnungsperspektive aus dem Lockdown.

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Olaf Scholz Pressekonferenz mit Maske
Bild: Fabrizio Bensch/dpa/picture alliance

"Ich bestehe darauf, dass wir am Mittwoch eine Öffnungsperspektive konkret formulieren", sagte Olaf Scholz mit Blick auf die Konferenz der Länderregierungschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ein "Teil des Wegs aus dem Lockdown" seien Corona-Schnelltests. Inzidenzwerte von 35 und 50 könnten künftig nicht alleiniger Maßstab für Lockerungen sein, so der Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat in der Internetsendung "Bild live". Wenn die Infektionszahlen "ein bisschen schwanken, ist das etwas, das wir - mit einer Teststrategie verknüpft - möglicherweise gut hinkriegen können".

Zu möglichen Urlaubsreisen im Sommer meinte Scholz: "Im Sommer werden zig Millionen geimpft sein, und das kann ja nicht konsequenzenlos bleiben." Auch bestehe die berechtigte Hoffnung, "dass wir im Sommer wieder im Biergarten sitzen können".

Mehrheit möchte Lockerungen

Inzwischen spricht sich eine Mehrheit der Menschen in Deutschland für Lockerungen der Corona-Maßnahmen aus - trotz zuletzt gestiegener Sieben-Tage-Inzidenz, die vom Robert Koch-Institut (RKI) am Montag mit 65,8 (registrierte Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche) angegeben wurde.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sind nur noch gut ein Drittel für eine Beibehaltung oder Verschärfung der geltenden Einschränkungen. 43 Prozent meinen dagegen, der Lockdown sollte bei den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch weiter zurückgefahren werden. 17 Prozent sind sogar für eine komplette Rückkehr zur Normalität. Fünf Prozent machten keine Angaben.

Anfangs standen noch fast drei Viertel hinter den Maßnahmen von Bund und Ländern, zu denen die Schließung von Geschäften, Schulen, Restaurants und Hotels sowie das Verbot von Kultur- und Sportveranstaltungen mit Zuschauern gehören. Anfang Januar waren immerhin noch fast zwei Drittel für eine Beibehaltung oder Verschärfung der Maßnahmen. Vor der letzten Bund-Länder-Konferenz am 10. Februar war es dann nur noch die Hälfte der Befragten, mittlerweile liegt der Anteil bei 35 Prozent.

Deutschland Coronavirus - Frisiergeschäfte öffnen in Berlin
Friseursalons in Deutschland dürfen ab 1. März wieder öffnen - manche taten dies schon um MitternachtBild: Gerald Matzka/dpa/picture alliance

Schulen und Kitas wurden zwischenzeitlich zum Teil wieder geöffnet, an diesem Montag folgen bundesweit die Friseure. In einigen Bundesländern öffnen jetzt auch andere Einrichtungen, darunter sind etwa Gartenmärkte, Blumenläden, Fußpflegesalons oder Fahrschulen.

"Massives Impfversagen"

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte, die Menschen schneller und effektiver gegen das Coronavirus zu impfen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte, es sei nicht akzeptabel, dass "Hunderttausende von Impfdosen" in Kühlschränken lagerten, während gleichzeitig Millionen Menschen auf eine Impfung warteten. Ebenso appellierte der Deutsche Städtetag an die Bundesländer, das Impfen mit dem Impfstoff von AstraZeneca zu vereinfachen. Es müssten auch kurzfristig Menschen geimpft werden können, die in der zweiten Gruppe an der Reihe seien, betonte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. In einigen Bundesländern würden die strikten Vorgaben bereits flexibilisiert - andere müssten zügig folgen.

Die Opposition warf der Bundesregierung gar "massives Impfversagen" vor. "Nach einem Jahr Pandemie hat sie kaum mehr vorzuweisen als Stückwerk oder nervöses Hin und Her", sagte die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. Impfzentren müssten mit voller Auslastung arbeiten, Hausärzte in der Breite impfen können, und die Impfberechtigten müssten leicht erfahren, wo, wann und wie sie einen Termin bekämen. Auch die neue Vorsitzende der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, verlangte den Ausbau von Impfkapazitäten. "Warum sollten auch nicht wir bei Ikea impfen können?", fragte sie.

wa/sti (dpa, afp, rtr)