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Politik

Corona-Pandemie: Misereor schlägt Alarm

23. Juli 2020

Corona wirke in Südamerika wie ein "katastrophaler Brandbeschleuniger", sagt Misereor-Chef Pirmin Spiegel. Auch aus anderen Kontinenten kommen schlechte Nachrichten: Der Hunger komme wieder, so Spiegel.

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Pirmin Spiegel Hauptgeschäftsführer MISEREOR
Bild: picture-alliance/Pacific Press/M. Debets

Pirmin Spiegel (Artikelbild) ist besorgt. Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor hat viel telefoniert in den vergangenen Wochen mit Partnern weltweit. Unter anderem in Lateinamerika, dem Kontinent, auf dem er viele Jahre als Entwicklungshelfer gearbeitet hat. "Aktuell beobachten wir auf den Südkontinenten Entwicklungen, die schmerzen", sagte Spiegel in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2019.

Misereor unterstützt Projekte in 85 Ländern

Misereor hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 232,3 Millionen Euro in Projekte der Entwicklungszusammenarbeit in 85 Ländern investiert. Darunter sind der Tschad, die Philippinen, Brasilien und Haiti. So wirke Corona in Südamerika wie ein "katastrophaler Brandbeschleuniger", sagte Spiegel. Die politischen Spannungen in Ländern wie Brasilien oder Chile nähmen zu. Menschenrechtsverletzungen wie die Vertreibung indigener Völker wüchsen im Windschatten der Pandemie, die Menschen hätten keine Arbeit, "der Hunger kommt wieder".

"Auch in Asien ist die wichtigste Botschaft, dass Menschen eher verhungern als am Virus zu sterben", sagte Spiegel weiter. Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten träten dort durch die Corona-Krise deutlicher zutage. Gleichzeitig werde die Pandemie zur weiteren Beschränkung zivilgesellschaftlichen Engagements missbraucht. Menschenrechtsaktivisten würden verfolgt, Grundfreiheiten eingeschränkt und oppositionelle Aktivitäten unterdrückt.

Dirk Messner Präsident Umweltbundesamt
Der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messmer (Archivbild): "In den Ländern des Südens geht es ums Überleben" Bild: Imago Images/photothek/J. Schmitz

In den Ländern Afrikas seien wiederum die Folgen des Lockdowns gravierender als die des Virus selbst, sagte Spiegel. COVID-19 habe zu einem Einbruch des informellen Wirtschaftssektors geführt, Lieferketten seien gerissen, Tagelöhner hätten keine Arbeit mehr, auf den Straßen nehme die Zahl der Bettler zu.

"Die Welt driftet gerade auseinander"

"Die Verheerungen der Pandemie in den Entwicklungsländern sind enorm", warnte auch der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner. Die bis 2030 gesteckten Ziele für nachhaltige Entwicklung seien durch Corona in "weite Ferne gerückt", sagte der Nachhaltigkeitsforscher, der Mitglied im Misereor-Beirat ist.

Die Corona-Krise trifft nach Messners Einschätzung die Entwicklungsländer deutlich stärker als die globale Finanzkrise von 2008/2009. Die Gesundheitssysteme in den Ländern seien schwach, es gebe kaum soziale Sicherheitssysteme und eine starke Kapitalflucht. Dazu komme die mangelnde Solidarität der Industrieländer und einen starken Trend zur Rückkehr zu einem Nationalismus. "Die Welt driftet gerade auseinander", sagte Messner. Während hierzulande die Corona-Krise als Chance für eine künftige nachhaltigere, "grüne" Ökonomie gesehen werde, gehe es in den Ländern des globalen Südens "ums Überleben".

nob/haz (dpa, epd, kna)