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Politik

Corona-Pause für Irans Printmedien

Shabnam von Hein
3. April 2020

Bis zum 8. April werden im Iran keine Zeitungen mehr gedruckt. Die Regierung will damit soziale Kontakte weiter reduzieren. Einer besseren Informationspolitik dient die Maßnahme aber nicht, meinen Kritiker.

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Iran Teheran Coronavirus
Bild: picture-alliance/Photoshot/A. Halabisaz

Iran ist von der Corona-Pandemie besonders hart betroffenen. Die Zahl der Corona-Toten liegt laut offiziellen Zahlen bei über 3000. Die bestätigten Infektionen werden mit 55.740 angegeben (Stand 4. April). Die Dunkelziffern werden allerdings deutlich höher eingeschätzt.

Lange hat die Regierung die rasante Ausbreitung des neuartigen Coronavirus im Iran verharmlost. Alles sei unter Kontrolle, hatte Präsident Hasan Rohani Anfang März wiederholt betont. Nun widerspricht er sich fast täglich. Am Dienstag hatte Rohani behauptet, die Corona-Epidemie habe in allen Provinzen des Landes ihren Höhepunkt erreicht; nun seien die Infektionszahlen rückläufig. Am nächsten Tag musste er sich bereits korrigieren: "Wir werden noch Monate mit der Corona-Krise leben müssen", sagte der Präsident, "vielleicht sogar bis Ende des Jahres." Dabei hat für die Iraner das neue Jahr gerade erst angefangen, nämlich am 20. März.

Die Regierung sollte ihrer Informationspolitik ebenso viel Aufmerksamkeit schenken wie den Maßnahmen, die für die Bekämpfung der Epidemie notwendig seien, betont Abbas Abdi. Der Geschäftsführer des Journalistenverbands in der Hauptstadt Teheran hatte am Dienstag in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Modara.ir gesagt: "Unter den jetzigen Umständen sind widersprüchliche Aussagen und Fake-News eine zusätzliche Gefahr für die Gesellschaft. Die Regierung sollte die Journalisten unterstützen, die bereit sind, in ihren Printmedien oder auf ihren digitalen Plattformen die Gesellschaft mit zuverlässigen Informationen zu versorgen."

Iran Coronavirus Präsident Hassan Rohani
Hasan Rohani: Pandemie wahrscheinlich bis Ende 2020Bild: picture-alliance/AA/Handout Iranian Presidency

Printmedien unter Druck

Anlass des Interviews mit dem den Reformern nahestehenden Portal war eine Anordnung des Corona-Krisenstabs im Innenministerium. Der hatte am Montag mitgeteilt: "Zur effektiven Umsetzung des vom Gesundheitsministerium verabschiedeten Plans zur Reduzierung sozialer Kontakte sollen bis zum 8. April keine Zeitungen mehr gedruckt werden, sondern nur noch online erscheinen". Wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus hatte die iranische Regierung erst in der zweiten Märzwoche alle Bürger aufgefordert, zu Hause zu bleiben.

Mit der Anordnung für die Printmedien wird die traditionelle zweiwöchige Neujahrsunterbrechung für die rund etwa 65 Zeitungen und Zeitschriften im Iran um eine Woche verlängert. Die Regierung weiß natürlich, dass die iranischen Printmedien wegen der Corona-Krise in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken.

"Unser Umsatz ist um zehn Prozent zurückgegangen", teilt Mehdi Rahmanian mit, Herausgeber der Zeitung "Shargh". "Shargh" ist das größte Blatt der Reformbewegung und gehört zu den wenigen Printmedien im Iran, die auch eine digitale Version verbreiten.

Unter http://sharghdaily.com/ wird eine PDF-Datei der Printausgabe zum Download bereit gestellt. Die Herausgeber nehmen damit in Kauf, dass ihre Inhalte umsonst zu Verfügung stehen. Aber sie wollen, dass ihre Zeitung gelesen wird.

Iran Teheran Coronavirus
Desinfektion auf offener Straße in der Hauptstadt Teheran Bild: picture-alliance/Xinhua/A. Halabisaz

Vorteil für Staatssender IRIB 

"Shargh"-Herausgeber Medi Rahmanian warnte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA, die von iranischen Studenten betrieben wird, vor den Folgen der Regierungsentscheidung, vorerst keine gedruckten Zeitungen und Zeitschriften mehr erscheinen zu lassen. Das Informationsmonopol liege dann allein in den Händen der staatlichen Rundfunkgesellschaft IRIB. "Rohani weiß genau, dass IRIB kein Interesse an konstruktiver Zusammenarbeit mit seiner Regierung hat", stellt Rahmanian fest.

Der Staatsender IRIB gilt als Propagandaorgan der Hardliner; sein Leiter wird direkt vom religiösen Führer des Landes Ayatollah Chamenei ernannt. Der Sender hat die Ausbreitung des Coronavirus im Iran lange vehement geleugnet und die Position der religiösen Kreise unterstützt. Sie waren unter anderem dagegen, die den Schiiten heilige Stadt Ghom unter Quarantäne zu stellen. Das rund 130 Kilometer südlich von Teheran gelegene religiöse Zentrum war der erste Corona-Hotspot im Iran. Am 25. Februar wurde Ghom vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet eingestuft. Von dort aus hatte sich das Virus bis in die letzten Winkel des Landes verbreitet.