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Teure Pause für die Bundesliga?

14. März 2020

Die Coronavirus-Pandemie bringt die Fußball-Bundesliga in eine prekäre Lage. Ein erzwungenes Ende der laufenden Saison könnte die Klubs bis zu eine dreiviertel Milliarde Euro kosten.

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Coronavirus stoppt alle Sportveranstaltungen
Bild: imago images/S. Simon

Zwar steht die Gesundheit über allem, dennoch hat die Unterbrechung der Fußball-Bundesliga wegen der Corona-Pandemie auch eine finanzielle Komponente. Sollte die Fußball-Saison tatsächlich komplett abgebrochen werden, könnte es für einige Vereine sogar um die Existenz gehen.

Wie viel Geld steht auf dem Spiel?

Für die 36 Profivereine aus der 1. und 2. Bundesliga geht es insgesamt um rund eine dreiviertel Milliarde Euro. Die Summe setzt sich zusammen aus fehlenden Eintrittsgeldern, entgangenen Sponsorenzahlungen und nicht ausgezahlten TV-Einnahmen. Sollte die Saison tatsächlich nicht mehr fortgesetzt und nach 25 Spieltagen beendet werden, dürfte sich das Minus allein durch den Wegfall der Fernsehgelder für die letzten neun Runden auf etwa 370 Millionen Euro belaufen. Insgesamt erhalten die Klubs für alle 34 Spieltage rund 1,4 Milliarden Euro.

Die TV-Sender und Streamingdienste, die Übertragungsrechte an der Bundesliga und 2. Bundesliga halten, könnten wegen nicht erbrachter Leistungen Regressansprüche gegenüber der Deutschen Fußball Liga (DFL) erheben. "Es handelt sich um private Vertragsvereinbarungen, die verständlicherweise nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind", hieß es dazu auf dpa-Nachfrage vom Hauptvertragspartner Sky. Das Problem: Die Liga besitzt keine Versicherung für entgangene TV-Einnahmen, die bei einem Saisonabbruch wegen der Corona-Pandemie greifen würde. Das erste Ziel des Profifußballs lautet daher nun: den Kollaps verhindern.

Wer macht sich am lautesten Sorgen?

Karl-Heinz Rummenigge Hans Joachim Watzke Fußball
Besorgt: Rummenigge (l.) und Watzke (r.)Bild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Seltsamerweise sind das zwei Vereinsfunktionäre, deren Klubs den Ausfall der Millionensummen noch am ehesten verkraften könnten. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprach am Freitag von der "größten Krise" des deutschen Profi-Fußballs. Zuvor hatte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des FC Bayern, sich für eine Fortsetzung der Saison mit Geisterspielen stark gemacht, zumindest hätte er gerne den 26. Spieltag an diesem Wochenende noch ohne Zuschauer stattfinden lassen.

"Wenn diese Zahlung ausbleiben würde, wäre zu erwarten, dass zumindest viele kleine und mittlere Vereine finanzielle Probleme kriegen würden", hatte der Bayern-Chef seine skeptische Haltung gegenüber einer Spieltagsabsage begründet. Dafür, dass er scheinbar das Finanzielle über die Gesundheit stellte, hatte Rummenigge anschließend auf Social Media viel Kritik geerntet.

Woher könnte Hilfe kommen?

Im Grunde sind die Vereine darauf angewiesen, dass es nach einer nicht allzu langen Unterbrechung weitergeht und die Bundesliga-Saison bis zum 30. Juni irgendwie zu Ende gebracht wird. Über die Einführung eines Fußball-Solidarfonds wurde diskutiert, allerdings wird diese Maßnahme in Ligakreisen skeptisch betrachtet. Schließlich müssten die Vereine, die ohnehin schon zu wenig Geld haben, auch das Geld für den Solidarfonds irgendwo auftreiben. Diese Katze beißt sich also in den Schwanz.

Irland Auslosung Qualifikationsgruppen für Fußball EM 2020
Wird die EM ins nächste Jahr verschoben? Diese Entscheidung müsste die UEFA treffenBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Die Hoffnung der Liga ruht nun darauf, dass die für den Sommer geplante EURO verschoben wird. So würde mehr Zeit bleiben, die Bundesliga-Saison zu beenden. Das EM-Auftaktspiel ist für den 12. Juni angesetzt. Ob die Europameisterschaft wie geplant stattfindet oder möglicherweise erst im nächsten Jahr über die Bühne geht, ist aber offen. Die UEFA trifft sich am Dienstag zur Krisensitzung und wird möglicherweise eine Entscheidung über den EM-Termin fällen. Sollten Veranstaltungen mit großen Teilnehmerzahlen auch längerfristig verboten bleiben, wäre der Zeitplan am ehesten mit Hilfe von Geisterspielen einzuhalten, sofern die Behörden überhaupt zustimmen.

Allerdings hat auch dieses Szenario einen Pferdefuß: Schließlich - wie der Fall SC Paderborn zeigt - können auch Bundesliga-Profis zu den Infizierten gehören und ganze Teams unter häusliche Quarantäne gestellt werden, womit weitere Verzögerungen im Spielplan drohen würden.

Wie geht es weiter? 

Mit Spannung wird nun die Mitgliederversammlung der Profivereine erwartet, die am Montag in Frankfurt am Main stattfinden wird. Dabei wird es um finanzielle und sportliche Fragen gehen. Wie soll es nach der Zwangspause Anfang April weitergehen, wenn es die Coronavirus-Krise überhaupt erlaubt? Werden Geisterspieltage veranstaltet? Gibt es eine Saisonverlängerung bis in den Juni? Wird die kompletten Spielzeit abgesagt, trotz harter finanzieller Konsequenzen, entgangener Titel und vergeblich geträumter Aufstiegsträume? Da die Interessenlage der 36 Vereine sehr unterschiedlich ist, wird es nicht leicht werden, hier gemeinsame Lösungen zu finden.

Borussia Mönchengladbach Stadion Borussia-Park
Geht es ohne Zuschauer in der Bundesliga weiter?Bild: imago images/Nordphoto/Ewert

Sollte es im "Geisterspiel-Modus" weitergehen, wäre der nächste Konflikt mit der immer noch wütenden Fan-Szene programmiert. Die organisierten Fans sind vehement gegen einen Zuschauerausschluss. Sportlich könnte es ebenfalls Lösungen geben, die nicht allen gefallen: Sollte eine Mehrheit von drei Vierteln der Klubs dafür stimmen, wäre eine Meisterkür nach derzeitigem Tabellenstand am Grünen Tisch möglich. Oder man entscheidet, dass es 2020 keinen deutschen Fußball-Meister gibt. Was aber wäre in diesem Fall mit Auf- und Abstieg? Steigen die Klubs auf den Rängen 17 und 18 trotzdem ab? Oder gibt es gar keine Absteiger, sondern nur Aufsteiger? Eine Aufstockung der Liga müsste durch die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit erfolgen.

Entscheidungen in dieser Frage werden am Montag aber noch nicht erwartet, zunächst müssen die wirklich wichtigen Fragen beantwortet werden - so dass denn überhaupt schon möglich ist.