1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Corona-Impfung für Schwangere hilft!

16. Februar 2022

Anfangs kam die Impfempfehlung für Schwangere nur zögerlich, daher ist die Impfrate bei Schwangeren noch immer niedrig. Studien zeigen, wie verheerend eine SARS-CoV-2-Infektion dann enden kann – besonders fürs Baby.

https://p.dw.com/p/45WZ7
COVID-Impfung bei Schwangeren
Bild: Gerardo Vieyra/NurPhoto/picture alliance

Ob eine COVID-19-Infektion während der Schwangerschaft ein erhebliches Risiko darstellt, stand nie außer Frage. Der Körper von Schwangeren unterdrückt bestimmte Teile des Immunsystems, um einen Fötus zu tolerieren. Außerdem vergrößert sich das Blutvolumen drastisch, was das Herz-Kreislauf-System belastet. Und die wachsende Gebärmutter drückt auf das Zwerchfell, was die Lungenkapazität verringert.

Inzwischen gibt es zahlreiche Studien und Artikel, die dieses Risiko belegen und genauer untersuchen. So auch eine neue Veröffentlichung von Dr.Roberta Lynn DeBiasi., Abteilungsleiterin für pädiatrische Infektionskrankheiten am Children's National Hospital, Washington D.C., im Journal of Infectious Diseases . 

Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft
Eine COVID-19 Infektion birgt nicht nur für die werdende Mutter Risiken, auch das ungeborene Baby ist in GefahrBild: Fotolia/Mikael Damkier

Ihr Appell: Schwangere Frauen sollen sich impfen lassen, um die schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen von COVID-19 auf die Plazenta, den Fötus und das Neugeborene zu minimieren, so DeBiasi.

Ihr Artikel gibt einen umfassenden Überblick darüber, was über die schädlichen Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion bei schwangeren Frauen selbst, aber auch über die Auswirkungen auf Neugeborene und die negativen Folgen für die Plazenta bekannt ist - und was bis dato noch unbekannt ist.

Schwerer Verlauf 

Schwangere Frauen haben ein höheres Risiko, schwer zu erkranken, aber das Virus kann auch Entzündungs- und Gefäßreaktionen in der Plazenta auslösen, und zwar in kritischen Phasen der fötalen Entwicklung in symptomatischen und asymptomatischen Fällen. 

Was geschieht während der Schwangerschaft?

Im Beitrag kommentiert Dr. DeBiasi zwei verwandte Studien, die in der gleichen Ausgabe veröffentlicht wurden. Sie zeigen pathologische Befunde in der Plazenta von Frauen, die während der Schwangerschaft mit COVID-19 infiziert waren. Minhui Guan, Center for Influenza and Emerging Infectious Diseases (CIEID) in Missouri, veröffentlichten eine detaillierte Analyse einer Totgeburt, die auf eine Infektion mit der Delta-Variante während des dritten Trimesters zurückzuführen ist. Die Mutter: eine ungeimpfte Frau mit leichten Symptomen. Offenbar hat das Virus zu einer Plazentaablösung und schließlich zur Totgeburt geführt. 

Auswirkungen auf die Plazenta 

Lydia Shook, Department of Obstetrics and Gynecology, Massachusetts General Hospital und Harvard Medical School in Boston, untersuchte eine Fallserie von schwangeren Frauen, die mit der Delta-Variante infiziert waren, die in zwei Fällen zu einer Totgeburt und in einem Fall zu einer schweren Erkrankung des Neugeborenen führte.

"Aus den Studien geht hervor, dass eine schwangere Frau, die sich mit COVID-19 infiziert, ein erhöhtes Risiko für eine schwere Infektion hat", so DeBiasi.

Frühere Untersuchungen haben ebenfalls gezeigt, dass die Plazenta durch eine SARS-CoV-2-Infektion der Mutter geschädigt werden kann.

Die neueste Studie der US-Centers for Disease Control and Prevention untermauert diese Erkenntnisse aus früheren Fallstudien: Bei 1,26 Prozent der Schwangeren mit COVID-19 kam es zu einer Totgeburt, verglichen mit 0,65 Prozent bei nicht infizierten Schwangeren. Ein Risikoanstieg also um 90 Prozent. Nach einer Infektion mit der Delta-Variante kam es sogar vierfach häufiger zu Totgeburten. Zu Omikron liegen bislang keine Daten vor, da die Studie vor dem Auftreten der Variante durchgeführt wurde.

Den Ursachen dafür ist ein Team von 44 Forschenden aus zwölf Ländern auf den Grund gegangen. Sie untersuchten die Plazenta von 64 Schwangeren, deren Kinder vor oder nach der Geburt gestorben waren. In 30 Fällen konnten die Pathologen auch das verstorbene Kind obduzieren. In allen Fällen handelte es sich um ungeimpfte Frauen, die sich während der Schwangerschaft mit Corona infiziert hatten.

"Sehr beängstigend"

Hauptautor David Schwartz, ein Pathologe aus Atlanta, sagte, dass auch andere Infektionen in die Plazenta eindringen würden und zu Totgeburten führen könnten, in der Regel durch eine Infektion und Schädigung des Fötus. Ein aktuelles Beispiel sei das Zika-Virus. 

Bei mit Corona infizierten Frauen hätten sie fast das Gegenteil gefunden: Bei ihnen sei es die Plazenta gewesen, die infiziert und weitgehend zerstört war. "In vielen dieser Fälle waren über 90 Prozent der Plazenta zerstört - sehr beängstigend." Zwar können auch andere Infektionen die Plazenta schädigen, doch eine so konsequente und umfassende Zerstörung habe er noch nie gesehen.

Schwangere: Hohes Risiko, geringe Impfrate

Obwohl eine Reihe potenzieller Risiken bestehen, ist die Impfrate bei schwangeren Frauen immer noch niedrig. Nach Angaben der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) waren jedoch bis zum 15. Januar 2022 nur etwa 40 Prozent der schwangeren Frauen in den Vereinigten Staaten gegen COVID-19 geimpft worden. Weltweit sind die Zahlen ähnlich niedrig. 

Zu zögerlich 

Als die Corona-Impfungen Ende 2020 erstmals verabreicht wurden, war wenig über ihre Wirkung auf Schwangere bekannt. Denn Schwangere waren in den klinischen Studien, in denen die Impfstoffe getestet wurden, nicht vertreten. Dies ist zwar gängige Praxis, führte jedoch zu Zweifeln bei Schwangeren, ob die Impfung die beste Entscheidung für sie und ihr Baby ist.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte im Juni 2021 Impfungen für Schwangere empfohlen. Erst im August änderte auch die CDC ihre Meinung und empfahl schwangeren Frauen eine Impfung. Zuvor hatte die Behörde lediglich empfohlen, dass Menschen mit einem hohen Risiko für eine schwere Erkrankung diese Entscheidung mithilfe eines Arztes treffen sollten. Die Ständige Impfkommission (STIKO) gab in Deutschland im September 2021 ihr Go für die Impfung von Schwangeren. 

COVID-19-Impfung: Schutz für Mutter und Kind

Mittlerweile sind sich also alle einig, dass die Risiken von COVID-19 während der Schwangerschaft - einschließlich Tod der Mutter, Totgeburt und Frühgeburt - die Risiken einer Impfung bei weitem überwiegen. 

Eine Studie der Universität Edinburgh zeigt das besonders offensichtlich. Im Rahmen der nationalen Gesundheitsstudie wurden vom 1. Dezember 2020 bis Ende Oktober 2021 fast 5000 Infektion mit SARS-CoV-2 bei Schwangeren diagnostiziert. 

Mehr als 77 Prozent der infizierten Frauen waren ungeimpft. Jede fünfte ungeimpfte Schwangere musste im Krankenhaus behandelt werden, bei den Geimpften war es jede 20. Und von denen, die so schwer erkrankten, dass sie intensivmedizinisch betreut werden mussten, waren 98 Prozent ungeimpft, wie das Forscher-Team um Perinatal-Medizinerin Dr. Sarah Stock von der Universität Edinburgh berichtet.

"Unsere Daten ergänzen den Nachweis, dass die Impfung in der Schwangerschaft das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen nicht erhöht, COVID-19 jedoch schon. Die COVID-19-Impfung in der Schwangerschaft ist von entscheidender Bedeutung, um Frauen und Babys vor vermeidbaren, lebensbedrohlichen Komplikationen von COVID-19 zu schützen", sagt Stock. 

Das betont auch Dr. Rachel Wood von Public Health Scotland, die ebenfalls an der Studie beteiligt war: "Die Impfung kann in jedem Stadium der Schwangerschaft durchgeführt werden, so dass ich Frauen, die schwanger sind oder es werden wollen, dringend empfehle, sich so bald wie möglich vollständig impfen zu lassen."

Die neueste Studie des CDC bestätigt dies erneut. Bei Babys von Müttern, die während der Schwangerschaft vollständig gegen das Coronavirus geimpft wurden, ist die Wahrscheinlichkeit um etwa 60 Prozent geringer, mit schweren COVID-Verläufen ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. 

Ein solcher Effekt war bereits vermutet worden - aufgrund der Übertragung von Antikörpern durch die Plazenta während der Schwangerschaft und durch die Muttermilch nach der Geburt -, aber die Annahme wurde bis jetzt nicht durch reale Beweise gestützt.

Darüber hinaus wurden 84 Prozent der Babys, die mit COVID ins Krankenhaus eingeliefert wurden, von Frauen geboren, die während der Schwangerschaft nicht geimpft wurden.

Ein wichtiges Fazit der Studie ist, "dass die Impfung der Mutter ein wirklich wichtiger Beitrag zum Schutz des Säuglings ist", so CDC-Forscherin Dana Meaney-Delman in einem Pressegespräch.

Dieser Beitrag wurde zuerst im Januar 2022 veröffentlicht und zuletzt am 16.02.22 aktualisiert. 

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.