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Déjà vu am US-Immobilienmarkt

Miriam Braun, New York2. Mai 2013

Es geht wieder bergauf am US-Häusermarkt. Die Preise steigen, Hypotheken sind günstig und die Nachfrage zieht wieder an. Ideale Bedingungen für Großinvestoren und Banken. Eine neue Blase droht.

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Symbolbild USA Immobilienmarkt: "Haus zum Verkauf"-Schild. (Foto: AP Photo/Steven Senne)
USA Immobilienmarkt Haus zum Verkauf SchildBild: picture-alliance/AP

Die Sonne brennt. Erik Walbot steht mit offenem Hemd, ein paar Unterlagen unterm Arm vor einem Einfamilienhaus. Flachdach, Veranda, gepflegter Rasengarten. Ein Pärchen aus Illinois möchte dieses Objekt wahrscheinlich kaufen. Der Makler aus Phoenix Arizona macht dieser Tage wieder gute Geschäfte. Die Häuserpreise stiegen, allein im vergangenen Jahr um 25 bis 30 Prozent.

"Die Nachfrage ist wieder enorm. Phoenix aus der Asche!", sagt Walbot, und spielt dabei mit dem gleichlautenden Sprichwort: Der altgriechische Vogel, der erst verbrennen muss, bevor er aus seiner Asche neu und prunkvoller aufersteht. Wie die Millionenstadt Phoenix in Arizona. Sie war eines der Zentren des Bebens, das den US-Immobilienmarkt 2008 zum Einsturz brachte und damit die weltweite Wirtschaftskrise auslöste.

Finanzakteure der Wall Street steigen wieder ein

Heute kommen wieder mehrere Dutzend Kaufinteressenten auf ein Objekt. Und zwar nicht nur die, die selbst drin wohnen möchten, sondern Investoren, die kaufen, um zu vermieten. "Familien sind bereit, langfristige Verträge zu unterschreiben. Nicht nur im Stadtkern, sondern auch in den Vororten", sagt Walbot. Wer kauft und dann vermietet, mache gute Gewinne, man kriege die monatliche Miete und die Wertsteigerung von 20 bis 25 Prozent. Ein lukratives Geschäft.

Porträt Eric Walbot, Immobilienmakler aus Phoenix, Arizona, USA, (Foto: Miriam Braun)
Eric Walbot: Immobilien sind wieder ein lukratives GeschäftBild: Miriam Braun

So lukrativ, dass es nicht nur Privatpersonen und Gesellschaften sind, die zu Hausbesitzern werden, sondern auch die Finanzakteure der Wall Street. Der Investment-Gigant Blackstone hat beispielsweise landesweit rund 2,5 Milliarden US-Dollar für rund 16.000 Häuser ausgegeben, um diese zu vermieten. Insgesamt kommen Hedgefonds auf 9 Milliarden US-Dollar, die in Mietimmobilien gesteckt werden sollen, so Schätzungen der Investmentbank KBW.

Mieten wird immer beliebter

Dabei geht es um klassische Einfamilienhäuser, die in der amerikanischen Mentalität bisher immer Eigentum der Bewohner waren. Es finde ein Sinneswandel statt, der an sich nicht schlecht sei, sagt Lawrence White, Ökonom an der New York University. "Wir sind weggekommen von der verrückten Annahme, Häuserpreise werden immer steigen." Denn die habe zu dem Immobilienboom geführt und die Krise überhaupt erst möglich gemacht, weil jeder unbedingt ein Haus besitzen wollte, so der Professor.

An sich eine ehrenhafte Idee, verwaiste Häuser werden von Hedgefonds und Investoren aufgekauft, schön renoviert und dann vermietet. Die Firma Blackstone wirbt im Netz mit dem Film "Invitation Homes", übersetzt "Einladung nach Hause" für den scheinbar ritterlichen Ansatz: Glückliche Familien beziehen strahlend die vom Investmentriesen liebevoll aufpolierten Häuser.

Erste Finanzprodukte in den Startlöchern

Auch Ökonom Lawrence White hat zunächst nichts auszusetzen. Die Investoren springen ein und fangen mangelnde Nachfrage auf. Spekulationen, die den Markt stützen. "Wenn die Preise anziehen, werden die Investoren wahrscheinlich der Meinung sein, genug Gewinn gemacht zu haben und dass es an der Zeit ist, sich zurückzuziehen", so der Ökonom. Das sei zunächst einmal keine schlechte Sache, wenn dann wieder Eigenheimbesitzer die Häuser übernehmen.

Lawrence White Ökonom an der New York University, sitzt vor einem Computer-Monitor (Foto: Miriam Braun)
Lawrence White glaubt, die Investoren könnten sich zurückziehen, wenn die Preise anziehenBild: Miriam Braun

Aber nicht ohne Grund ist das Wort Spekulationen oft negativ besetzt. Denn die Hedgefonds geben sich nicht damit zufrieden, Miete und Wertsteigerung abzuschöpfen. Die Mietverträge sollen in Pools zusammen gefasst und Finanzprodukte darauf gezogen werden. Alle Einnahmen fließen abzüglich Verwaltungskosten an die Käufer der Wertpapiere. Ein Kürzel für die Zertifikate gibt es bereits: "Reo to Rental – Real Estate Owned to Rental", Immobilienbesitz um zu vermieten.

"Eine neue Blase am Immobilienmarkt"

Einer der lautesten Kritiker in den Medien ist David Stockman, der unter Ronald Reagan Direktor des Office of Management und Budget war - der Behörde, die nationalen Betriebsmittel verwaltet. "Riesige Mengen an Geld fließen in den Markt, Spekulationsbasis für einen schnellen Gewinn", sagte Stockman kürzlich in einem TV-Interview. Aber sobald die Gewinnmargen schrumpfen, seien die Investoren so schnell wieder weg wie sie gekommen sind.

Er spricht von einer neuen Immobilienblase, getrieben von den niedrigen Leitzinsen der US-Notenbank, die das Spiel noch lukrativer machen. Sobald diese wieder anziehen, oder die Häuserpreise nicht mehr steigen, würde die generierte Nachfrage wegbrechen und der Markt könnte wieder implodieren, so Stockman.

Auch in der Sonne Arizonas zögert der redegewandte Eric Walbot einen Moment bei der Frage, ob sich hier nicht wieder eine Blase bildet. Er seufzt erst und erwidert dann: "Schwer zu sagen. Ich sehe eigentlich keine Blase". Denn sogar wenn die Verkäufer ihre Preise drastisch um mehrere Hunderttausend Dollar senken würden, seien momentan immer noch genügend Kaufinteressenten da.