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Barenboim startet Youtube-Kanal

Suzanne Cords16. August 2016

Der berühmte Dirigent stellt in kurzen Videofilmen seine Lieblingsstücke vor. So will Barenboim vor allem junge Menschen für klassische Musik begeistern. Aber er möchte auch politische Themen ansprechen.

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Daniel Barenboim auf dem Bebelplatz in Berlin
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/B. Kriemann

"Willkommen zu meinem neuen Youtube-Kanal", begrüßt der weltberühmte Dirigent die User im Netz. "Ich werde über Musikstücke reden, die mir am Herzen liegen und die Sie hoffentlich interessieren." Aber er werde auch soziale und politische Themen anschneiden, fährt er fort, über die sich die Menschen vielleicht Sorgen machen. "Also bitte bleiben Sie dran."

Ähnlich wie es in der Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker möglich ist, will Barenboim, Chefdirigent der Staatskapelle Berlin und Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper, auf diesem Kanal Musikstücke nicht nur hörbar machen, sondern durch einfache Erklärungen dem Publikum nahe bringen. Für die Youtube-Plattform im Netz hat sich Daniel Barenboim wegen der grenzenlosen Reichweite entschieden. Etwa einmal wöchentlich will er sich auf Youtube zu Wort melden.

Brahms in fünf Minuten

In der ersten Ausgabe seines neuen Kanals, der am Freitag (12.08.2016) das erste Mal online ging, erläutert Barenboim in fünf Minuten die Besonderheit von Brahms' erstem Klavierkonzert - und zwar so, dass auch ein Laie seine Erklärungen versteht. In dem englischsprachigen Video mit deutschen Untertiteln sitzt der Maestro am Flügel im oberen Foyer der Staatsoper im Berliner Schillertheater und spielt einzelne Orchester- und Klavierpassagen an.

Mit Begeisterung spricht über den Gegensatz zwischen dem dramatischen Beginn und dem lyrischen Klaviereinsatz , und dann über die fast religiöse Atmosphäre des zweiten Satzes, dem ein lebhaftes, "fast gypsy-haftes" Rondo folge. Er selbst habe das Stück 1967 zum ersten Mal eingespielt, verrät er den Zuschauern. Zuletzt mit der Staatskapelle unter Leitung von Gustavo Dudamel, einem jungen Kollegen, der über ein außerordentliches Talent verfüge und den er menschlich sehr schätze.

Großes Feedback auf Youtube

Am Ende fordert der 73-Jährige sein Youtube-Publikum auf, Anmerkungen und Vorschläge für weitere Musiklektionen zu schicken. Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten: Innerhalb von 24 Stunden gab es 80 konkrete Wünsche, etwa zu Mozarts Requiem, Tschaikowskis Klavierkonzert Nr. 1 oder Beethovens 5. Klavierkonzert. Fünf Minuten für Klassik seien allerdings viel zu kurz, schreibt ein User. Und ein anderer fragt: "Warum behauptet man immer, dass klassiche Musik wertvoller ist als Pop?"

Es gibt viel positives Feedback für den Maestro: "Ich finde es toll, wie Sie das Thema angehen. Ich hoffe, dass viele Leute ihre Videos anschauen werden und erkennen, wie großartig klassische Musik ist." Oder: "Maestro Daniel, ich habe diese Videos so genossen, und ich werde mir auch alle weiteren ansehen. Danke, dass Sie uns so nahe sind. Ich liebe Sie." Mehrmals wird die Bitte geäußert, der gebürtige Argentinier Barenboim möge die Videos auch auf spanisch für seine Fans aus Lateinamerika bei Youtube einstellen.

Drei Tage nach dem offiziellen Start am 12. August wurden Daniel Barenboims "5 Minuten mit Brahms" mehr als 18.000 Mal aufgerufen, sein Begrüßungsvideo sogar über 26.500 Mal. Schon jetzt hat der Kanal um die 8.500 Abonnenten. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Und viele User warten schon darauf, wie sich Barenboim auf seinem eigenen Youtube-Kanal politisch äußern wird. "Der Mann beherrscht die Schlagzeilen, besonders in Berlin. Wo er mehr Politik als Musik macht", heißt es beispielsweise in einem Kommentar.

Auch gesellschaftspolitische Plattform?

Und in der Tat: Daniel Barenboim ist ein musikalisches Schwergewicht, ein Maestro, der viele berühmte Orchester dirigiert und zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen bekommen hat. Der argentinisch-israelisch-palästinensische Dirigent ist aber auch ein Mann, der sich in gesellschaftliche Fragen einmischt. Jugendliche und junge Erwansene liegen ihm ganz besonders am Herzen liegt, Deshalb hat er es sich zur Aufgabe gemacht, mit der Musik Brücken zwischen verfeindeten Völkern zu bauen.

So gründete er 1999 gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen amerikanischen Literaturwissenschaftler Edward W. Said das West-Eastern Divan Orchestra, das zu gleichen Teilen aus israelischen und arabischen Studenten besteht. Die gemeinsam gespielte Musik soll teauch die Spannungen zwischen den Orchestermitgliedern überwinden, so seine Hoffnung – und sie hat sich erfüllt.

Daniel Barenboim West-Eastern Divan Orchestra. (c) dpa - Bildfunk
Dirigent Barenboim mit dem West Eastern Divan Orchestra beim Konzert in der Berliner Waldbühne (2014)Bild: picture alliance/dpa

Auf Daniel Barenboims Initiative entsteht in Berlin derzeit ein weiteres Projekt ähnlicher Art. Die Barenboim-Said Akademie, eine neuartige, internationale Musikhochschule, soll hier ab dem Wintersemester 2016/2017 junge Studierende aus dem Nahen Osten ausbilden. "Meine Akademie geht einen neuen Weg für den Frieden im nahen Osten", hofft Barenboim.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Dirigent auch diese eigenen Projekte in seinem neuen Youtube-Kanal thematisieren wird. Angekündigt hat er es. Doch in der ersten Ausgabe stand erstmal die Musik im Vordergrund.