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Stellenabbau

2. Februar 2012

Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt war lange nicht mehr so gut wie heute. Gleichzeitig streichen einige Unternehmen massiv Stellen. Wird die Arbeitslosigkeit wieder zunehmen?

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Symbolbild Arbeitsvertrag (Fotolia)
Bild: Fotolia/Gina Sanders

Während in den europäischen Nachbarländern die Arbeitslosenquote deutlich im zweistelligen Bereich verharrt, scheint Deutschland eine Insel der Glückseligen zu sein. Auch der diesjährige Winter fällt auf dem Arbeitsmarkt bislang ziemlich milde aus. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verzeichnete mit 3,082 Millionen Erwerbslosen die geringste Januar-Arbeitslosigkeit seit 21 Jahren. Doch trotz immer noch guter Auftragslage haben einige Unernehmen den Rotstift angesetzt und wollen Personal einsparen.

Der Informations- und Technologiekonzern IBM will in den kommenden Jahren offenbar tausende Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Das Unternehmen wolle "mittelfristig eine hohe vierstellige Zahl der derzeit rund 20.000 Stellen" in Deutschland streichen. Thyssen-Krupp verabschiedet sich nach etwa 100 Jahren vom Edelstahlgeschäft und hat die Sparte verkauft. In Deutschland sollen in den kommenden Jahren bis zu 850 Stellen abgebaut werden. Etwa 2.900 von 9.100 Stellen will der Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks streichen. Der größte Standort München soll geschlossen werden.

Die Liste lässt sich leicht fortsetzen: Keine Stellenstreichungen, aber einen Einstellungs- und Investitionsstopp hat die Deutsche Lufthansa erst kürzlich verhängt. Selbst die Bundesagentur für Arbeit (BA) steht als Folge der guten Arbeitsmarktlage vor dem größten Stellenabbau in ihrer Geschichte. Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Arbeitsplätze um rund 17.000 verringert werden - von derzeit 114.000 auf 97.000. Braut sich da ein Unwetter zusammen und macht das deutsche Jobwunder zunichte?

Normalität in einer dynamischen Wirtschaft

Für Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), bedeuten die Stellenstreichungen nichts Ungewöhnliches. Das gehöre zum Strukturwandel in einer dynamischen Wirtschaft: "Entscheidend ist auch nicht, was einzelne Unternehmen tun", sagt Schäfer zu DW-WORLD.DE, "sondern entscheidend ist, was unter dem Strich steht." Der IW-Experte sieht keine Trendwende am Arbeitsmarkt. Das Wirtschaftswachstum werde zwar nicht mehr so hoch sein wie 2011. Das werde sich auch am Arbeitsmarkt mit Verzögerung bemerkbar machen, aber Schlimmeres drohe nicht: "Der Abbau der Arbeitslosigkeit wird sich verlangsamen. Er wird sich nicht umkehren."

Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen in diesem Jahr von etwa 100.000. In dieser Größenordnung werde auch die Zahl der Erwerbstätigen zunehmen. Das bedeute: "Trotz sich abkühlender Konjunktur wird in diesem Jahr noch zusätzliche Beschäftigung geschaffen", sagt Schäfer. Die Arbeitslosigkeit baue sich weiter ab.

Beschäftigungsmotor: Dienstleistungsbranche

Als Jobmotor wird sich nach Angaben des IW weiterhin die Dienstleistungsbranche erweisen. Dahinter dürfte vor allem der Boom in der Zeitarbeit stehen. Im Herbst waren mehr als 900.000 Menschen bei Personaldienstleistern beschäftigt. Aber seit einigen Jahren, mit Ausnahme des Krisenjahres 2009, schaffe auch die Industrie wieder neue Arbeitsplätze, sagt Holger Schäfer. Hier sei vor allem die Metall- und Elektrobranche hervorzuheben, die teilweise Schwierigkeiten habe, geeignetes Personal zu finden. "Es gibt Anzeichen für einen Fachkräftemangel, nicht nur bei Ingenieuren, sondern auch bei Facharbeitern", sagt der IW-Arbeitsmarktexperte. So sei es möglich, dass selbst im verarbeitenden Gewerbe in diesem Jahr die Beschäftigung noch leicht zulegen könne.

Für einige Arbeitsmarktexperten hat das deutsche Jobwunder allerdings auch seine Schattenseiten. So ist der Niedriglohnsektor dreimal so schnell gewachsen wie
die Beschäftigung oberhalb der Niedriglohnschwelle. 1999 lag jeder sechste Vollzeit-Beschäftigte unterhalb des Niedriglohns, 2010 war es bereits jeder fünfte, der weniger als 9,76 im Westen oder 7,03 Euro pro Stunde im Osten verdiente.

Zahlreiche Menschen in Deutschland haben neben ihrem Hauptberuf auch noch einen Zweitjob: Mittlerweile üben 2,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nebenher einen Minijob auf 400-Euro-Basis aus. Die Zahl ist innerhalb eines Jahres um 5,4 Prozent gestiegen, berichtet die Bundesagentur für Arbeit. Insgesamt haben inzwischen neun Prozent der Beschäftigten zusätzlich einen Zweitjob – beispielsweise im Gastgewerbe und im Einzelhandel.

Facharbeiter bei der Arbeit (Foto: dpa)
Auch die Industrie stellt einBild: picture-alliance/dpa
Große Buchstaben: JOBS (Foto: dapd)
Bild: dapd
Lufthansa-Flugzeuge (Foto: AP)
Einstellungsstopp bei der LufthansaBild: AP

Autorin: Monika Lohmüller (mit dpa, dapd,rtr)
Redaktion: Rolf Wenkel