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Das erfolgreichste deutsche Lifestyle-Magazin

10. März 2011

Keine andere Hochglanz-Zeitschrift konnte ihre Auflagen trotz Krise so schnell steigern wie "Landlust". Wieso interessieren sich so viele Deutsche für Gartentipps und traditionelles Handwerk? Ein Erklärungsversuch.

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Kühe auf einer Weide (Foto: fotolia.com)
Bild: Fotolia/Elenathewise

"Ich finde mich in der "Landlust" wieder, denn wenn ich die Zeitschrift aufschlage, dann habe ich das Gefühl, all' das, was ich sehe, auch in mein Leben integrieren zu können", sagt Ulrike Hahne-Brodowski, eine Stamm-Abonnentin des Magazins. Außerdem sei sie selber "sehr bodenständig" – genau wie ihre Lieblingszeitung, mit der sie sich identifizieren könne. Die 49-jährige Bewegungspädagogin wohnt selber nicht auf dem Land, sondern mitten in Köln.

Entspannung für Bodenständige

Ist die Zeitschrift eine Form der Flucht in eine Traumwelt jenseits der hektischen Großstadt?

Die aktuelle Ausgabe feiert den Frühlingsanfang (Foto: DW)
Die aktuelle Ausgabe feiert den FrühlingsanfangBild: Alexandra Scherle

"Sie ist keine Traumwelt, sondern ich setze mich hin und blättere und werde angeregt, etwas zu tun", meint Ulrike Hahne-Brodowski. Zum Beispiel, etwas Neues zu backen oder zu kochen. Oder die Hochglanz-Fotos von Pflanzen zu bewundern und zu überlegen, wo man sie im eigenen Garten setzen könnte. "Und ich glaube, der Entspannungsfaktor ist, dass ich mich damit hinsetzen kann und in einer anderen Welt bin, aber sie ist mir sehr nah."

Medienanalysen zeigen, dass die meisten "Landlust"-Leser gerade diese Nähe besonders schätzen. Hier wird nicht eine unerreichbare Glamour-Welt der Stars gezeigt, sondern eher die nette Nachbarin von nebenan, die von den neuen Blumen in ihrem Garten erzählt.

Auf Augenhöhe mit dem Leser

Das Magazin begegnet seinen Lesern auf Augenhöhe - es zeige "die Schönheit des Einfachen, die jeder vor seiner Haustüre finden kann", erklärt Landlust-Abonnentin Ulrike Hahne-Brodowski.

Vielleicht ist das 2005 gegründete Lifestyle-Magazin paradoxerweise gerade deshalb so beliebt, weil es sich den gängigen Gesetzen der Medien entzieht. Während andere verbissen um die schnellste Information kämpfen, symbolisiert "Landlust" die Ruhe selbst. Das Magazin erscheint nur alle zwei Monate und vertraut auf liebevoll gestaltete Geschichten von Pflanzen, Tieren oder traditionellen Handwerksformen, die sich auch mal über mehrere Seiten ziehen dürfen. Themen wie Klimawandel, Umweltschutz oder Politik werden nicht angesprochen.

Rückzug aus der hektischen Nachrichtenwelt

Chefredakteuerin Ute Frieling-Huchzermeyer (Foto: DW)
Chefredakteuerin Ute Frieling-Huchzermeyer ist selber Hobby-GärtnerinBild: Alexandra Scherle

"Ich denke, wir werden von allen Seiten bombardiert mit Informationen, mit Nachrichten, mit Meinung, und Landlust sieht sich einfach als Rückzugsort, um wieder zu sich selbst zu finden, Ruhe zu finden, um dann eben dieser Alltagswelt wieder gewachsen zu sein", sagt Ute Frieling-Huchzermeyer, die Chefredakteurin und Gründerin des Magazins, das im Landwirtschaftsverlag in Münster erscheint. Sie ist selber auf einem Bauernhof aufgewachsen und mit einem Landwirt verheiratet. Ursprünglich hatte sie sich Familien aus dem ländlichen Raum als Zielpublikum des Magazins vorgestellt.

Leidenschaftliche Gärtner – auch in der Großstadt

Blick auf den Garten des Landwirtschaftsverlags in Münster-Hiltrup (Foto: DW)
Vor dem Büro von Ute Frieling: der Garten des Landwirtschaftsverlags in Münster-HiltrupBild: Alexandra Scherle

Heute wohnen mindestens 20 Prozent der Leser des Natur-Magazins in Großstädten. Umfragen zeigen, dass Landlust-Leser gebildet und gut informiert sind. Sie lesen regelmäßig "Die Zeit" und den "Spiegel". Doch ab und zu möchten sie in die Welt der Gärten und Blumen eintauchen. Bei der Gartenarbeit konnten sich schon Hermann Hesse oder Konrad Adenauer am besten entspannen - ein Gefühl, das auch die Chefredakteurin von "Landlust" teilt: "Ich bin leidenschaftliche Gärtnerin und bin natürlich froh und dankbar, wenn der Winter um ist, wenn es wieder los geht im Garten. Ich liebe die Ruhe und die Natur." Am besten fühle sie sich genau in der Lebenswelt, die auch ihre Zeitschrift mit dem Untertitel "Die schönsten Seiten des Landlebens" vorstellt.

Entschleunigung als neuer Lifestyle-Luxus?

Eine Lebenswelt, für die sich auch immer mehr junge Menschen interessieren. In sozialen Netzwerken im Internet wie "StudiVZ" gibt es neuerdings digitale Fangruppen von Studenten, die "Landlust" lesen. In der Beschreibung der Gruppe steht: "Ein echtes Muss für Fans von selbstgemachter Marmelade, Natur und trotzdem Nicht-Spießig-Sein".

Auch Wandern liegt in Deutschland gerade im Trend. Obwohl dieses Hobby vor nicht allzu langer Zeit - ähnlich wie Gartenarbeit - noch als "spießig" galt. Vielleicht ist "Lifestyle" für moderne Menschen der Luxus, auch mal langsam sein zu dürfen.

Autorin: Alexandra Scherle

Redakteurin: Gudrun Stegen