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Das erste Mal

Bettina Kolb

Für etwa eine Million neue Bundesbürger ist es soweit: Sie dürfen bei der Bundestagswahl zum ersten Mal wählen. In den vergangenen vier Jahren haben sie einen deutschen Pass erhalten. Eine von ihnen haben wir begleitet.

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Das erste Mal:<br>Neu-Deutsche bei der StimmabgabeBild: AP

"Das scheint ja recht kompliziert zu sein." Margarita ist 34, in Ecuador geboren und betritt morgens um zehn Uhr eine Grundschule im Kölner Süden. Hier ist ihr Wahllokal – Stimmbezirk 10202. In der Hand hält sie ihre Wahlbescheinigung und ihren deutschen Pass. Er glänzt noch ganz neu, denn sie hat ihn erst im Februar 2002 bekommen.

Warteschlange vor dem Wahlcomputer

Margarita folgt dem Hinweisschild im Gebäude: "Stimmabgabe hier." – und landet prompt im falschen Raum. "Stimmbezirk 10202", sagt ein Wahlhelfer, "da müssen sie eine Tür weiter." Vor dieser Tür hat sich eine Schlange gebildet. Etwa fünf Männer warten darauf, ihre Stimme abgeben zu können. Fast alle haben einen Schnauzbart. Margarita kichert nervös wie ein Schulmädchen: "Ich bin aufgeregt. Seit einer Woche spreche ich mit meinem Mann Oliver und meinen Freunden über nichts anderes. Ich freue mich drauf." Jetzt ist Margarita dran. Sie gibt ihre Wahlbescheinigung ab, die Wahlhelfer überprüfen ihre Daten im Pass und tragen sie in eine Liste ein, damit sie nicht zweimal wählen kann.

"Herzlichen Glückwunsch"

Es ist fünf Minuten nach Zehn. Margarita wirft ihrem Mann einen kurzen Blick zu und lächelt, dann verschwindet sie hinter dem elektronischen Stimmabgabegerät. Dort muss sie drei Knöpfe drücken – je einen für die Erst- und Zweitstimme und den dritten, mit dem sie ihre Wahl bestätigt. 30 Sekunden später kommt sie mit einem Siegerlächeln wieder hinter der Wahlkabine hervor. "Herzlichen Glückwunsch", sagt ihr Mann Oliver. "Ich lebe seit zehn Jahre in Deutschland, aber jetzt gehöre ich so richtig dazu", freut sich Margarita.

Die Qual der Wahl

"Wir haben die Fernsehduelle gesehen und ich habe mir meinem Mann und meinen Freunden über die Ziele und Wahlprogramme der Parteien diskutiert," erzählt Margarita. Sie wollte nicht uninformiert zur Wahl gehen, denn Politik sei ihr wichtig. Ihre letzte Wahl liegt elf Jahre zurück, damals hat sie noch in Ecuador gelebt. "Hier habe ich mich über die Kandidaten in meinem Stimmbezirk informiert. Lale Akgün von der SPD und Volker Beck von den Grünen. Vom CDU-Kandidaten habe ich gar nichts mitbekommen. Wie heißt der eigentlich?"

Erst mal Frühstücken

"Wir gehen jetzt zum Wahlfrühstück", sagt Oliver. Wahlfrühstück, was das denn sei, will Margarita wissen. "Na, wer die Grünen wählt, bekommt grüne Tomaten und wer Stoiber wählt schwarzen verbrannten Toast," sagt Oliver. Beide lachen. Am Abend wollen sie im Fernsehen den Ausgang der Wahl verfolgen. "Ich bin super gespannt", sagt Margarita, "ich hoffe, dass meine Stimme etwas genützt hat."