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Das Fest geht weiter

23. Januar 2016

Die Probleme der Welt scheinen eher größer zu werden. Aber daran müssen wir nicht verzweifeln. Für die evangelische Kirche beschreibt Lucie Panzer, wie man die Stimmung der Feiertage aufrecht erhalten kann.

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Johann Rottenhammer Gemälde Hochzeit zu Kana
Hochzeit zu Kana von Johannes Rottenhammer (1564-1625)

Nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
Der erste Monat von 2016 ist fast vorbei. Der Glanz der Feiertage ist verblasst und die meisten guten Vorsätze sind vergessen
Jetzt ist wieder Alltag:
Ja, so ist das wohl, sagen viele vernünftige Erwachsene. Die guten Tage haben immer schnell ein Ende. Nach der Hoch-Zeit kommt der Alltag, da kann man nichts machen. So ist das halt. Kein Fest kann ewig dauern. Aber vielleicht doch. Wenn, ja, wenn wir auf Jesus hören, wie die Leute damals, deren Fest auch beinahe allzu schnell vorbei gewesen wäre..

Neuer Wein in alten Krügen
Vielleicht kennen Sie die Geschichte ja. Jesus ist auf einer Hochzeit eingeladen. Und dann geht der Wein aus.
Ich kann mir vorstellen, wie das war: Es gibt keinen Wein mehr. Nur noch Wasser. Womöglich sind mehr Gäste gekommen, als erwartet, oder die Belastungen und Anforderungen waren größer als angenommen. Das macht einem das Leben schwer und das Feiern erst recht.

Und was sagt Jesus? „Füllt die Krüge mit Wasser!“ Die Riesenkrüge, die in jedem Haus am Eingang standen für die Gäste zum Füßewaschen. Anscheinend waren auch die leer geworden. Also auf! Füllt sie mit Wasser. Das ist Arbeit, gewiss. Da muss man ganz schön schleppen. Aber andererseits: Es ist eigentlich nichts Besonderes. Die besorgten Gastgeber sollen tun, was ihre Aufgabe ist. Sie sollen tun, was den Alltag leichter macht. Damit die Gäste sich erfrischen können. Ihre Pflichten sollen sie erfüllen. Jetzt nicht sagen: Na, wenn es schon so weit gekommen ist: Dann hat das doch sowieso keinen Sinn mehr. Auch wenn es jetzt gerade vielleicht nicht so viel Freude macht, auch wenn es ein bisschen anstrengend ist: Sie sollen das Leben erträglich halten mit dem Waschwasser in den Krügen.

Aber dann geschieht das Wunder: Das Wasser schmeckt wie bester Wein. Das Wasser wird zu Wein. Auch wenn ich mir dieses Phänomen nicht erklären kann, entspricht das doch meiner Erfahrung: Wenn man sich bemüht, wenn man nicht aufgibt, wenn man für den Alltag sorgt, wenn man sich umeinander sorgt: Dann können Wunder geschehen. Dann kann das Fest weiter gehen.
Zweierlei sagt mir diese Geschichte für meinen Alltag, wenn es nur Wasser gibt und der Wein ausgegangen ist. Erstens: Jesus will, dass das Fest weiter geht. Und zweitens: Man kann etwas tun.

Jahre nach der Hochzeit, wenn die Ehe im Alltag versandet und die Beziehung zu vertrocknen droht. Dann kann man etwas tun. „Füllt die Krüge mit Wasser!“ Macht einander das Leben leichter. Tut eure Pflicht. Sucht nicht bloß nach dem Schuldigen. Macht ab und zu ein besonders gutes Frühstück am Sonntag. Lobt, was der andere gekocht hat, und sagt, wie gut so ein entspanntes Essen tut. Fragt, was die andere bedrückt. Nehmt Anteil. Sucht nach ein paar guten Worten. Lest euch gegenseitig vor. Nichts Besonderes eigentlich. Bloß wieder Wasser in den Krügen. Damals haben sie erlebt, wie daraus Wein wurde.

Das Wunder im Alltag
„Die großen Worte von Integration und guter Nachbarschaft lösen bei manchen nur noch Hohn und Spott aus, und viele sagen jetzt: ihr seht jetzt ja, wohin man kommt, wenn man Flüchtlinge aufnimmt. Der Islam ist eine Bedrohung. Wir haben es doch gewusst. Deshalb jetzt erst recht: „Tut, was Jesus euch rät!“ Jesus hat Nächstenliebe empfohlen, damit das Leben friedlich und freundlich bleiben und zu einem Fest werden kann. „Wenn ihr aber nur die liebt, die genauso sind, wie ihr, was ist das Besonderes?“ hat er gefragt. Deshalb jetzt erst recht: „Was Jesus euch sagt, das tut!“ Nehmt Kontakt auf zu den Muslimen und Flüchtlingen. Lasst sie spüren, dass sie willkommen sind. Wenn das Alltägliche klappt, wenn Wasser in den Krügen ist – dann wird das Zusammenleben leichter. Dann kann das Fest weiter gehen – auch im neuen Jahr.

die evangelische Pfarrerin Lucie Panzer Stuttgart
Lucie Panzer, StuttgartBild: GEP

Zur Autorin: Lucie Panzer (geb. 1955 in Stadtoldendorf, Weserbergland) ist Pfarrerin der württembergischen Landeskirche im Landespfarramt für Rundfunk und Fernsehen. Sie studierte evangelische Theologie in Bethel, Göttingen und Tübingen. Nach vier Jahren als Vikarin und Pfarrvikarin an der Stiftskirche in Tübingen folgte eine neunjährige Familienpause. Ab 1995 ist sie Rundfunkbeauftragte der württembergischen Landeskirche zunächst für den Südwestfunk, ab 1998 für den Südwestrundfunk. Lucie Panzer hat seit 2008 einen Lehrauftrag für Homiletik an der Universität Tübingen. Sie hat vier erwachsene Kinder und lebt in Stuttgart.

Kirchliche Verantwortung: Pfarrer Christian Engels