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Das Geschäft mit dem Stress

Dina Slanjankic
26. Mai 2019

Die Menschen sind immer gestresster. Und greifen deswegen immer öfter zu Anti-Stress-Gadgets. Fünf Wege, wie Konzerne die angespannten Psychen zur Goldgrube für sich machen.

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Aggressiver und gestresster Autofahrer auf der Autobahn
Bild: Imago/F. Sorge

Ob im Büro, während den Prüfungen im Studium, oder auch im Stau auf dem Weg zur Arbeit: 87 Prozent der Deutschen fühlen sich nach einer aktuellen Studie der Krankenkasse Pronova BKK gestresst. Das führt auch zu schlechtem Schlaf - das wiederum kostet allein die deutsche Wirtschaft jedes Jahr knapp 54 Milliarden Euro, hat die Denkfabrik Rand Europe schon 2016 ausgerechnet. Stressreduzierung wird dadurch immer wichtiger für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Fitnessstudios und Unternehmen, die sich auf mentale Gesundheit spezialisieren, kommt das zu Gute. Der Hype um Achtsamkeit und innere Ruhe ist enorm. Tatsächliche Wirkung hin oder her, die Industrie lässt sich so einiges einfallen, um aus der Angst vor dem totalen Burnout Geld zu machen.

Mehr dazu: Was macht Stress mit dem Gehirn?

Infografik Wirtschaftliche Kosten des Schlafmangels DE

Meditations-Apps

Mentale-Entspannung To-Go. Meditations-Apps erleben gerade einen regelrechten Boom. Tendenz steigend. Apps wie „Headspace" und „Calm" versprechen sofortige innere Erholung, die ironischerweise über einen der Top-Stressfaktoren gelingen soll: das Smartphone. Meditationstraining und Entspannungsmelodien sollen dabei helfen, das innere Wohlgefühl zu stärken. Die Anbieter werben damit, dass jeder ohne großen Aufwand, jederzeit und an jedem Ort meditieren lernen kann.

Alleine Headspace hat mittlerweile über 40 Millionen Abonnenten. Gründer Andy Puddicombe behauptete jüngst auf der Online Marketing Rockstars 2019-Konferenz zwar ganz mönchähnlich, den Umsatz seines Unternehmens nicht zu kennen. Doch mit einem Monatsbeitrag von zehn Euro sollten schon mal Einnahmen von 400 Millionen Euro möglich sein. Der Konkurrent namens Calm soll einen Wert von über einer Milliarde Dollar haben. Innere Ruhe kostet also vielleicht keinen großen Aufwand, Geld jedoch schon.

Mehr dazu: Zen-Meditation: Einfach nur dasitzen

 

Mann der mithilfe einer Meditations-App Stress bekämpft
Menschen greifen immer öfter auf Meditations-Apps als Stressreduzierer zuBild: DW

Mind and Body-Kurse für geistige Vitalität  

Fitnessstudios profitieren schon seit längerer Zeit vom Drang nach Gesundheit. Neben körperlicher Fitness wird jetzt auch immer mehr auf die psychische Gesundheit gesetzt. Es werden spezifische Kurse erstellt, Yoga-Lehrer eingesetzt und vor allem viel Werbung mit schon "perfekten Menschen" gemacht.

Doch selbst wenn nur die Mind and Body-Kurse belegt werden wollen, müssen Kunden eine vollwertige Fitnessstudio-Mitgliedschaft zahlen. 5,3 Milliarden Euro machten deutsche Fitnessstudios im letzten Jahr an Umsatz, wobei  die Beliebtheit seit dem Yoga-Boom der letzten Jahre deutlich gestiegen ist. Allein der Markt für Yoga-Bekleidung soll nach Angaben des Global Yoga Apparel  Markets-Bericht bis 2022 um 3,4 Milliarden Dollar steigen. Wohl ebenfalls ein Ergebnis des Hypes um vitale Mentalität.

Wie und wann hilft Yoga?

Super-Food und Präbiotika als Cool-down zum Einnehmen

Um stressfrei zu leben bieten Händler jetzt auch sogenanntes "Brainfood" an. Darin Zutaten für ein gesundes Inneres. Die Superfoods sorgen schon seit einigen Jahren für steigenden Umsatz, obwohl sich Wissenschaftler noch uneins über die tatsächliche Wirkung sind.

"Superfood-Starterpacks" und sogar ganze Kochbücher rund um die Ernährung fürs Gehirn sind bei Gesundheitsfans besonders beliebt.

Firmen wie Omni-Biotic und Braineffect sind auf die Idee gekommen, sogenannte Präbiotika anzubieten, die helfen sollen, "stressige Zeiten zu bewältigen". Die kleinen Kapseln arbeiten mit hilfreichen Bakterien und gelten sogar als Alternative zu Antidepressiva.  Dafür haben sie aber ihren Preis. Die 100 Gramm-Version der Pillenpackung kostet rund 90 Euro.

Stressbekämpfende Gegenstände

Frau im Bett
Ausreichende Erholung durch spezielle Decken soll Stress abbauen Bild: Colourbox

Anscheinend kann man auch übliche Haushaltsgegenstände zu stressreduzierenden Mitteln umwandeln. Eine der innovativeren Ideen stammt zum Beispiel von einer kalifornischen Firma, die Therapiedecken herstellt.

Die Gravity-Decke verspricht durch mehr Gewicht eine "ausreichende Erholung von Körper und Geist" und soll den Stresslevel deutlich verringern. Dafür zahlen Kunden auch gerne mal fast 500 Euro pro Stück.   

Seelische Ruhe durch Beauty-Produkte

Last but not least: die Schönheitsindustrie. Auch hier hat man den Umsatz versprechenden Faktor "Stress" schon längst erkannt. Duft-Augen-Roll-Ons, Anti-Stress-Crèmes, Entspannungsmasken - es gibt kaum noch ein Kosmetikprodukt, von dem es nicht noch eine "Relax-Variante" gibt. Vor allem junge Unternehmen setzen auf Healthy-Make-up, das die Sinne entspannen soll und oft auch mehr als die "normale" Version kostet. Ob diese den gewünschten Effekt haben, ist nicht immer sicher. Jedoch ist klar, dass die Kosmetikbranche mit ihren meistens jüngeren Kunden genau die Zielgruppe des von Yoga und Co faszinierten Lebensstils erreicht.

Vor allem Startups mit innovativen Konzepten profitieren also von innerer Unruhe. Und während der Druck auf die Psyche weiter zunimmt, heißt die Devise für einige Firmen: Je mehr Stress, umso besser.