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Das Geschäft mit den Apps

30. Dezember 2009

Miniprogramme für moderne Hochleistungshandys sind die neue Boombranche der Softwareindustrie. Im Jahr 2009 wurden beim Handel mit den Applikationen weltweit bereits 700 Millionen Euro umgesetzt.

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iPhone (Foto: dpa)
Das Original - Mit dem iPhone veränderte Apple die App-IndustrieBild: AP

Viele Applikationen sind heute noch Gags - zum Beispiel die mobile Suchmaschine für Telefonzellen. Doch jenseits des Hanebüchenen sind die Miniprogramme inzwischen zum Wirtschaftsfaktor geworden. Und zu was für einem: Die Gewinne steigern sich rasant, die App-Industrie erwartet bis zum Jahre 2013 mindestens 15 Milliarden Dollar Umsatz. "Die gesamte Softwareindustrie steht jetzt vor einem bedeutenden Umbruch", sagt Achim Barzcok, Experte für mobile Hardware vom Computermagazin c‘t. "Das Marktvolumen der Apps könnte in den nächsten Jahren die klassischen Desktopanwendungen überholen."

Ein Mann mimt mit seinem iPhone das Bier-Trinken (Foto: dpa)
Zum Wohl - das iBeerBild: DPA

Die App-Industrie profitiert dabei vor allem vom wachsenden Markt für so genannte Smartphones, also mobiler Hochleistungshandys auf denen die Applikationen laufen können. Nach Informationen des internationalen Marktforschungsinstitutes Frost & Sullivan sind weltweit bereits bis zu 355 Millionen Smartphones im Einsatz, und jedes Jahr kommen Millionen hinzu. Und Smartphone-Telefonierer benutzen ihre Telefone für viele Dinge. Alleine Apple hat mit dem AppStore - dort kann man seit 2008 die Applikationen für das iPhone herunterladen - bereits die Verkaufsgrenze von zwei Milliarden Downloads durchbrochen. Auch Apps für die Betriebsysteme von Google, Blackberry und Nokia legten 2009 trotz der Wirtschaftskrise kräftig zu.

Mit TapTapRevenge in den AppStore-Highscore

Jeff Clavier (Foto: SoftTech)
Jeff Clavier (SoftTech VC)Bild: softtechvc.com

Einer der Finanzpioniere der App-Industrie ist Jeff Clavier, ein Risikokapitalgeber aus dem kalifornischen Silicon Valley. Schon früh hat er den entscheidenden Vorteil des AppStore von Apple erkannt. Auch Neulinge können dort großen Erfolg haben, weil sie keine komplexen Vertragsbeziehungen mit Mobilfunkunternehmen eingehen müssen. Im Prinzip kann also jeder seine eigenen Applikationen im AppStore verkaufen.

Mit Geld und Erfahrung hat Clavier geholfen, den Spielehersteller Tapulous aufzubauen. Und als der AppStore im Juli 2008 seine virtuellen Pforten öffnete, war Tapulous gleich mit dabei: "Es war eine Menge Arbeit und fast hätten wir es nicht am ersten Tag in den AppStore geschafft", sagt Clavier. "Doch es hat sich gelohnt: Nach etwa drei Tagen war unser Musikspiel TapTapRevenge die Nummer Eins."

Virtuelle Kühe und mobile Barcode-Scanner

Die Apps sind selten teurer als einen Euro. Das Geschäft lohnt sich vor allem durch den Massenverkauf. Das kann man am Beispiel "Zynga" gut beobachten. Der Computerspielehersteller aus San Francisco verdient Geld mit virtuellen Kühen: Millionen Spieler weltweit betreiben mit dem Spiel "Farmville" einen virtuellen Bauernhof und ackern sich auf Facebook und Handy von Level zu Level. Das Spiel ist zwar kostenlos, doch eine virtuelle Kuh kostet etwa 15 Eurocent. Und Millionen Menschen kaufen sich eine. Mit seinen mobilen Miniprogrammen verdient "Zynga" nach Informationen des Wirtschaftsmagazins "Business Week" inzwischen 100 Millionen Dollar pro Jahr. Dabei gibt es das Unternehmen erst seit 2007. Zynga hat damit schneller schwarze Zahlen geschrieben als Google. Willkommen in der wundersamen Welt der App-Industrie.

Computergrafik einer Farm mit Tieren, Menschen und einem Traktor (Grafik: Zynga)
Bauernhof in FarmvilleBild: Zynga

Doch neben dem Entertainmentbereich entwickeln sich die Apps heute auch verstärkt zu sinnvollen Alltagswerkzeugen im Informationszeitalter. Oft wird der Funktionsumfang der Smartphones eindrucksvoll erweitert. Zum Beispiel mit einer mobilen Version der eigenen Firmensoftware, mit Navigationsprogrammen oder mit Spracherkennung. Und auch damit lässt sich Geld verdienen. Mit dem Barcodescanner von "RedLaser" kann man beispielsweise im Supermarkt Preise vergleichen. Und nach wenigen Monaten hat "RedLaser" mit dieser Applikation fast eine Million Dollar eingenommen.

Ein großes Thema ist die Kompatibilität

Weil die Applikationen meist gezielt für ein Betriebssystem entwickelt werden, sind dem Wachstum der vielen neuen App-Studios aber erst einmal natürliche Grenzen gesetzt. Ein großes Thema ist im Augenblick deshalb die Kompatibilität zwischen den verschiedenen Plattformen. Clavier beispielsweise würde TapTapRevenge gerne auch auf Handys mit dem Google-Betriebsystem Android sehen: "An dem Tag, an dem uns ein Android-Handy dieselben Möglichkeiten bietet wie das iPhone, werden wir auch für Android produzieren."

(Grafik: DW-Grafik)

Also rosige Aussichten für Zynga, Tapulous und Co.? Die steigenden Umsätze sprechen dafür. Trotzdem sieht c’t-Experte Barzcok die jungen App-Studios nun vor einer großen Bewährungsprobe. Die Pionierphase sei vorbei, und die Großen würden die App-Industrie jetzt sehr ernst nehmen: "Die Neulinge auf dem Markt hatten spezifische Stärken. Spannend ist die Frage, wer im nächsten Jahr in den Appstores Programme verkauft."

Autor: Martin Heidelberger

Redaktion: Klaus Ulrich