1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das größte Radioteleskop der Welt - in Afrika?

17. Juni 2010

Radioastronomen planen ein gigantisches Projekt: 1000 Schüsseln von je zwölf Metern Durchmesser sollen über einen ganzen Kontinent verteilt werden. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dies in Afrika realisiert wird.

https://p.dw.com/p/Nsnw
Radioteleskop (Foto: dpa Zentralbild)
Bild: dpa Zentralbild

"Square Kilometer Array" (SKA) nennen die Astronomen dieses Vorhaben, das etwa 1,5 Milliarden Euro kosten wird und damit in der gleichen Liga spielen soll wie der größte Teilchenbeschleuniger der Welt am Europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf oder das gigantische Kernfusionsexperiment ITER im französischen Cadarache. Ziel ist es, mit all den Radioteleskopschüsseln gleichzeitig ins All zu horchen und so die Rätsel der Sternentstehung zu ergründen, nach fernen erdähnlichen Planeten zu suchen und die Grenzen von Albert Einsteins Relativitätstheorie auszuloten.

Doch derzeit steht für die Wissenschaftler eine ganz andere Frage im Vordergrund: Wo soll die gigantische Teleskop-Anordnung gebaut werden? Im Bieterwettbewerb sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen: Australien und Afrika.

Erhält Afrika den Zuschlag, wird der größte Teil der Radioteleskopschüsseln in der Wüste Südafrikas aufgebaut, dazu kleinere Installationen in Ghana und Kenia, auf Maritius und Madagaskar, in Mosambik, Namibia, Sambia und Botswana. "Die Fussballweltmeisterschaft hat Afrikas Küstenlinie in Sachen Internet revolutioniert", erklärt Gordon MacLeod vom südafrikanischen Wissenschaftsministerium. "Mit dem SKA werden wir diese Entwicklung weiter vorantreiben und viele Städte und Gemeinden mit schnellen Internetverbindungen versorgen."

Mehrere Radioteleskope (Foto: picture alliance/dpa)
Mit einem Radioteleskop werden astronomische Objekte beobachtet, die elektromagnetische Wellen im Spektralbereich der Radiowellen ausstrahlenBild: picture-alliance / dpa

Lange wurde die afrikanische Bewerbung von den Fachleuten weltweit nicht wirklich ernst genommen, und alle glaubten, dass Australien mit seiner langen Tradition in der Astronomie und einer hervorragenden Infrastruktur das Rennen schon machen würde. Doch dann entschloss sich Südafrikas Präsident Jacob Zuma zu einer eindrucksvollen Maßnahme: Er legte 180 Millionen Euro auf den Tisch.

Astronomie als Entwicklungsprogramm für Afrika

Mit dem Geld bauen MacLeod und seine Kollegen jetzt vorab eine Installation in Südafrika mit 80 Schüsseln auf - und nicht nur das. Sie wollen bereits dieses Vorläuferprojekt zu einem Jobmotor für Südafrika entwickeln. "Wir gründen gerade eine Firma, die das alles anschieben wird: Die Information der Bevölkerung, die alternative Energietechnik, die Versorgung der Dörfer mit Strom und den Zugang zum Netz", erklärt MacLeod begeistert. Er rechnet damit, dass auf diese Weise viele kleine Firmen gegründet werden, welche die neue Infrastruktur nutzen. "All das wird schon da sein, bevor unsere 80 Teleskope die Arbeit aufnehmen."

Radioastronomie als Entwicklungsprogramm. So könnte es am Ende gelingen, den Nachteil der afrikanischen Bewerbung in einen Vorteil umzumünzen, meint auch Charles McGruder, Sprecher der Vereinigung Schwarzer Physiker in den USA, welche die afrikanische Bewerbung durch intensive Lobbyarbeit unterstützt. Er glaubt, dass das SKA überhaupt nur gebaut wird, wenn Afrika den Zuschlag erhält. "Wenn man das Projekt nur mit Wissenschaft begründen will, wird man Politiker nicht unbedingt überzeugen können", erklärt McGruder, der an der Western Kentucky University in den USA arbeitet. Die afrikanische Kandidatur habe aber noch eine entscheidende zusätzliche Komponente: "Es geht hier darum, die Entwicklung Afrikas voranzubringen."

Die Australier halten dagegen, dass ihre Pläne deutlich ausgereifter und risikoärmer sind. Um auch ihrer Bewerbung Nachdruck zu verleihen, hat wiederum die australische Regierung Geld auf den Tisch gelegt: 33 Millionen Euro für Solaranlagen und Geothermie – damit die Stromversorgung des "Square Kilometer Arrays" aus sauberen Energiequellen stammt.

Eine Entscheidung über die Standortfrage für das SKA soll im Jahr 2012 fallen.

Autor: Jan Lublinski
Redaktion: Judith Hartl