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Griechenland hat einen neuen Übergangsregierungschef

11. November 2011

Nach langem Ringen hat Griechenland einen neuen Regierungschef: den parteilosen Finanzexperten Papademos. Spiros Moskovou bezweifelt aber, dass er sich gegen die parteipolitischen Interessen durchsetzen kann.

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Bild: DW

Ist die Wahl des langjährigen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank Lucas Papademos zum Chef der Übergangsregierung ein Grund zum Aufatmen? Ist Griechenland jetzt vor der endgültigen Pleite gerettet? Sind die Turbulenzen in der Eurozone überwunden? Keineswegs.

Nur eine Notlösung

Papademos mag ein brillanter Finanzexperte sein, aber er wird nicht von einem tatsächlichen nationalen Konsens getragen, sondern von drei Parteien, die zähneknirschend zur Kooperation verdammt sind, damit die absolute Katastrophe in letzter Minute vermieden wird.

Spiros Moskovou, Leiter der Griechischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Spiros Moskovou, Leiter der Griechischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

Die noch regierende sozialistische PASOK von Giorgos Papandreou, die konservative Neue Demokratie von Antonis Samaras als größte Oppositionspartei und die kleine rechte Partei LAOS von Giorgos Karatzaferis müssen sich in den nächsten Wochen der Verantwortung stellen. Doch nach der Vereidigung der neuen Regierung werden sie bestimmt wieder eine Lauerposition einnehmen - mit Blick auf die Neuwahlen, die vorerst für den 19. Februar 2012 angekündigt sind.

Die Verzögerungen, die Pannen, die Hinhaltetaktik der großen Parteien in Athen während der Suche nach der "Rettung des Landes" haben noch einmal gezeigt, dass das bisherige politische System Griechenlands ausgedient hat. Es ist in einem ausweglosen Teufelskreis von Klientelismus und Selbstbedienung verfangen und mit leeren ideologischen Etiketten verbrämt. Das war auch in den vergangenen drei Jahrzehnten so. Während der zwei vergangenen Jahre aber haben die Schuldenkrise und die Schwierigkeiten der Eurozone dieses ineffiziente System entlarvt. Die beispiellose Unfähigkeit, die Probleme anzupacken und aktiv an deren Lösung zu arbeiten, hat inzwischen große Teile der griechischen Gesellschaft in Wut und Verzweiflung gestürzt.

Wenig Spielraum für die Interimsregierung

Keine gute Voraussetzung für die frischgebackene Regierung Papademos. Die schon getroffenen Sparmaßnahmen greifen nicht, die Reichen bleiben unberührt, die Armen müssen bluten, der aufgeblähte öffentliche Sektor widersetzt sich den Strukturreformen, die Gewerkschaften sind weiter kampfbereit. In diesem Klima der Unzufriedenheit wird es extrem schwierig für eine kurzlebige Interimsregierung, die innere Front zu beruhigen, das Vertrauen der irritierten europäischen Partner zurückzugewinnen, die Beschlüsse der EU umzusetzen und die Verhandlungen mit dem privaten Sektor zum griechischen Schuldenschnitt zu führen. Die griechischen Turbulenzen sind nur kurzfristig vorbei. Es ist ratsam, die Gürtel weiter angeschnallt zu halten.

Autor: Spiros Moskovou
Redaktion: Blagorodna Grigorova