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Das Projekt

12. August 2015

Nie waren seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Oft ist für diejenigen, die es bis nach Deutschland schaffen, die Ankunft im Lager Friedland der Beginn eines neuen Lebens.

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Eine Gruppe von syrischen Flüchtlingen kommt am Flughafen Hannover an, erschöpft, aber glücklich und voller Hoffnung, nach Jahren auf der Flucht und einem Leben in Lagern im Libanon. Mit Bussen werden sie in das Erstaufnahmelager Friedland gebracht.

Wir begleiten drei dieser Familien während ihres Aufenthalts in Friedland. Die Menschen erzählen von ihrer Flucht und den Gründen dafür, von dramatischen Verlusten und den Zuständen in ihrer zerstörten Heimat. Sie lernen Grundzüge der deutschen Sprache und werden in Kursen mit den wichtigsten Gegebenheiten in Deutschland vertraut gemacht. Sie staunen oft, am meisten über das Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - das sei in ihrer Heimat einfach unvorstellbar. Fast alle haben Angst um ihre Familienmitglieder, die noch immer im Libanon oder in Syrien sind.

11.08.2015 DW Doku Syrische Flüchtlinge kommen in Friedland an
Die Zukunft ist für viele Flüchtlinge ungewiss.


Neben den syrischen Familien begleiten wir Asylbewerber aus Eritrea, Afghanistan und Pakistan, die in der Hoffnung auf Bleiberecht im Lager Friedland leben. Sie sind oft unter lebensbedrohlichen Umständen mit Schleusern nach Deutschland gekommen, haben das Mittelmeer oder reißende Flüsse in Schlauchbooten überquert und Freunde ertrinken sehen, haben alles in Kauf genommen, weil die Bedrohung in ihrer Heimat noch größer war. Sie erzählen ihre dramatischen Erlebnisse, aber auch von der quälenden Ungewissheit und der Angst, abgeschoben zu werden in die Heimat, oder in jenes Land in Europa, wo sie zuerst ihre Fingerabdrücke hinterlassen haben. Oft erfuhren sie auch dort Misshandlungen und Gefängnis; besonders berüchtigt sind Bulgarien, Griechenland und Malta. Ein Palästinenser aus Syrien bricht schon bei der Erinnerung an Malta in Tränen aus; eine junge Afghanin sagt, dass sie in ihrem Heimatland gesteinigt werden würde, weil sie den alten Mann, mit dem sie als Kind zwangsverheiratet wurde, verlassen hat.

11.08.2015 DW Doku Das idyllische Friedland hat sieben Jahrzehnte an Fluchtgeschichten miterlebt
Das idyllische Friedland hat sieben Jahrzehnte an Fluchtgeschichten miterlebt.


Roter Faden des Films ist der Alltag im Lager Friedland heute. Die Sprachkurse und Beratungen, die Ausflüge ins nahe Göttingen, das Kinderhaus und die Schule, die Spiel- und Sportplätze, wo alle zusammentreffen. Muslime leben auf engstem Raum mit jüdischen und christlichen Familien. Es entstehen Freundschaften und Liebesgeschichten. Es sei, so sagt Wafaa aus Damaskus, fast wie früher zu Hause, bevor dort alle verrückt geworden seien, wo man friedlich zusammengelebt habe und niemand sich darum gekümmert habe, ob der Nachbar Moslem oder Christ sei…

11.08.2015 DW Doku Deutsch lernen ist nicht so einfach
Deutsch lernen ist nicht so einfach.


Verknüpft werden die heutigen Geschichten mit Erzählungen aus der Vergangenheit. Deutsche, die in der Anfangszeit des Lagers in Friedland waren, erzählen von ihren Erinnerungen. Zum Beispiel Annelie Keil, die 1947 nach einer dramatischen Flucht aus Polen als Kind nach Friedland kam. Sie kann sehr gut nachvollziehen, wie wichtig ein solcher Ort für ein kurzes Atemholen in Sicherheit ist – weil sie es selbst erlebt hat. Der Film ist eine Innenansicht eines offenen Spalts in der „Festung Europa“. Er erzählt aber auch von einer Zeit, in der Deutsche selbst hilfsbedürftige Flüchtlinge und gleichzeitig Schuldige eines verheerenden Krieges waren.

11.08.2015 DW Doku Annelie Keil erinnert sich an ihre eigene Ankunft im Lager
Annelie Keil erinnert sich an ihre eigene Ankunft im Lager

Ein Dokumentarfilm von Frauke Sandig, 85 Minuten, Koproduktion Deutsche Welle und NDR