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Das Spiel ums große Geld

Dirk Kaufmann26. Juli 2012

Die Olympischen Spiele gehören zu den größten Sportereignissen überhaupt. Damit lässt sich sehr viel Geld verdienen, denn weltweite Aufmerksamkeit ist garantiert. Doch wer profitiert am Ende wirklich?

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A British Royal Marine abseils from a helicopter with the Olympic Flame into the grounds of the Tower of London during Day 63 of the Torch Relay in central London July 20, 2012. The London 2012 Olympic Games will start in a week's time. REUTERS/Pool/ (BRITAIN - Tags: SPORT OLYMPICS TPX IMAGES OF THE DAY)
Olympia LondonBild: Reuters

"Dabei sein ist alles" ist das wohl bekannteste olympische Motto. Für die Athleten soll das heißen: Egal ob du Gold gewinnst oder nicht, Hauptsache, du bist dabei. Das Motto gilt aber auf jeden Fall für die Sponsoren, die bei Olympia "Partner" heißen. Das klingt großzügiger und nicht so geschäftsmäßig. International tätige Konzerne zahlen Geld, um als Partner des IOC, des Internationalen Olympischen Komitees, genannt zu werden.

Lohnt sich das für Weltfirmen überhaupt? Henning Vöpel, Ökonom am Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), hält den Marketingeffekt für "relativ gering". Weltfirmen seien schon bekannt genug und hätten bereits ein definiertes Image. Aber, sagt er im Gespräch mit DW, sie können es sich gar nicht leisten, auf ein Olympia-Engagement zu verzichten. Sie würden nämlich "sofort durch einen Konkurrenten ersetzt. Sie müssen dabei bleiben."

Das olympische Engagement zahlt sich allerdings nicht in barer Münze aus. Das IOC selbst hat errechnet, dass seine Partner ihren Börsenwert nicht unbedingt steigern, wenn sie als Sponsoren auftreten. Einigen Firmen ist das schon gelungen, Visa-Aktien etwa legten nach IOC-Angaben um 24 Prozent zu. Andere, wie zum Beispiel Acer oder Panasonic, mussten zusehen, wie der Wert ihrer Aktien in den Keller ging. Tatsächlich sind eher immaterielle, sogenannte weiche Werte für die Partner attraktiv: Sie werden mit einem Ereignis identifiziert, das Jugendlichkeit, Lockerheit und Freude ausstrahlt - und das weltweit.

Blick vom London Eye-Riesenrad über die Themse und die Westminster Brücke auf die Houses of Parliament im Westminster Palast und den Uhrenturm Big Ben im Juli 2004. Foto: Martin Keene/PA dpa
London ist immer eine Reise wert. Doch kommen jetzt wegen Olympia vielleicht weniger Städtereisende?Bild: picture-alliance/dpa

"Goldesel" Olympia?

Englands Premierminister David Cameron hat versprochen, dass die Spiele der englischen Wirtschaft Mehreinnahmen in Höhe von 17 Milliarden Euro bescheren würden. Diese Aussage ist in England mit großer Zurückhaltung und allenfalls mildem Spott aufgenommen worden.

Der Konjunktur auf der Insel würde ein Anschub sicher gut tun, ist sie in diesem Jahr doch in die Rezession gerutscht. Aber nach einer Konjunkturspritze sieht es momentan gar nicht aus. Die Bank of England erwartet, dass das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent im dritten Quartal ansteigen könnte, wenn die Spiele so erfolgreich verlaufen wie die von Sydney im Jahr 2000. Allerdings, so die Analysten, werde dieser Zuwachs im vierten Quartal wieder aufgefressen - ein wirtschaftlicher Aufschwung sei nicht zu erwarten.

Teure Betten schon billiger

Auch Henning Vöpel ist skeptisch. Dass zum Beispiel die Tourismus-Branche von den Spielen profitieren kann, glaubt er nicht. Es werde eher so kommen, "dass der Olympiatourismus den normalen Tourismus verdrängt." Viele Touristen würden ihren Londontrip verschieben oder wegbleiben, weil sie keinen "Event-Aufschlag" für ihre sowieso schon teure Unterkunft bezahlen wollen oder können. Daher ist Vöpel sicher, "dass der touristische Effekt gering ausfällt."

Das Online-Buchungsportal Hotels.com räumte schon eine Woche vor Beginn der Spiele ein, dass die Nachfrage nach Hotelzimmern geringer ausfällt als vorhergesagt. Die Hotelpreise seien bereits um ein Viertel gesunken.

Kein Zoo voller weißer Elefanten

"Weiße Elefanten" befürchtet Henning Vöpel wenigstens nicht. Weiße Elefanten sind Stadien, die nach den Spielen nicht mehr genutzt werden können. In London gibt es aber einerseits bereits viele Wettkampfstätten, die lediglich modernisiert werden mussten, ohne dass Neubauten erforderlich waren. Andererseits ist die Nachfrage in der Hauptstadt groß: Allein in London gibt es mehr als ein Dutzend Fußballvereine, die in den verschiedenen englischen Profiligen spielen. Die Gefahr, dass eine Wettkampfstätte nach den Spielen nicht mehr genutzt werden kann, ist also gering.

Das sei vor vier Jahren noch anders gewesen, sagt Vöpel. Das Olympiastadion in Peking hatte zurückgebaut werden müssen, weil das Stadion zu groß ist und die Wartungs- und Betriebskosten zu hoch sind. In London aber könne "ein Teil der Infrastruktur noch nachhaltig genutzt werden."

100 Millionen für einen Zaun

Portrait Prof. Dr. Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Public Relations Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (HWWI) Hamburg Institute of International Economics
Henning Vöpel : "Das IOC verdient immer."Bild: HWWI

Die Sicherheit bei London2012 garantieren nicht nur Tausende Polizisten, sondern auch mehr als 18.000 Soldaten. So liegt auf der Themse mitten in der Stadt ein Kriegsschiff vor Anker, von dem aus Hubschrauber aufsteigen und in kürzester Zeit jeden Punkt in der Stadt anfliegen können. Aber Investitionen in die Sicherheit sind, anders als Investitionen in die Infrastruktur, nicht nachhaltig. Wer braucht nach den Spielen noch den 17 Kilometer langen Elektrozaun, der den Olympia-Park umgibt, und der rund 100 Millionen Euro kostet?

Der ewige Gewinner

Der erste Sieger der Olympischen Spiele steht bereits fest: Das IOC, der Veranstalter. Für Henning Vöpel kein Wunder, denn das IOC steht "am Ende jeder Austragung von Olympischen Spielen als Gewinner da".  Es kassiert von den Sponsoren und kann gleichzeitig die Infrastruktur-Investitionen dem Ausrichter überlassen. Da das IOC die Rechte am Ereignis hält, kann es auch auf dem Medienmarkt groß absahnen. Die US-Fernsehanstalt NBC Universal etwa hat für das Recht, die Spiele von London2012 in die amerikanischen Wohnzimmer übertragen zu dürfen, 1,18 Milliarden Dollar an das IOC überwiesen.

Für Henning Vöpel ist es sehr fraglich, ob ein Engagement bei Olympia auch kommerziellen Erfolg verspricht. Alle, außer das IOC, müssten schon "sehr genau kalkulieren, ob sie von Olympischen Spielen profitieren können. Das gilt sowohl für die Sponsoren als auch für die Ausrichterstädte."