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Das Urteil im "Fettecke-Prozess"

30. Dezember 2011

Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hat das Urteil in einem ungewöhnlichen Urheberrechtsstreit gesprochen: Fotos gelten als Bearbeitung eines Kunstwerks.

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Joseph Beuys, Professor an der Kunstakademie Duesselsdorf (Archivfoto 1977: AP)
Joseph BeuysBild: AP

Für viele Zuschauer war es am 11. Dezember 1964 eine befremdliche Ausgabe der ZDF-Sendung "Die Drehscheibe". Der skandalträchtige Künstler Joseph Beuys erstellte in einem Bretterverschlag eine seiner berühmten Fettecken. Mit Margarine-Packungen und Schokolade bemalte er ein Transparent und verlängerte einen Spazierstock mit Fett. Ein Fotograf hielt die exzentrische Performance in Bildern fest. Fast ein halbes Jahrhundert später hat Beuys' Witwe Eva dem Beuys-Museum Moyland am Niederrhein untersagt, diese Fotos auszustellen, und damit einen seltsamen Urheberrechtsstreit ausgelöst.

Sind Fotos eigenständige Kunstwerke?

Aussenansicht von Schloss Moyland in Bedburg-Hau bei Kalkar am Freitag, 7. Maerz 2003 (Foto: AP)
Museum Schloss MoylandBild: AP

Die Aktion ist fast 50 Jahre her, der Künstler selbst und der Fotograf sind inzwischen tot. Seit fast drei Jahren streiten sich das Beuys-Museum und Eva Beuys um das Urheberrecht an den Fotos. Es gehe ihr nicht um zusätzliche Kontrolle, versichert Eva Beuys, ihr sei nur wichtig, dass die Kunst ihres Mannes werkgetreu behandelt werde. Diese sei als Aktionskunst gedacht gewesen und nicht als statische fotografische Darstellung. Das Museum hätte daher die Erlaubnis zur Ausstellung einholen müssen, so die Witwe. "Es fehlen Ton, Handlung und Musik der Aktion", meint dagegen der Anwalt des Beuys-Museums, Simon Bergmann, und sieht darin das Recht, die Bilder auch ohne Genehmigung ausstellen zu dürfen. Es gehe hier um zwei Urheberrechte: die von Fotografen und die von Künstlern.

"Das Museum boykottieren"

Eva Beuys Witwe des 1986 verstorbenen Kuenstlers Joseph Beuys
Eva BeuysBild: AP

Es ist allerdings nicht die erste Auseinandersetzung der Witwe mit dem Museum. Schon mehrmals habe sie ihre Einwilligung verweigert, wenn es darum ging, Werke ihres Mannes für das Museum zu fotografieren, erklärt Museums-Anwalt Bergmann. Dazu komme ihre öffentliche Ankündigung, "die Veröffentlichungspolitik des Museums zu boykottieren". Auch die Verwendung von Fotos für Kataloge etwa habe sie mehrmals abgelehnt.

Das Urteil und die Folgen

Jetzt hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in zweiter Instanz eine frühere Entscheidung bestätigt: Die Witwe von Joseph Beuys kann das Ausstellen von Fotos einer Kunstaktion ihres Mannes auch weiterhin verbieten. Ein weitreichender Urteilsspruch für Fotografen. So bestätigte das Gericht die Auffassung, dass die Fotos der Aktion als Bearbeitung des Kunstwerks selbst gelten. Und dass nicht der Fotograf oder die Besitzer der Fotos über eine Ausstellung entscheiden dürfen. Damit unterlag das Beuys-Museum Schloss Moyland Eva Beuys.

Autorin: Gudrun Stegen
Redaktion: Cornelia Rabitz