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Das Verfahren zum Parteiverbot

Wolfgang Dick1. März 2016

An diesem Dienstag beginnt der zweite Anlauf, die rechtsextreme Partei NPD zu verbieten. Verhandelt wird vor dem Bundesverfassungsgericht. Für das Verfahren gelten strenge Regeln.

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Richterhammer (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Alle Parteien sind in Deutschland als Garant und Ausdruck lebendiger Demokratie besonders geschützt. Nach den Erfahrungen der Diktatur unter Adolf Hitler sollten in der Bundesrepublik Parteien den Wählerwillen bündeln und Meinungsvielfalt in einer Demokratie garantieren. Hohe Hürden wurden für Parteiverbote errichtet.

Voraussetzung für Parteiverbote

Eine Partei muss in ihrem Denken und Handeln aktiv kämpferisch oder aggressiv "die freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigen, oder beseitigen wollen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Für den Nachweis dieser Verfassungsfeindlichkeit müssen über einen längeren Zeitraum konkrete Belege gesammelt werden und vor Gericht bestehen.

Antragsteller und Entscheider

Keine Einzelperson, kein Bundeskanzler, auch keine Partei, die sich so eines unliebsamen politischen Wettbewerbers entledigen könnte. Einzig das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat die Befugnis über ein Parteiverbot nach klaren Rechtsvorschriften zu entscheiden. Dazu gehört: Ein Urteil kann nur gefällt werden, wenn zwei Drittel der entscheidenden Richter ein Parteiverbot als rechtmäßig ansehen. Beantragen kann ein solches Verfahren nur ein Verfassungsorgan, also der Bundestag, Bundesrat oder die Bundesregierung. Sie können zusammen oder auch einzeln auftreten. Sie müssen eine ausführliche Begründung und stichhaltige Beweise einreichen. Diese werden streng vorgeprüft, bevor ein Verfahren überhaupt eröffnet werden kann.

Folgen eines Parteiverbots

Die verbotene Partei darf keine Nachfolge oder Ersatzpartei schaffen. Sie wird komplett mit all ihren Strukturen aufgelöst. Das Vermögen der Partei kann eingezogen werden.

Zweiter Senat des BVerfG (Foto: dpa)
Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts wird sich mit dem NPD-Verbot beschäftigenBild: picture-alliance/dpa/Uli Deck

Bisherige Parteiverbote

Es gab zwei in den jungen Jahren der Bundesrepublik. 1952 wurde die "Sozialistische Reichspartei" (SRP) untersagt und aufgelöst. Die Partei trat damals ganz offen in der Tradition der Nationalsozialisten und ihrer NSDAP auf. Die SRP sah zum Beispiel immer noch die "Lösung der Judenfrage" als "notwendig" an. Gegen etliche Parteimitglieder standen entsprechende Strafverfahren an.

1957 folgte das Verbot der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Sie hatte zum "revolutionären Sturz" des ersten Bundeskanzlers, dem so genannten "Adenauer-Regime" aufgerufen. Die Partei verstand sich als "Kampfpartei", lehnte freie Meinungsäußerung ab, verhöhnte die neue Verfassungsordnung und sah "keinen friedlichen Weg zum Sozialismus". Angestrebt war eine "Diktatur des Proletariats" - mit einer freiheitlichen Demokratie völlig unvereinbar.

Erster Versuch zum NPD-Verbot

Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung hatten ein NPD-Verbot bereits im Jahr 2001 angestrebt. 2003 stellte das Bundesverfassungsgericht aber das Verfahren ein. Begründung: Der Verfassungsschutz und damit eine hohe staatliche Institution hatte Verbindungsleute (V-Leute) in die Führungsebene der Partei eingeschleust. Sie sollten eigentlich nur Informationen sammeln und über Aktivitäten berichten. Mit ihrer Positionierung hätten aber Vertreter des klagenden Staates selbst Fakten und Beweise schaffen oder beeinflussen können, aufgrund derer man die NPD hätte verbieten können. Das lehnten die Richter ab, verhandelten nicht und prüften auch nicht, ob es sich bei der NPD um eine verfassungsfeindliche Partei handeln könnte.

Zweiter Anlauf zum NPD-Verbot

Ende 2013 beantragte nur die Vertretung der Bundesländer, der Bundesrat, erneut ein Verbotsverfahren, über das jetzt entschieden werden soll. Die so genannten V-Leute des Verfassungsschutzes seien "abgeschaltet" worden oder ausgeschieden, hunderte Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD seien frei und unabhängig gesammelt worden, sagen die Antragsteller. Kritiker bezweifeln allerdings, dass der Bundesrat der NPD auch die Zusatzvoraussetzung einer "kämpferischen, aggressiven Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" nachweisen kann.