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Das Volk soll den Chef wählen

14. Oktober 2012

Die Islamisten in Tunesien haben ihren Koalitionspartnern nachgegeben: Entgegen den bisherigen Vorstellungen der Ennahda-Partei soll die künftige Verfassung des Landes die Direktwahl des Staatspräsidenten vorschreiben.

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Blick auf die Verfassunggebende Versammlung in Tunesien Foto: Getty Images/AFP)
Bild: Getty Images/AFP

In Tunesien hat sich die regierende Koalition auf Eckpunkte für das künftige politische System verständigt. Die drei Parteien teilten gemeinsam mit, dass nach der künftigen Verfassung der Staatspräsident direkt gewählt werden solle, "um eine besseres Gleichgewicht der Gewalten der Exekutive zu erreichen". Die stärkste Kraft, die islamistische Ennahda-Partei, hatte bisher für ein System plädiert, in dem das Parlament die größte Macht hat. Dagegen wollten der linksnationale "Kongress für die Republik" und die Mitte-Links-Partei Ettakatol einen Präsidenten mit weitgehenden Befugnissen. Der Termin für die ersten Präsidenten- und Parlamentswahlen wurde für den 23. Juni 2013 festgelegt, die Stichwahl für den Präsidenten soll am 7. Juli erfolgen.

Vorgesehen sind ferner ein Verfassungsgericht, eine unabhängige Wahlkommission sowie eine Kommission zur Überwachung der audiovisuellen Medien. Die Übereinkunft soll im November der Verfassunggebenden Versammlung vorgelegt werden. Dort verfügt die Koalition über die Mehrheit.

Gotteslästerung vermutlich kein Straftatbestand

Die Erarbeitung einer neuen tunesischen Verfassung sollte nach den ursprünglichen Plänen längst beendet sein. Weil die drei Regierungsparteien jedoch stark unterschiedliche ideologische Ausrichtungen haben, verzögerte sich die Arbeit der Verfassungsgebenden Versammlung deutlich. Die Opposition hegte den Verdacht, die Koalitionsparteien wollten den Übergang zu einer neuen Verfassung mit anschließenden Neuwahlen hinauszögern.

Der Präsident der Verfassunggebenden Versammlung in Tunesien, Mustafa Ben Jaafar (Foto: AP)
Der Präsident der Verfassunggebenden Versammlung, Ben JaafarBild: AP

Bereits vor wenigen Tagen hatte der Präsident der Versammlung, Mustapha Ben Jaafar, mitgeteilt, dass Gotteslästerung vermutlich doch nicht unter Strafe gestellt werde. Ein entsprechender Straftatbestand solle weder in die Verfassung noch ins Strafrecht aufgenommen werden, sagte Ben Jaafar, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Dies liege nicht daran, dass man mit Gotteslästerung einverstanden sei, sondern daran, dass Gotteslästerung so schwer zu definieren sei. Dies werde auch die Ennahda einsehen. Die Islamisten hatten im Juli vorgeschlagen, Gotteslästerung in die Verfassung und in das Strafrecht aufzunehmen und mit Haft zu bestrafen. Ben Jaafar selbst gehört der Partei Ettakatol an.

sti/GD (afp, rtr)