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Die große Revanche

2. Juli 2010

Die Begegnung Deutschland – Argentinien ist ein Fußball-Klassiker, zuletzt trafen beide Mannschaften im Viertelfinale der Weltmeisterschaft 2006 aufeinander. Was denken die Argentinier vor dem Spiel?

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Fanartikel-Verkauf auf der Avenida Santa Fe in Buenos Aires (Foto: DW / Victoria Eglau)
Vor dem Klassiker: Fanartikel-Verkauf in Buenos AiresBild: Victoria Eglau

Ein kleiner Park in Palermo, einem Stadtviertel von Buenos Aires. Ein paar Jungen zwischen zehn und dreizehn treten einen Ball hin und her. Ab und zu bleiben sie stehen und diskutieren: über das bevorstehende WM-Viertelfinale Argentinien gegen Deutschland. "Ich bin sehr aufgeregt, das Spiel ist sehr wichtig", meint ein blonder Siebtklässler. "Schließlich haben uns die Deutschen im Viertelfinale 2006 rausgeworfen." Das werde die große Revanche, mischt sich sein Freund ein. Ein Mädchen ruft, die Deutschen seien Schummler, und einem dunkelhaarigen Knirps fällt der Spickzettel des deutschen Ex-Torhüters Jens Lehmann beim Elfmeter-Schießen vor vier Jahren ein: "Ich habe gehört, dass der Zettel jetzt in einem Museum liegt", sagt er und zeigt sich optimistisch, dass Argentinien dieses Mal gewinnen wird: "Beide könnten es schaffen, aber ich glaube, dass Argentinien Deutschland schlagen wird. Glücklicherweise ist Ballack nicht dabei. Aber, na ja, dafür Klose, und Özil..."

Angst vor den Deutschen

Kioskbesitzer Hector in Buenos Aires (Foto: DW / Victoria Eglau)
"Ich werde zu nervös": Kioskbesitzer Hector erträgt das Duell nur im RadioBild: Victoria Eglau

Weniger zuversichtlich als der gut informierte junge Kicker ist Hector, der ein paar Meter entfernt in seinem Zeitungskiosk steht. Es werde schwierig. "Die Deutschen spielen sehr solide und sind sehr gut gerüstet. Unsere Mannschaft hat Probleme mit der Verteidigung, auch wenn der Sturm gut ist." Hector wird das Spiel nicht im Fernsehen schauen, sondern das Radio anschalten. "Ich werde zu nervös, ich muss hin- und herlaufen", gesteht er. Auch der Sportjournalist Juan José Panno von der argentinischen Tageszeitung Página 12 spricht offen über seine Gefühle vor der Neuauflage des Viertelfinales von 2006. "Im Fußball haben wir Argentinier Angst vor den Deutschen. Wir sind ein ziemlich spezielles Volk: mal glauben wir, dass wir die Allerbesten, mal, dass wir die Schlechtesten sind." Die Deutschen hätten während dieser WM zwar Höhen und Tiefen gezeigt, meint Panno, aber im Achtelfinale gegen England seien sie absolut überlegen gewesen. "Argentinien hat gegen Mexiko gar nicht gut gespielt, auch wenn wir gewonnen haben."

Der argentinische Spieler Gabriel Heinze greift nach der Niederlage gegen Deutschland im WM-Viertelfinale 2006 den deutschen Team-Manager Oliver Bierhoff an
"Revanche für 2006": Bei der WM in Deutschland unterlag Argentinien beim Elfmeterschießen gegen den Gastgeber im Viertelfinale - die argentinischen Spieler reagierten robustBild: AP

Erinnerung an Mexiko 1986

Stolz und einen felsenfesten Willen habe die deutsche Mannschaft, deshalb müsse man Respekt vor ihr haben, glaubt Sportreporter Juan José Panno. Für ihn ist die Begegnung Argentinien versus Deutschland längst ein Fußball-Klassiker, viele Spiele hat er selbst im Stadion verfolgt. Besonders gern denkt Panno an den argentinischen Sieg beim Weltmeisterschafts-Finale 1986 in Mexiko zurück: "Wunderbar hat Argentinien damals gespielt. Aber bei jenem Spiel hat sich gezeigt, dass man gegen Deutschland niemals nachlassen darf. Wir führten schon zwei zu null, da glichen die Deutschen mit zwei Toren aus." Glücklicherweise, sagt Panno, habe der deutsche Torwart Toni Schumacher viel zu spät reagiert, als Jorge Burruchaga den dritten Treffer für Argentinien landete. Die Jubel-Übertragung vom Endspiel 1986 hört man in Argentinien dieser Tage wieder häufig im Radio, historische Bilder werden im Fernsehen gezeigt.

Vertrauen in "Goldjunge" Maradona

Sportjournalist Juan José Panno von der Tageszeitung "Página 12", (Foto: DW / Victoria Eglau)
"Ich habe Angst": Sportjournalist PannoBild: DW

Diego Maradona nahm damals als Team-Kapitän den Pokal entgegen. Jetzt will er als técnico, als Nationaltrainer, die Argentinier erneut zum WM-Sieg führen. Sportreporter Juan José Panno ist überzeugt: "Was Maradona anfasst, kann er in Gold verwandeln." Die Argentinier hätten das Gefühl, Maradona sei zu allem fähig, obwohl er als Coach nicht viel Erfahrung habe und auch schon Fehler gemacht habe, meint Panno. "Die Leute hier glauben, dass Argentinien mit Maradona Weltmeister werden kann. Und er hat ja tatsächlich gute Spieler ausgesucht." Zurück im Park von Palermo. Die Jungen, die dort Fußball spielen, kennen Argentiniens WM-Siege von 1978 und 1986 nur aus Erzählungen, sie waren noch nicht geboren. Nichts wünschen sie sich sehnlicher, als dass ihre Mannschaft es 2010 ins Finale schafft. "Meine Mutter sagt, ins Endspiel kommen Deutschland und Brasilien. Wenn ich das höre, schreie ich, dass sie keinen Glauben hat. Ich sage, dass Argentinien ins Halbfinale kommt und gegen Brasilien gewinnt, und im Finale spielt Spanien gegen Argentinien", gibt einer der Kicker selbstbewusst seine Prognose ab – die allerdings vom Spielplan her gar nicht möglich ist.

Autorin: Victoria Eglau

Redaktion: Sven Töniges