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Schach-WM: "Kasparov war eine Wettkampf-Bestie"

Klaudia Prevezanos ka
10. März 2018

Garry Kasparov, Magnus Carlsen, Levon Aronian sind nur einige der Top-Schachspieler, die David Llada fotografiert hat. Vor dem Kandidatenturnier zur Schach-WM sagt er: Schach verbindet Sport, Kunst und Wissenschaft.

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Garry Kasparow vor einem Schachbrett (Foto: David Llada)
Bild: David Llada

Acht Weltklasse-Schachspieler treten ab dem 10. März gegeneinander an. Beim Kandidatenturnier für die Schach-Weltmeisterschaft 2018 gibt es nach knapp drei Wochen in Berlin nur einen Sieger: Er darf Titelverteidiger Magnus Carlsen (Norwegen) im November (9. bis 28.11.2018) in London herausfordern. David Llada ist Fotograf und Schachspieler. Er hat alle acht Teilnehmer des Turniers zuvor am Brett fotografiert.

DW: Sie fotografieren Schachspieler - Profis und Amateure - warum?

David Llada (Copyright: David Llada)
Fotograf und Schachspieler: David LladaBild: David Llada

David Llada: Als ich Schach spielen gelernt habe, fand ich sofort, dass es ein wunderbares Spiel ist. Meine Begeisterung wollte ich mit allen Menschen um mich herum teilen: Ich brachte es meinen Eltern bei, vielen Klassenkameraden. Bald verdiente ich mein erstes Geld damit, Schach zu unterrichten; dann wurde ich Schachjournalist. Jetzt mache ich einen anderen Job, aber die Fotografie erlaubt es mir, mit Schach in Kontakt zu bleiben. Es ist eine andere Art, das Spiel bekannt zu machen. 

Ihr kürzlich veröffentlichter Bildband heißt "The Thinkers". Was ist die Herausforderung daran, reglos sitzende Denker am Schachbrett zu fotografieren?

Aus technischer Sicht ist es sicherlich nicht die schwierigste Art der Fotografie. Aber es gibt immer kleine Schwierigkeiten: Ich arbeite mit sehr schwachem Licht, und ich muss sehr leise sein, damit ich die Spieler nicht ablenke. Die größte Herausforderung ist es aber, etwas visuell Attraktives zu erschaffen aus so wenigen Elementen, so wenig Bewegung. Wettkampfschach ist sehr intensiv, die Anspannung ist bei den Spielern enorm hoch - selbst bei Amateurwettbewerben. Das versuche ich einzufangen. Das ist nicht so leicht.

Schach-Weltmeister Magnus Carlsen bei einem Turnier in Bilbao (Foto: David Llada)
Schach-Weltmeister Magnus Carlsen bei einem Turnier in BilbaoBild: David Llada

Und: Schach gehört nicht zu den großen Sportarten, ist aber sehr global: Es wird praktisch überall auf der Welt gespielt. Und so konnte ich in den letzten Jahren einige exotische Orte bereisen: vom Iran bis Brasilien, von Kenia bis Kasachstan.  

Wie reagieren die Schachspieler normalerweise, wenn Sie sie fotografieren möchten? Sind die meisten damit glücklich?

Sie reagieren nicht wirklich. Sie sind normalerweise viel zu fokussiert auf ihr Spiel. Außerdem versuche ich, unbemerkt zu bleiben. Wenn sie reagierten, würde das bedeuten, dass ich etwas falsch mache. Ich glaube, ich bewege mich sehr langsam, ich mache keine Geräusche.

Aber nach den Partien, oder wenn das Turnier zu Ende ist, erlebe ich, dass sie mit meinen Fotos zufrieden sind. Fotografie ist ein sehr dankbarer Job, weil jeder gute Fotos von sich mag!

Schach gilt offiziell als Sport, aber ist es nicht auch Kunst? Oder etwas anderes?

Die Schönheit von Schach ist, dass es Elemente von Sport, Kunst und Wissenschaft verbindet. Und unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Herangehensweisen an das Spiel. Jemand wie Levon Aronian ist ein Künstler. Wladimir Kramnik ist ohne Zweifel ein Wissenschaftler. Und der legendäre Garry Kasparov war eine Wettkampf-Bestie!

Was bedeutet Schach für Sie?

Ich war nie ein ernsthafter Spieler; Schach unter Wettbewerbsbedingungen ist sehr anspruchsvoll und stressig. Ich bevorzuge es, die Partien der Großmeister nachzuvollziehen, die in Büchern und Fachmagazinen mit ihren Kommentaren veröffentlicht werden. Und ich genieße sie als Zuschauer.

Aber Schach hat in meinem Leben eine sehr wichtige Rolle gespielt. Es hat mir geholfen, meine Denkweise zu strukturieren, hat meine Art zu planen beeinflusst und wie ich Entscheidungen treffe. Es hat mich die Schönheit der Ideen gelehrt. Deshalb plädiere ich auch dafür, Kindern Schach in einem frühen Alter beizubringen. 

Also bringen Sie auch Ihren Töchtern Schach bei?

Ja, aber ich versuche, sie nicht dazu zu drängen. Die Größere war für ihr Alter weit entwickelt und hat das Spiel mit nur drei Jahren erlernt; dann hat sie das Interesse verloren. Jetzt ist es wieder erwacht, sie will sogar Turniere spielen. Meine jüngere Tochter ist jetzt drei, und möchte nun auch, dass ich es ihr beibringe. Also wird wohl ein Reise-Schachbrett in unserem nächsten Sommerurlaub dabei sein.

Wer, denken Sie, wird das Kandidatenturnier in Berlin gewinnen und im November gegen Weltmeister Magnus Carlsen in London um die Weltmeisterschaft spielen?

Levon Aronian am Brett (Foto: David Llada)
Levon Aronian am BrettBild: David Llada

Alle acht Spieler sind sehr stark, alles kann passieren. Ich habe das Gefühl, es ist jetzt Aronians Zeit: Es ist schwer vorstellbar, dass ein Riesentalent wie er nicht um den Weltmeistertitel spielen soll. Es ist Zeit, dass er die Chance bekommt, die er verdient. Er ist außerdem ein enger Freund von mir, deshalb würde ich mich sehr über seinen Sieg in Berlin freuen.

Ich würde aber auch nicht ausschließen, dass Kramnik gewinnt. Er ist zwar der älteste Spieler, und er hatte ein paar gesundheitliche Probleme. Das könnte seine Leistung in so einem langen Turnier beeinträchtigen. Aber er ist derzeit die Nummer drei in der Welt, und er ist sehr erfahren und routiniert. Kramnik ist der einzige Mensch, der Garry Kasparov je in einem Zweikampf-Match geschlagen hat. Ich denke, das sagt alles!

Schachspieler hinter einem Schachbrett
Fotoband "The Thinkers" von David LladaBild: David Llada

David Llada hat früher als Journalist gearbeitet, derzeit ist er als Unternehmensberater tätig. Schach und Fotografie sind für ihn ein ernsthaftes Hobby, manchmal ein Nebenjob, sagt er. Ende 2017 hat er den Bildband "The Thinkers" bei Quality Chess Publisher veröffentlicht. Llada wurde 1978 in Spanien geboren, wo er nun wieder, in San Sebastian, wohnt.

Das Interview führte Klaudia Prevezanos.