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Kritisches Davos

28. Januar 2010

Wo sich die Geldelite selbst feiert - so wurde das Weltwirtschaftsforum in Davos oft verhöhnt. Doch diesmal ist bei der Großveranstaltung Selbstkritik angesagt - zumindest auf dem Programm.

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Menschen gehen am Logo des Weltwirtschaftsforums vorbei (Foto: AP)
Was wird das Forum bringen?Bild: AP

Nicht schon wieder gipfeln! Das wird sich wohl so mancher Politiker oder Wirtschaftsmensch sagen, wenn es zum jährlichen Stelldichein in den Schweizer Luftkurort Davos geht. Erst vor ein paar Wochen haben sie sich ja gesehen, die Mächtigen der Welt, auf dem Klimagipfel in Kopenhagen. Und was hat es gebracht? Eine schaumweiche Erklärung, die von der Weltgemeinschaft "zur Kenntnis" genommen wurde.

Niclolas Sarkozy (Foto: AP)
Frankreichs Präsident hält in diesem Jahr die EröffnungsredeBild: AP

Na wenigstens nimmt sich Davos traditionell gar nicht erst vor, etwas zu beschließen, das die Welt retten soll. Hier soll ab diesem Mittwoch (27.01.2010) ehrlicherweise nur darüber geredet werden. Aber: Ist nicht eigentlich schon alles gesagt, zum Klimawandel und zur Finanz- und Wirtschaftskrise? Zehn große weltumspannende Gipfeltreffen hat es seit dem Crash auf den Finanzmärkten Ende 2008 gegeben. So viel Reden auf internationalem Parkett, so viel gemeinsames Beraten war selten.

"Es hat sich nichts geändert"

Rausgekommen ist dabei aber sehr wenig, meint Peter Wahl von der globalisierungskritischen Organisation Weed: "Man überlegt jetzt, wie man es anders machen könnte, allerdings ist so gut wie gar nichts in praktische Politik umgesetzt", sagt Wahl. Zwar gebe es erste Ansätze, doch in der Praxis habe sich bei der Regulierung der Finanzmärkte noch nichts getan.

Ansätze hat zum Beispiel US-Präsident Barack Obama in der vergangenen Woche geliefert: Er will die Macht der Banken in Zukunft beschränken, sie zur Not aufspalten. Kein Institut soll in Zukunft so groß sein, dass es das ganze Finanzsystem in den Abgrund reißt. Über diese und andere Pläne wird in Davos zu sprechen sein. Gerade weil in Davos nicht nur Politiker debattieren, sondern auch die Auslöser der Krise, die Banker und Manager mit am Konferenztisch sitzen.

Davos (Foto: swiss-image.ch )
2500 Manager, Politiker und Wirtschafts-Experten kommen dieses Jahr ins Berg-ÖrtchenBild: Davos Tourismus

Vor allem beim Thema "ethisches Verhalten" darf man auf interessante Diskussionen gespannt sein. Schließlich ist in vielen Finanzinstituten wieder "Business as usual" angesagt - inklusive Traum-Boni und Finanzwetten. Denn um das zarte Pflänzchen Konjunktur aufblühen zu lassen, überschwemmen die Notenbanken die Finanzmärkte seit Monaten mit billigem Geld, die Zinsen sind auf historisch niedrigem Niveau - und so wird wieder ordentlich an den Börsen investiert und verdient.

Davos debattiert die nächste Krise

In Davos wird deshalb in einer Veranstaltung schon über "the new crisis", die neue Krise gesprochen, eine andere thematisiert "troubles with bubbles", Ärger mit Finanz-Blasen, und tatsächlich sprechen Politiker und Manager über das leidige Thema Manager-Vergütung - allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Auch vor den ganz großen Fragen scheut man sich nicht: Da wird etwa in einer Konferenz über die Zukunft der Marktwirtschaft gesprochen. "Die massiven Staatshilfen und der Vertrauensverlust in die Unternehmen fordern eine grundsätzliche Überprüfung der Struktur und des Geistes des Kapitalismus. Welche Elemente der Marktwirtschaft müssen überdacht werden?", fragen die Veranstalter im Programmheft.

"Business as usual" geht nicht mehr

Klaus Schwab (Foto: AP)
Klaus Schwab lädt zum 40. Mal zum Davoser ForumBild: AP

Davos gibt sich dieses Jahr also Kapitalismus-kritisch. Was Peter Wahl von Weed natürlich befürwortet. "Ich glaube, dass zumindest den politischen Spitzen klar geworden ist, dass man Business as usual nicht mehr machen kann", sagt er. Nur sei es eben ein weiter Weg von der richtigen Einsicht zum konkreten Handeln. Impulse für neue Regeln auf den Finanzmärkten könnten also gerade in diesem Jahr von Davos ausgehen - die Frage ist nur, ob sie bei den Politikern ankommen.

Autor: Manfred Götzke

Redaktion: Rolf Wenkel