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Ukraine-EU

20. Oktober 2011

In Berlin haben Experten und Politiker über die Korruption in der Ukraine diskutiert. Thema war aber auch das Urteil gegen Julia Timoschenko und der geplatzte Brüssel-Besuch des ukrainischen Präsidenten.

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Mikrofon (Foto: DW)
Bild: DW

Schon vor der Diskussion der deutschen und ukrainischen Experten und Politiker war klar, dass es nicht bei dem vorgesehenen Thema "Korruption in der Ukraine" bleiben würde. Denn zuvor war bekannt geworden, dass das geplante Treffen des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch mit dem ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Die EU reagierte damit auf die Verurteilung der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko zu sieben Jahren Haft. Sie hält das Urteil für politisch motiviert.

Alexander Rahr (Foto: DW)
Alexander Rahr vom Berthold-Beitz-Zentrum der DGAPBild: DW

Bei den Gesprächen wollten die Ukraine und die EU letzte Hand an ein weitreichendes Assoziierungs- und Freihandelsabkommen legen. Die Teilnehmer der Berliner Runde stritten nun darüber, ob die EU das Abkommen mit der Ukraine jetzt überhaupt noch unterzeichnen wird. Alexander Rahr, der Leiter des Berthold-Beitz-Zentrums der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die die Konferenz organisiert hatte, forderte die Experten dazu auf, das Hauptthema der Diskussion - die Korruption in der Ukraine - nicht zu vergessen.

Korruption nach wie vor ein Problem

"Was man in den USA am Dow Jones Index ablesen kann, wird in der Ukraine an der Höhe der Bestechungsgelder gemessen. Je höher der Betrag, desto besser laufen die Geschäfte", sagte Natalja Korolewska. Sie beklagte das Ausmaß der Korruption in ihrem Land. Die Abgeordnete gehört der oppositionellen Fraktion von Timoschenkos Vaterlands-Partei im Obersten Rat der Ukraine an.

Im Gegenzug sagte Dmytro Wydrin, Politologe und Berater von Präsident Janukowitsch, je mehr in der Ukraine über Korruption gesprochen werde, desto weniger würde man verstehen, sie zu bekämpfen. Olena Bondarenko, Mitglied der regierenden Partei der Regionen, betonte, die aktuelle Situation im Lande sei zwar besser als vor 20 Jahren, aber nach wie vor bliebe man hinter den gewünschten Zielen bei der Korruptionsbekämpfung zurück.

Streit um Haltung der EU

Plakat mit einem Portrait von Julia Timoschenko auf einer Straße in Kiew (Foto: AP/dapd)
Der Fall Timoschenko sorgt für DiskussionBild: dapd

Die Teilnehmer der Diskussionsrunde wandten sich schließlich doch dem geplatzten Janukowitsch-Besuch in Brüssel zu. Der Abgeordnete der Partei der Regionen, Oleg Nadoscha, warf den Europäern "eine Politik der doppelten Standards" vor. "Europa hat mit der Absage des Besuchs der ausgestreckten Hand der Ukraine einen Schlag versetzt", sagte er.

Viele ukrainische Teilnehmer des Runden Tisches beklagten, das Timoschenko-Urteil sei zu einem "Verfahren gegen die ganze Ukraine" geworden. Olena Bondarenko von der Partei der Regionen betonte: "Man darf eigene Prinzipien jetzt nicht für Europa opfern und von Janukowitsch fordern, das Urteil zu ändern." Natalja Korolewska von Timoschenkos Vaterlands-Partei sagte dazu allerdings, dass es bei der Kritik an dem Urteil nicht nur um Timoschenkos gehe, sondern um die Verletzung grundlegender demokratischer Werte in der Ukraine.

"Timoschenko-Frage lösen"

Die ukrainische Journalistin Olena Bojko betonte, ihrer Meinung nach sei der Fall Timoschenko auch eine Folge von PR-Kämpfen. Regelmäßig würden in der Presse bestellte Artikel mit kompromittierendem Material erscheinen. Dafür würden auch Timoschenkos Polittechnologen Geld zahlen. "In Deutschland spricht man nur über das Urteil und vergisst die Fakten über die kriminelle Betätigung der ehemaligen Regierungschefin", so Bojko.

Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Rainer Lindner, betonte, die Ukraine habe keine Zeit für solche Diskussionen. Wenn Kiew hoffe, noch im Dezember das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen, dann müsse die "Timoschenko-Frage" umgehend gelöst werden.

Autor: Alexander Sosnowski / Markian Ostaptschuk

Redaktion: Bernd Johann