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Politik

Nach der Wahl streitet Südafrika um die Tinte

Silja Fröhlich
10. Mai 2019

Die Teilnehmer der Wahlen in Südafrika bekamen bei Stimmabgabe eine Markierung am Finger. Doch die ist offenbar abwaschbar. Nun fragen sich Wähler und Parteien: Haben Menschen ihre Stimme mehrfach abgegeben?

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Wahlen im Kongo
Bild: Reuters/B. Ratner

Die Stimmenauszählung bei den Parlamentswahlen in Südafrika ist noch nicht abgeschlossen - und schon werden Zweifel laut, ob bei den Wahlen vom Mittwoch gepfuscht wurde. So kursiert die Behauptung, dass die Tinte, mit der Wähler bei Abgabe ihres Stimmzettels markiert wurden, schon einige Stunden nach der Abstimmung verblasst sei und zudem leicht entfernbar sei. Ausschlaggebend für die Debatte war ein Video in den Sozialen Netzwerken, in dem ein Wähler scheinbar die Farbe vom Daumen wäscht. Das sollte eigentlich nicht so leicht möglich sein, denn die Tinte hatte einige Tage halten sollen, um Wähler davon abzuhalten, ihre Stimme mehrfach abzugeben.

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Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) teilte mit, dass in der Provinz KwaZulu-Natal bereits 20 Personen wegen versuchter doppelter Stimmabgabe verhaftet worden seien. "Die Wählerliste erlaubt nur eine einzige Registrierung pro Wähler", betonte Mosotho Moepya, Kommissar bei der IEC, gegenüber der DW. Man werde jedem Hinweis nachgehen, der auf Wahlbetrug hindeute. "Doch es gibt nicht eine einzige Person, die verhaftet wurde, weil sie zweimal abgestimmt hat. Wir haben vielmehr solche, die es versucht haben, dabei erwischt."

Faire Wahl trotz abwaschbarer Tinte

Auf die Frage nach der abwaschbaren Tinte sagte Moepya: "Wir haben keine Anschuldigungen abgestritten. Die Tinte, die benutzt wird, ist eine Chemikalie, deren Bestandteile geheim sind, denn sonst weiß man auch, welche Chemikalie benötigt wird, um die Tinte zu entfernen." Doch allein der Versuch, die Tinte abzuwaschen, sei ein Grund, um wegen versuchten Wahlbetrugs ins Gefängnis zu kommen, so Moepya im DW-Interview. Er bestreite nicht, dass es Möglichkeiten gebe, die Tinte zu entfernen. Doch das sei kein Grund, zu behaupten, die Wahl sei nicht fair verlaufen. "Wir haben mindestens neun Maßnahmen, die zusammen oder einzeln funktionieren, um eine faire Wahl zu gewährleisten." 

Südafrika Parlamentswahl Stimmauszählung
Noch immer werden die Stimmen in Südafrika gezähltBild: Reuters/R. Ward

Die Wahlkommission hat angekündigt, anhand einer Stichprobe aus den Wahllokalen zu überprüfen, ob es zu doppelten Abstimmungen gekommen sei. Daniel Silke, politischer Analyst in Südafrika, zeigte sich zuversichtlich, dass die Wahlen in jedem Fall als fair gelten könnten. "Ich glaube nicht, dass das einen Einfluss auf die Wahlen im Ganzen haben wird. Es kam vor, dass Wahllokale zu spät öffneten oder Wahlzettel fehlten, doch das war die Ausnahme." Er gehe davon aus, dass all dies keinen Einfluss auf die Ergebnisse haben werde. Nach den ersten Zahlen wird erwartet, dass der regierende African National Congress (ANC) wieder ins Amt kommt, allerdings mit einer reduzierten Mehrheit von 57 Prozent.

Parteien fordern Aufklärung

Besorgte Bürger und einige Parteien fordern Aufklärung. So auch Kaizer Maswanganyi, Mitglied der Ecoforum-Partei. Er glaube nicht, dass die aktuellen Zahlen tatsächlich dem wahren Ergebnis entsprächen. "Einige Wähler haben bestätigt, bis zu dreimal gewählt zu haben. Die Ergebnisse können nicht fair sein, wenn man in einem System einfach so oft wählen geht, wie man möchte." Auch er habe Erfahrungen mit der abwaschbaren Tinte gemacht. "Ein Kollege hat mir die Tinte am Finger entfernt, man sieht nicht einmal mehr, dass dort Tinte war. Das macht es Menschen leicht, zweimal zu wählen, doch sie einzusperren, reicht nicht. Wir können nicht sagen, für wen sie gewählt haben, und man kann ihre Stimme auch nicht ungültig machen, da man am Ende vielleicht eine Partei bestraft, die sie gar nicht gewählt haben."

Vanessa Swanepole, Mitglied der Land-Partei, zweifelt im DW-Interview nicht an der Qualität der Tinte. "Ich weiß gar nicht, warum darüber so viel berichtet wird, ich habe nie von abwaschbarer Tinte gehört", so Swanepole. Ihre Tinte sei noch immer am Finger, doch natürlich seien Fehler nicht auszuschließen. "Wenn es viele Fehler gibt, muss man schauen, was falsch gelaufen ist."

Südafrika Wahlen ANC Plakat
Der African National Congress (ANC) wieder voraussichtlich erneut den Präsidenten stellenBild: Reuters

200.000 unauslöschliche Tintenstifte

Die Tinte soll aus Indien geliefert worden sein. Auch dort habe es bei Wahlen bereits Beschwerden wegen abwaschbarer Tinte gegeben, so Prabhakarmani Tewari, DW-Korrespondent in Kalkutta. "Die Glaubwürdigkeit der aktuell laufenden Parlamentswahlen hier in Indien ist damit massiv infrage gestellt", sagt Tewari. Die Tinte sei dort hauptsächlich in ländlichen Gegenden benutzt worden, wo elektronische Scanner nicht installiert werden konnten. "Doch die Wahlkommission hat sich wegen der Tinte nicht beschwert und lehnt die Vorwürfe ab."

Die südafrikanische Wahlkommission gab an, sie werde von ihrem Lieferanten - vorgeblich dem Unternehmen Lithotech - Antworten verlangen, was mit den bei der Wahl am Mittwoch verwendeten "unauslöschlichen" Tintenstiften schief gelaufen sein könnte. Sy Mamabolo, der Hauptwahlleiter der Kommission, erklärte, dass der Lieferant etwa 200.000 Stifte für die Wahl zur Verfügung gestellt hat.

Afrika Wahlen in Malawi 20.05.2014
Auch in Malawi wurden 2014 Wähler mit Tinte markiert, um Wahlbetrug zu vermeidenBild: AFP/Getty Images

Stifte wurden zuvor verbessert

Experten legen nahe, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, wie unauslöschliche Tinte abwaschbar werden kann. Doch Mambalo erklärte, dass die Tinte eigentlich hätte besser funktionieren müssen als noch in den letzten Wahlen. "In einem Versuch, die Wirksamkeit der Stifte zu erhöhen, hatte die Wahlkommission den Prozentsatz des Silbernitratgehalts von 15 Prozent bei früheren Wahlen auf 20 Prozent der (bei der diesjährigen Wahl) verwendeten Stifte erhöht", erklärte er.

Südafrika ist nicht das einzige Land in Afrika, das Tinte zur Markierung von Wählern nutzt, die ihre Stimme abgegeben haben. Auch Länder wie Burkina Faso, Ghana, die Demokratische Republik Kongo, Rwanda, Kenya, Malawi und Zambia nutzen beziehungsweise haben bereits in der Vergangenheit nicht-abwaschbare Tinte genutzt.

Mitarbeit: Thuso Khumalo und Abu-Bakarr Jalloh