1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Del Ponte fordert von UN mehr Vollmachten

22. Juni 2006

ICTY-Chefanklägerin Carla del Ponte will die Suche und Verhaftung von Kriegsverbrechern in Ex-Jugoslawien selbst in die Hand nehmen. Im UNO-Sicherheitsrat stoßen ihre Forderungen auf Skepsis.

https://p.dw.com/p/8f98
Carla del Ponte drängt auf Festnahme gesuchter KriegsverbrecherBild: AP

Carla del Ponte hatte in einer Rede vor dem höchsten UN Gremium verlangt, dem Haager Tribunal Kompetenzen für die Verhaftung von gesuchten Kriegsverbrechern im ehemaligen Jugoslawien zu übertragen. Frau del Ponte betonte: „Es geht hauptsächlich um Radovan Karadzic und Ratko Mladic. Weder Serbien, die Republik Srpska, die NATO noch die Schutztruppe EUFOR haben es bisher geschafft, sie vor Gericht zu stellen.“

Annan lehnt Forderungen ab

UN Generalsekretär Koffi Annan äußerte sich sehr skeptisch über diese Forderungen. Er sagte, sie seien sehr außergewöhnlich und nicht annehmbar. „Es ist meiner Ansicht nach nicht realistisch, dass das Haager Tribunal für Ex- Jugoslawien sowie die Chefanklägerin mehr tun als die Regierungen in der Region. Sogar die NATO-Kräfte haben es bisher nicht geschafft, Verstecke von Mladic und Karadzic zu entdecken. Es ist sehr traurig, dass die meist gesuchten Kriegsverbrecher noch frei sind“, sagte Annan.

Dennoch hat der UN Generalsekretär versucht, einen diplomatischen Ton einzuschlagen. Er betonte, die Aussage von UN Chefanklägerin Carla del Ponte vor dem UN Sicherheitsrat nicht genau analysiert zu haben. „Ich denke aber, es wäre ein sehr unglaubliches Ereignis, wenn das Haager Tribunal in der Lage wäre, diese Leute eigenständig nach Den Haag zu überstellen“, betonte Annan. Der russische UN-Botschafter Vitalij Curkin hatte die Forderungen del Pontes als „übertrieben“ kritisiert.

Unzureichende Zusammenarbeit

Del Ponte selbst hat sich zu dieser Kritik noch nicht geäußert. Es ist unklar, ob sie auf ihren Forderungen beharren wird. Sie sagte jedoch, die Zeit dränge. Schließlich solle das UNO-Tribunal bis 2008 seine Prozesse in erster Instanz abschließen. Die Behörden in den Ländern Ex-Jugoslawiens hätten sich nicht ausreichend bemüht, die gesuchten Kriegsverbrecher auszuliefern. „Es fehlt an politischem Willen, die Schutznetze der Angeklagten zu durchreißen“, betonte sie. Die mutmaßlichen Drahtzieher des Krieges in Bosnien Herzegowina, der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic und sein Militärkommandeur Ratko Mladic, befinden sich auch fast elf Jahre nach der Anklage gegen sie noch immer auf freiem Fuß.

Erol Avdovic, New York

DW-Radio/Bosnisch,19.6.2006, Fokus Ost-Südost