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Dem Attentäter von Mumbai droht die Todesstrafe

4. Mai 2010

Mord, Verschwörung und Kriegsführung - so das Urteil gegen Mohammed Ajmal Amir Kasab, den einzigen überlebenden Attentäter der Anschläge von Mumbai Ende 2008. Er wurde in fast allen Anklagepunkten für schuldig befunden.

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Die Aufnahme einer Überwachungskamera zeigt KasabBild: AP

Es ist das beherrschende Thema in Indien und Pakistan - das Urteil gegen Mohammed Ajmal Amir Kasab am Montag (03.05.2010). In den indischen Medien gilt der 22-jährige Pakistaner als eine Art Dämon, eine Inkarnation des Bösen. Für viele waren die Anschläge in Mumbai ein Schockerlebnis. Mit Mumbai hatten die Terroristen mit dem Terroranschlag vom 26. November 2008 die Seele Indiens getroffen: die Finanzmetropole des Landes und das Symbol für das erwachende Indien. Die "Hindustan Times" widmet dem Urteil einen Großteil ihrer Frontseite und zitiert emotionsreich eine junge Frau, die ihren Vater verloren hat. "Was auch immer die Strafe für Kasab sein mag. Ich werde ihm nie verzeihen können", heißt es da. "Ich hasse ihn, ihn - der nicht nur meinen Vater, sondern auch so viele andere tötete."

Strafmaß wird noch bekannt gegeben

Kasabs Strafmaß wurde noch nicht verkündet, die Anklage um Staatsanwalt Ujjwal Nikam hatte auf Todesstrafe plädiert. Lebenslange Haft würde Indien in den Augen möglicher Attentäter zu einem "weichen Ziel" machen. Ob Todesstrafe oder nicht, wird vom Gericht am Donnerstag entschieden. Gemeinsam mit neun anderen Attentätern soll Kasai bei der dreitägigen Anschlagsserie auf den Bahnhof, mehrere Luxushotels und andere Ziele insgesamt 166 Menschen getötet haben.

Der Schock über das indische 26/11 - in Anlehnung an die Terroranschläge vom 9/11 in New York - sitzt immer noch tief. "Wir haben kein Wasser, nichts zu essen. Vor Armut sterben überall Menschen in Indien", sagte etwa ein Passant auf den Straßen Mumbais. "Und dann werden für einen Terroristen in den letzten anderthalb Jahren so viele Millionen Rupien verschwendet, nur um ihn am Leben zu halten."

Auch in Pakistan wurde der Prozess beobachtet

Schülerinnen des Patna Women's College
Der 26.11.2008, der Tag der Anschläge, hat sich in das kollektive Gedächtnis Indiens eingebranntBild: UNI

Die pakistanischen Medien diskutieren im Vergleich eher vorsichtig die Aussagen des indischen Außenministers S.M. Krishna und des indischen Innenministers P. Chidambaram. Krishna hatte nach der Urteilsverkündung gesagt, dass Indien weiterhin daran interessiert sei, das Vertrauensdefizit zwischen beiden Ländern abzubauen. Chidambaram betonte, das Urteil gegen Kasab sei eine Botschaft für Pakistan.

Der pakistanische Außenminister Shah Mahmood Qureshi bekräftigte nach der Urteilsverkündung noch einmal, dass auch Pakistan an einer lückenlosen Aufklärung der Anschläge interessiert sei und Indien jede mögliche Hilfe zukommen lassen werde: "Die Straftäter müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Das haben wir immer gesagt. Sie müssen zur Verantwortung gezogen werden, das wollten auch wir immer. Und wir haben Informationen geteilt. Und als Ergebnis haben wir sieben Terrorverdächtige festgenommen und es wird ein Prozess gegen sie geführt."

Mahnwache mit Kerzen
Am 1. Jahrestag der Anschläge gedachten die Inder bei Mahnwachen den OpfernBild: UNI

Anschläge als Zäsur

Kann das Urteil die zarten Annäherungsversuche zwischen Indien und Pakistan wieder zunichte machen? Der pakistanische Politikwissenschaftler Sajjad Naseer glaubt dies nicht. Zwar bedeuteten die Anschläge von Mumbai eine Zäsur. Die vertrauensbildenden Maßnahmen auf offizieller Ebene in Form von regelmäßigen Treffen zwischen den beiden verfeindeten Nachbarn wurden ausgesetzt. Doch inzwischen sind die Signale eher positiv, sagt Naseer: "Gerade haben sich beide Staaten in Bhutan beim SAARC-Gipfel verständigt, und es scheint, dass langsam wieder Gespräche möglich sein könnten zwischen Indien und Pakistan. Gerade von pakistanischer Seite glaube ich daher nicht, dass egal durch welches Strafmaß, diese Bereitschaft torpediert werden würde."

Wird die Todesstrafe abgeschafft?

Fest steht: Der Fall Kasab wird auch die nächsten Monate und eventuell Jahre noch die Menschen in Indien und Pakistan beschäftigen. Denn die Mühlen der Justiz mahlen in Indien langsam. Begnadigungsgesuche für die Attentäterin, die 1991 den damaligen indischen Premierminister Rajiv Gandhi tötete, sind noch immer nicht entschieden worden.

Und es laufen Bestrebungen, die Todesstrafe ganz abzuschaffen. Seit 2004 hat Indien die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt, seit 1998 nur zweimal. Daher gilt für viele Menschen in beiden Ländern vor allem, den Blick nach vorne zu richten und endlich auf lang andauernden Frieden zu hoffen.

Autorin: Priya Esselborn
Redaktion: Silke Ballweg