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Demonstrationsrecht

Volker Wagener28. Oktober 2014

49 verletzte Polizisten, fast 60 Festnahmen, Wasserwerfereinsatz: Das ist die Bilanz der Hooligan-Kundgebung gegen Salafisten. Jetzt streiten Politiker und Experten über die Anwendung des Demonstrationsrechts.

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Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“, Foto: DW
Bild: DW/ N. Steudel

Die Reaktionen kamen prompt und verlaufen kontrovers. Die Strafgesetze müssen verschärft werden, fordert der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Nein, sagt dagegen der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Sein Parteifreund Thomas De Maiziere, der Innenminister, stimmt ihm zu. Gestritten wird auch darüber, ob die Veranstaltung von Anfang an hätte verboten werden müssen, wegen der zu erwartenden Gewalt. Nicht wenige wollen das Versammlungsrecht aber nicht antasten und sehen in der Eskalation ein Versagen der Polizei, die sich nicht richtig vorbereitet habe. Die Zeit drängt, denn schon im November wollen sich Deutschlands Hooligans erneut verabreden, um, so behaupten sie, gegen Salafisten Front zu machen.

Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht

Das Versammlungs- bzw. Demonstrationsrecht (Artikel 8 Absatz 1, Grundgesetz) ist in Deutschland ein sogenanntes "wesentliches Grundrecht". Jeder darf sich mit anderen ohne Anmeldung friedlich und unbewaffnet versammeln. Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel müssen allerdings spätestens 48 Stunden vorher bei der jeweiligen Kommune angemeldet werden. Die Behörde (im Regelfall das Ordnungsamt) darf allerdings auch Verbote aussprechen. Wenn von der Demonstration Gewalt ausgehen könnte, wenn also die allgemeine Sicherheit gefährdet ist, darf eine Demonstration verboten werden. Das letzte Wort haben dann die Verwaltungsgerichte.

Klar ist jetzt: Der Kölner Hooligan-Aufmarsch hätte - im Nachhinein betrachtet - nicht genehmigt werden dürfen. Deshalb muss sich die Stadt nun fragen lassen, warum sie dem Demonstrationsantrag der bekannt rechtsradikalen Partei Pro NRW stattgegeben hat. Selbst im Falle der Genehmigung hat die Behörde das Recht und die Pflicht darüber zu entscheiden, wo die Versammlung stattfinden soll. Der Bahnhofsvorplatz einer Millionenstadt war sicher nicht der geeignete bei einer bekannt gewaltbereiten Demonstrantengruppe. Auch die Teilnehmerzahl von fast 5.000 war nicht geeignet für den Kundgebungsort (Bahnhof) den durchschnittlich rund 280.000 Reisende, Touristen und Berufspendler pro Tag passieren. Das Demonstrationsrecht schließt zwar auch die Ortswahl ein, aber nur bei unbedenklichen Veranstaltungen, was die Kölner Kundgebung nicht war.

Köln ist überall

Die Koalition von Fußball-Hooligans mit der politisch rechten Szene ist für Sicherheitsexperten und Politiker zumindest was das Ausmaß der Gewalt betrifft Neuland. Auch das Zusammengehen der beiden Milieus war bislang nur in Ansätzen zu beobachten. Und im Netz bereiten die Anti-Salafisten schon das nächste Treffen vor. Für November wollen sich Hooligans und Rechtsradikale in Berlin verabreden. Die Polizeigewerkschaft fordert indes eine deutliche Verbesserung der Ausrüstung. Auch soll die beschlossene Einsparung von rund 10.000 Stellen bei der Bereitschaftspolizei bis 2020 wieder zurück genommen werden. Und die Innenminister der Länder wollen das Thema bei ihrem nächsten Treffen auf die Tagesordnung setzen.