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Den Umweltschutz in China voran bringen

Gaby Reucher28. Mai 2014

Der Umweltschutz in ihrer Heimat liegt ihr sehr am Herzen. Doch nicht überall in China gibt es für ihre Ideen Verständnis. Li Ma versucht jetzt, von Deutschland aus Netzwerke aufzubauen.

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Li Ma aus China bei der DAAD-Tagung 'Change Agents - Gesichter des Wandels' an der Universität Heidelberg (Foto: DW/Gaby Reucher)
Bild: DW/G. Reucher

Als Li Ma das erste Mal zum Studium nach Deutschland kam, hatte die ganze Familie das Geld zusammengelegt, um ihr den teuren Aufenthalt zu finanzieren. Die Abmachung war, dass sie später im Beruf das Geld zurückzahlen sollte. "Das war von meinen Eltern als Scherz gemeint, aber ich habe das ernst genommen. Und ich habe bereits alles zurück gezahlt", erklärt sie stolz.

Interesse für deutsche Kultur und Sprache

Das Leben in Deutschland wollte Li Ma unbedingt kennenlernen, weil sie die Kultur und die Sprache so interessant fand. In China hatte sie bereits ein Deutschstudium mit Schwerpunkt Übersetzen begonnen und kam in diesem Rahmen 2006 für ein Jahr nach München. Nach dem Bachelor konnte sie gleich in ihrer Heimat bei dem deutschen Unternehmen Siemens als Dolmetscherin anfangen. "Später habe ich dort auch als Projektassistentin gearbeitet und dadurch den Bereich Projektmanagement für mich entdeckt." Das war die Motivation für den zweiten Deutschlandaufenthalt.

Diesmal aber hatten die Eltern nicht so viel Verständnis, denn schließlich arbeitete Li Ma bei einer angesehenen Firma und verdiente Geld. Weil ihre Eltern sie finanziell nicht unterstützen wollten, bewarb Li Ma sich 2012 um ein DAAD-Stipendium für das MBA-Programm im Bereich International Management an der ESB Business School in Reutlingen und wurde genommen.

Studierende der ESB Business School in Reutlingen (Foto: ESB)
Multikulti in der Provinz: An der ESB Business School in Reutlingen kommen die Studierenden aus aller WeltBild: ESB Business School Reutlingen

Das alles ist noch nicht lange her, denn ihren Master hat die 29-Jährige gerade im Februar bestanden, und die Eindrücke sind noch ganz frisch. Begeistert erzählt sie von ihrem Studiengang, der mit 80 Studierenden aus aller Welt sehr international besetzt war. Auch im Studentenwohnheim ging es multikulturell zu. "Dadurch habe ich sehr viel über unterschiedliche Länder und ihre Kulturen erfahren. Wir haben zusammen gekocht, gelernt und Ausflüge gemacht, das war für mich sehr spannend."

Viel von deutschen Rentnern gelernt

Von den Deutschen abgekapselt hat sie sich dadurch aber nicht. Im Gegenteil: "Ich habe viele Leute ganz zufällig, sogar auf der Straße kennen gelernt und bin mit ihnen in Kontakt geblieben." Sie schätzt die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Deutschen und ihr Verantwortungsbewusstsein. Die deutschen Rentner wird sie dabei besonders in Erinnerung behalten. "Sie waren so nett zu mir. Mit ihrer Hilfe habe ich Deutschland aus anderen Perspektiven gesehen. Sie haben mir zum Beispiel die Kunst oder den Sport näher gebracht und auch die Politik", schwärmt Li Ma.

Die meisten von ihnen traf sie bei einem Workshop. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hatte dazu eingeladen, um zu diskutieren, wie die Parteimitglieder den Ortsverein voran bringen könnten. "Da gab es Debatten zwischen einem 18-Jährigen und einem 70-Jährigen. Es war unglaublich interessant." Einen so regen Diskussionsaustausch erlebt Li Ma in China selten. Die Chance, an politischen Diskussionen teilzunehmen, bietet sich nicht oft.

Alumna Li Ma ist beeindruckt von der Notfallhilfe auf Autobahnen

In China ist Umweltschutz kaum ein Thema

Dabei möchte sich Li Ma in ihrer Heimat in Zukunft weit mehr einmischen als bisher. Ihr großes Thema ist der Umweltschutz. "Überall gibt es Umweltverschmutzung. Den meisten Menschen in China ist das gar nicht so bewusst, aber ich habe das schon immer wahrgenommen." Es macht sie traurig, dass die grüne Umgebung, die sie noch aus ihrer Kindheit kennt, in ihrer Heimat so zerstört ist. Li Ma ist das älteste Kind einer Bauernfamilie und stammt aus einem Dorf im Nordosten der Provinz Anhui, nicht weit entfernt von Shanghai. "Durch die Chemikalien der Agrarwirtschaft gibt es eine hohe Gewässerverschmutzung, und die bleibt ja nicht dort, wo sie stattfindet." Auch die Luftverschmutzung der Industrie habe die ländliche Idylle längst erreicht, bedauert die Chinesin.

Auf der Suche nach besseren Netzwerken

Gleich nach dem Studium wollte Li Ma am liebsten bei einer NGO als Marketingleiterin arbeiten oder selbst eine NGO gründen, um sich auch beruflich um den Umweltschutz zu kümmern. Doch in den wenigen Wochen, seit sie zurück in China ist, musste sie feststellen, dass selbst bei ihren Freunden das Interesse für dieses Thema nicht besonders groß ist. "Die Menschen streben immer noch weiter nach dem Geld", bedauert sie die Haltung ihrer Landsleute. "Wenn ich jetzt sofort fulltime in den Umweltschutz einsteigen würde, würde mich meine Familie für total verrückt halten." Weil die Eltern außerdem Li Mas finanzielle Unterstützung brauchen, arbeitet sie erst einmal wieder ganz regulär bei einer früheren Tochterfirma von Siemens, die Ventilatoren herstellt und gerade an einen chinesischen Konzern verkauft wurde. Ihr neuer Job als Assistentin der Geschäftsführung führt sie ab Juni zum Firmensitz nach Deutschland.

Li Ma, ehemalige DAAD-Stipendiatin aus China, mit Freundinnen bei einem Ausflug ins Huangshan-Gebirge (Foto: privat)
Hier oben ist die Umwelt noch intakt: Li Ma (rechts) mit Freundinnen im berühmten Huangshan-GebirgeBild: privat

Um den Umweltschutz in China will sich Li Ma trotzdem weiter kümmern und hofft, dass das von Deutschland aus besser gelingen wird. "Im Moment brauche ich erst mal wieder Mut und suche nach Netzwerken, um zu sehen, wie ich mit dem Thema Umweltschutz in meiner Heimat umgehen kann."