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Der Aufklärer der Deutschen

1. Oktober 2010

Oswalt Kolle erhitzte in den 1960er und 1970er Jahren die Gemüter in der prüden Bundesrepublik mit einem wahren "Reizthema": der Sexualität. Jetzt ist er im Alter von 81 Jahren gestorben.

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'Dein Mann das unbekannte Wesen': Filmplakat zum Sexualaufklärungsfilm von Oswalt Kolle (Foto: DHM)
Warb in seinen Filmen für sexuelle Offenheit: Oswalt KolleBild: DHM

1968 hätten die meisten konservativen Deutschen ihn am liebsten hinter Gittern gesehen: Damals kam Oswalt Kolles Film "Das Wunder der Liebe" in die deutschen Kinos. Mit seinen Aufklärungsfilmen, Büchern und Vorträgen spaltete er die Bundesrepublik; denn bis dahin war Sex ein absolutes Tabuthema. "Unter den Talaren der Muff von Tausend Jahren", skandierten linksliberale Studenten gegenüber der deutschen Bürokratie. Doch muffig und spießig ging es auch in deutschen Ehebetten zu.

'Sexaufklärer' Oswalt Kolle mit Familie nackt am FKK Strand: (v.l. nach r.) Söhne Till-Martin, Stefan-Alexander, Tochter Cornelia, Ehefrau Marlies (verdeckt) (Foto: AP)
Natürlich nackt am Strand: Familie KolleBild: AP

Sexuelle Revolution wagen

Oswalt Kolle, Journalist und Publizist, wollte der bundesbürgerlichen Verklemmtheit ein Ende bereiten. In den 1960er Jahren startete er seine Aufklärungskampagne zunächst in Illustrierten und später in Büchern.

"Liebe lernen" könne man nicht, lautete seine These, wohl aber "Liebe machen". Mit seinen Schriften, in denen er für sexuelle Offenheit der Partner warb, stieß Kolle auch auf internationales Interesse.

Lets talk about Sex

'Das Wunder der Liebe': Filmplakat zum Sexualaufklärungsfilm von Oswalt Kolle (Foto: DHM)
"Das Wunder der Liebe" - FilmplakatBild: DHM

Zwischen 1968 und 1972 drehte Kolle acht Aufklärungsfilme, die für reichlich gesellschaftlichen Zündstoff sorgten - und denen Kritiker nachsagten, sie würden Sitte, Anstand und Moral verderben. Gleichzeitig lockten sie Millionen Deutsche in die Kinos.

"Dein Mann - das unbekannte Wesen", "Das Wunder der Liebe" oder "Was ist eigentlich Pornografie" wurden zwar Publikumserfolge, wurden aber auch von der Zensur argwöhnisch beäugt. Während die einen Kolle aus "Aufklärer" und "sexuellen Befreier" feierten, wurde er von anderen als "Herr Porno persönlich" verunglimpft, ausgebuht oder mit Eiern beworfen.

Generationenthema Sex

Das Thema Sex und der unverkrampfte Umgang damit blieb auch weiterhin wichtig für Kolle, der Ende der 1970er Jahre mit seiner Familie in die Niederlande zog. Noch vor wenigen Jahren sorgte er in Deutschland wieder für Aufregung, als er das Thema "Sexualität im Alter" ansprach: "Wir haben das Problem, dass die Älteren denken, sie dürften keine Gefühle mehr haben. Die jüngeren Leute fahren immer wieder schwere Angriffe gegen ältere Leute, die Sex haben. Das sind Dinge, die mich wütend machen."

Wie am Freitag (01.10.2010) bekannt wurde, starb der "zornige Alte", wie Oswalt Kolle sich selbst nannte, bereits am 24. September im Alter von 81 Jahren in seiner Wahlheimat Amsterdam.

Autor: Klaus Gehrke
Redaktion: Sabine Oelze