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Der Bauer und seine Kartoffeln

7. November 2002

Kein anderer hat nackte Frauen vor der Kamera so in Szene gesetzt wie Helmut Newton - und war so umstritten. Eine neue Ausstellung zeigt unbekannte Motive: schlichte Landschaften. Ein Resumee über den Starfotografen.

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Seine Neugierde nach Frauen ist ungebrochenBild: AP

Er ist der fotografische Spezialist im Ablichten nackter Frauen: Helmut Newton. Doch neben dem weiblichen Akt hat er auch andere Motive fotografiert, wenn auch nicht spektakulär, doch fotografisch wertvoll: Stillleben und Landschaftsaufnahmen, unter anderem von seiner Geburtsstadt Berlin, sind nun in Düsseldorf zu sehen. 20 großformatige Schwarzweiß-Aufnahmen unter dem Titel: "Sex and Landscapes – New and Unknown Works". Die meisten von ihnen waren vorher noch nicht veröffentlicht.

Helmut Newton Foto Berlin-Halensee
Helmut Newton: Berlin-HalenseeBild: Helmut Newton Galerie Hans Mayer

Flüchtling in Australien

Newton gilt als einer der wichtigsten Mode- und Porträtfotografen des 20. Jahrhunderts. 1920 wurde der Sohn eines jüdischen Knopffabrikanten und einer Amerikanerin in Berlin geboren. Er war erst 16 Jahre alt, als er von der Modefotografin Yva sein Handwerk lernte.

Zwei Jahre später musste seine Familie vor den Nazis fliehen. Newton schlug sich über Singapur bis nach "down under" durch. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er für seine neue Heimat Australien.

Nach dem Krieg eröffnete er in Melbourne ein eigenes Studio. Es ging um sein Überleben, also "schoss" er alles: Babywäsche, Hochzeiten, Strickvorlagen. Doch der Durchbruch ließ nicht lange auf sich warten. 1952 veröffentlichte er Fotos in der australischen "Vogue". In den 1960er Jahren siedelte er nach Paris über und veröffentlichte von dort aus seine Arbeiten in allen bekannten Modemagazinen. Seit 1981 lebt der Fotograf aus Leidenschaft in Monaco, wo er sich vor allem der Porträt- und Aktfotografie widmet.

Kontroverse Amazonen

Helmut Newton
Helmut NewtonBild: dpa

Seine Aktfotografie kennt nicht nur Bewunderer, sondern auch Kritiker. In Deutschland hat ihn vor allem Emma-Chefin Alice Schwarzer für seine Bilder nackter Amazonen angefeindet. "Faschistoid" lautete ihr schärfster Vorwurf. Auch moderatere Feministinnen warfen ihm vor, Frauen wie Gegenstände zu behandeln.

Newton hat sich immer dagegen gewehrt, ein Frauenfeind zu sein. Ganz im Gegenteil: Der Starfotograf bezeichnet sich sogar als "Feminist". Er stelle Frauen immer als starke Charaktere dar, nicht als Opfer, sein Motiv sei "gnadenlose Neugier", verteidigt sich Newton in der Öffentlichkeit. Tiefe Botschaften will er mit seinen Bildern nicht vermitteln: "Sie können bohren so lange Sie wollen, Sie werden nichts finden."

"Langweilige Hollywood-Bimbos"

Inzwischen ist unter dem Titel "Auf und davon" eine Autobiografie erschienen. Doch sie endet abrupt im Jahr 1982. "Was hätte ich denn über mich die letzten 20 Jahre schreiben können," fragte Newton neulich in einem Interview mit einem deutschen Magazin. "Ich habe eine Menge wahnsinnig langweiliger Hollywood-Bimbos kennen gelernt, ich verdiene ein bisschen mehr Geld als früher, und ich fliege nur noch erster Klasse, damit ich meine Beine ausstrecken kann. Sonst ist nichts passiert."

Der Bauer und seine Kartoffeln

Immer wieder wurde Newton von der Presse gefragt, ob seine Frau June (alias Alice Springs) angesichts der vielen Kontakte mit nackten Frauen nicht eifersüchtig sei. Die Antwort klingt zumindest für seine Frau beruhigend: Seine Ehefrau wisse, dass er seine Modelle betrachte "wie ein Bauer seine Kartoffeln", wie er vor kurzem selbst zu Antwort gab.