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Der BVB auf der Suche nach Konstanz

10. Dezember 2016

Von europäischer Spitzenklasse hinab auf Bundesliga-Mittelmaß: Nach dem starken Auftritt bei Real Madrid kam Borussia Dortmund in der Liga gegen ersatzgeschwächte Kölner nur mit Glück zu einem Punkt. Und das hat Gründe.

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Die BVB-Profis Marc Bartra (r.) und Sokratis diskutieren (Foto: picture alliance/AA/I. Fassbender )
Offensichtlicher Diskussionsbedarf beim BVB schon während der Partie in Köln: Marc Bartra (r.) und SokratisBild: picture alliance/AA/I. Fassbender

Mit gesenktem Kopf verlässt Marc Bartra das Stadion, steigt die Treppen hinab ins Innere der Kölner Arena, würdigt dabei niemanden eines Blickes. Die wartenden Journalisten passierte der zwölfmalige Nationalspieler Spaniens stumm, doch dann, urplötzlich, bricht es aus ihm heraus: Auf seinem Weg in die Gästekabine brüllt er ein lautes "Ja" heraus und haut dabei mit der Faust auf eine Glastüre. Ob aus Freude oder Ärger bleibt in diesem Moment unklar, wie so vieles bei Borussia Dortmund.

Seit Wochen erlebt die junge Mannschaft ein stetes Auf und Ab der Gefühle und auch Ergebnisse. Mal ein starker Heimsieg gegen den Ligaprimus FC Bayern München, dann eine bittere Pleite bei Eintracht Frankfurt, darauf folgte ein souveränes 4:1 gegen Mönchengladbach und eine phänomenale Aufholjagd bei Real Madrid. Nur drei Tage später dann aber wieder ein Rückschritt: Nur ein sehr später und durchaus glücklicher Ausgleich durch Marco Reus rettete dem BVB beim 1:1 (1:0) beim 1. FC Köln einen Punkt. Der BVB ist auf der Suche nach Konstanz.

"Eine Entwicklung mit Dellen"

BVB-Trainer Thomas Tuchel gestikuliert an der Seitenlinie (Foto: picture alliance/AP Photo/M. Meissner)
Trainer Thomas Tuchel hat viel zu justieren im BVB-SpielBild: picture alliance/AP Photo/M. Meissner

Darauf angesprochen wirkt Thomas Tuchel dünnhäutig, genervt. "Das haben wir schon so oft beantwortet", sagt er schmallippig und verweist auf eine sehr kurze Saisonvorbereitung, Spiele im Drei-Tages-Rhythmus und eine sehr junge, unerfahrene Mannschaft. In allen drei Punkten muss man Tuchel zustimmen, der personelle Umbruch im Sommer verbunden mit der Dreifachbelastung Liga, Pokal und Champions League ist eine große Aufgabe. Und doch liegen Anspruch und Wirklichkeit in Dortmund zumindest in der Bundesliga derzeit ein Stück weit auseinander. Nach 14 Spielen nur Rang sechs und bereits acht Punkte Rückstand auf Bayern München und RB Leipzig. "Es ist eine Entwicklung, die auf jeden Fall erkennbar ist, aber die auch ein paar Dellen hat", konstatiert Thomas Tuchel. "Man kann vor der Saison sagen, dass die Mannschaft in einem Umbruch ist. Aber wenn du in dieser Situation stehst, dann fühlt es sich manchmal zäh an."

Zäh war auch das, was der BVB auf dem Rasen zeigte. Während Köln mutig in die Partie startete, leistete sich Dortmund zahlreiche Fehler im Spielaufbau. Besonders in der Zentrale ging der Ball auffallend oft verloren. Das Zusammenspiel zwischen Gonzalo Castro, Julian Weigl und Ousmane Dembelé funktionierte in der Anfangsphase allenfalls holprig - und es wurde über die gesamten 90 Minuten nicht wesentlich besser. Ein umstrittenes Abseitstor von Pierre-Emerick Aubameyang wie aus dem Nichts (9.) blieb eines der wenigen Highlights im Spiel nach vorne bei der Borussia. Während der 1. FC Köln hinten solide stand und vorne ab und zu durchaus passable kombinierte, tat sich der BVB nach dem starken Auftritt in Madrid unerwartet schwer in der Vorwärtsbewegung.

Der Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang gestikuliert (Foto: picture-alliance/dpa/F. Gambarini)
Zu früh gefreut: BVB-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang versenkt den Ball im Netz - doch dann folgt der AbseitspfiffBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Dortmund fehlt hinten ein echter Leader

Dazu kommt die Fortsetzung der Defensivprobleme: Ein Freistoß von Nationalspieler Jonas Hector segelte in den BVB-Strafraum, wo Artjom Rudnevs ziemlich unbedrängt ins rechte Eck zur irgendwie gar nicht so überraschenden Führung der Gastgeber einköpfte (28.). Das Dortmunder Abwehrverhalten: inexistent. Situationen wie diese gab es in den vergangenen Wochen immer wieder zu beobachten. Der BVB-Hintermannschaft fehlt es an klarer Zuordnung und Verantwortlichkeit. Aber möglicherweise ist es nicht nur das: Einen echten Leader, der die Kollegen hörbar mitnimmt und anweist, gibt es seit dem Abgang von Mats Hummels zu den Bayern nicht mehr.

Dortmunds Verteidiger Matthias Ginter und Kölns Stürmer Artjoms Rudnevs im Zweikampf (Foto: Getty Images/AFP/P. Stollarz)
FC-Stürmer Artjoms Rudnevs (r.) macht BVB-Verteidiger Matthias Ginter wiederholt das Leben schwerBild: Getty Images/AFP/P. Stollarz

Umso lauter wurde mit zunehmendem Spielverlauf dafür Thomas Tuchel. Immer wieder forderte er verbal und gestikulierend, dass seine Spieler den Gegner früher stören, schneller attackieren und vor allem mehr tun sollten. Doch seine Mannschaft tat sich weiter schwer. Auch als sich der FC in der zweiten Hälfte tiefer in die eigene Hälfte zurückzog, vermochte der BVB mit dem gewonnenen Raum nicht viel anzufangen. Dem in Madrid noch blitzschnellen Passspiel zwischen Reus und Aubameyang fehlte es an Präzision, der rotgefährdete Dembelé wirkte völlig verunsichert. Erschwerend hinzu kam, dass Tuchel mit Lukasz Piszczek, Gonzalo Castro und Sokratis Papasthathopoulos drei Spieler verletzungsbedingt austauschen musste.

Köln gelang es, den BVB in kleine Nickeligkeiten zu verwickeln und so den Spielfluss der Schwarz-Gelben immer wieder effektiv zu stören. Am Ende bedurfte es einer etwas glücklichen Situation, um Dortmund doch noch einen Punkt zu retten. In der Schlussminute war der Ball eigentlich schon im Seitenaus, was der Schiedsrichter aber übersah und somit einen der letzten Dortmunder Angriffe ermöglichte. Marco Reus kam im Strafraum völlig frei an den Ball und machte nach dem Ausgleich in Madrid erneut ein ganz wichtiges Tor für die Borussia. "Wir müssen am Ende zufrieden sein, dass wir noch einen Punkt geholt haben. Wir haben es uns schwer gemacht, auch durch meinen Fehler, der zum Rückstand geführt hat", sagte Marcel Schmelzer im Gespräch mit der DW. "Aus dieser Phase müssen wir uns jetzt wieder herauskämpfen."