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Der Deal der Nummer 10

Hanspeter Detmer11. Oktober 2002

Die Kirch-Pleite macht es möglich. Ein Konsortium um den früheren Nationalspieler Günter Netzer und den ehemaligen adidas-Chef Dreyfus hat die Fernsehrechte an der Fußball-WM 2006 in Deutschland erworben.

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Immer am Ball: Günter NetzerBild: AP

Alles das, was früher schon über den Fußballspieler Netzer geschrieben wurde, trifft im Grunde genommen auch auf den Vermarktungsexperten und Sportrechtehändler Günter Netzer zu. Mit einem finalen Geniestreich vermag er verworrene Situationen zu lösen. Schon als Spieler hat er sich dabei immer auf sein Team der guten Zuarbeiter verlassen. Jetzt, da die Nachrichten verkünden, Netzer hätte die Fernsehrechte an der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gekauft, ist es in Wirklichkeit eine Gruppe finanzstarker Geschäftsleute, für die Netzer im übertragenen Sinne das entscheidende Tor geschossen hat.

Der Vorgang ist kompliziert. Zunächst lagen die weltweiten TV-Rechte an der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 bei der inzwischen insolventen KirchMedia-Gruppe. Diese wiederum hatte ihre Fußballrechte zunächst an ihre unabhängige und wirtschaftlich durchaus gesunde Schweizer Tochter KirchSport AG veräußert. Günter Netzer war bei KirchSport AG als geschäftsführender Direktor angestellt. Zum Geschäftsmanagment der KirchSport AG gehören auch der französische ehemalige Adidas-Mehrheitsaktionär Robert-Louis Dreyfus sowie weitere finanzkräftige Persönlichkeiten.

Profitiert das öffentlich-rechtliche Fernsehen

Sie haben sozusagen ihre eigene Aktiengesellschaft, für die sich auch andere Käufergruppen interessierten, gekauft. Damit haben sich die Käufer in den Besitz der Fernsehrechte nicht nur an der Weltmeisterschaft 2006, sondern auch der deutschen Fußballbundesliga gebracht. An welche Nutzer, also TV-Stationen, diese Rechte weiterveräußert werden, wird sich noch zeigen. Aber vieles deutet daraufhin, dass zum Beispiel in Deutschland das nicht-kommerzielle öffentlich-rechtliche Fernsehen von der aktuellen Entwicklung profitieren wird. Das würde bedeuten, dass die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im Gastgeberland Deutschland im frei-empfangbaren Fernsehen, und nicht etwa im teueren Pay-TV verfolgt werden können.

Warum dieser Schluss? Der Veröffentlichung des Rechtehandels ging die Meldung voraus, wonach Günter Netzer seinen Vertrag als brillanter Co-Kommentator und Spieleanalytiker von deutschen Fußballänderspielen mit dem öffentlich-rechtlichen Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) bis zum Jahre 2006 verlängert hat. Für seine Fußballkommentare wurde Netzer sogar mit dem höchstgehandelten deutschen TV-Preis, dem Grimme-Preis, dekoriert. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich der Ex-Fußballer Netzer letztlich selber ins Abseits stellt und die Rechte an andere als seine persönlichen Vertragspartner vergibt.

Geschäftsmann mit sportlicher Seele

Beim Deutschen Fußballbund ist man zufrieden mit der aktuellen Entwicklung. Wichtig ist das Signal, dass einer aus den eigenen Reihen - und dazu darf der Ex-Nationalspieler auch 25 Jahre nach Abschluss seiner Aktivenkarriere immer noch gezählt werden - eine in den letzten Monaten zunehmend verzwickte Rechte-Situation gelöst hat. Sicherlich haben auch Günter Netzer und seine Geschäftsfreunde ihre wirtschaftlichen Interessen und wollen gutes Geld verdienen.

Aber es ist ein Unterschied, ob eiskalte Finanzjongleure ohne gefühlsmäßige Bindung an eine Ware oder Dienstleistung nach Gewinnmaximierung streben, oder ob Leute, die die Materie sozusagen aus dem Bauch heraus kennen, nach Zufriedenheit auf allen Seiten streben. Der Fußballer Günter Netzer, auch wenn er inzwischen noch so sehr Geschäftsmann ist, wird hoffentlich seine sportliche Seele nie verscherbeln. Schließlich weiß er aus langer Erfahrung, dass zur Fairness des Sports die Zufriedenheit aller gehört.