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Der eine Himmel, der eine Gott

9. Mai 2013

Christen feiern heute Christi Himmelfahrt. Der Himmel verbindet die drei großen monotheistischen Regionen. Klaus Möllering denkt für die evangelische Kirche nach, was das für das Zusammenleben der Religionen bedeutet.

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Himmel
HimmelBild: Catherine

Der Blick in den Himmel vereint die Religionen

Verwundert und verblüfft haben seine Jünger damals sicherlich nach oben geschaut, als Jesus vor ihren Augen in den Himmel entrückt wurde. Vierzig Tage nach Ostern, so berichtet die Bibel, hat sich Christi Himmelfahrt ereignet; Christen feiern dies heute weltweit. Eine ähnlich erstaunliche Himmelfahrt wird zuvor aber schon in der Bibel der Juden vom Propheten Elia berichtet. Und selbst der Islam kennt eine Himmelsreise seines Propheten Mohammed, die ihn in dieser Entrückung dann Gott schauen ließ. Bei allen Unterschieden der drei großen monotheistischen Weltreligionen könnte dieses Motiv, der Weg direkt in den Himmel, zwar ein verbindendes Motiv sein. Der eine Himmel, der sich über der Erde wölbt, allumfassend, unendlich - und oft so unfassbar in seiner Größe wie der eine Gott, an den Juden, Christen und Moslems glauben, jeweils auf ihre Weise.

Der Streit um den Himmel dauert bis heute an

Aber allzu oft sind unter dem einen Himmel dann doch hier auf Erden diese Unterschiede im Glauben nur Ursache von Gewalt und heftiger Abgrenzung gegen Andersgläubige gewesen. Und macht dieser Kampf der Religionen um die Wahrheit, so fragen sich nicht wenige heute, ihre jeweilige Wahrheit nicht gerade unglaubwürdig? Wie rasch sind Christen, Juden und Moslems immer wieder aufeinander los gegangen im Streit, wie man dem einen Gott auf die rechte Weise glauben und nachleben sollte! Die Juden haben deshalb unter den Christen entsetzlich gelitten. Die Christen mit ihrer langen und schlimmen Geschichte von Mission mit Feuer und Schwert gehören andererseits zu denen, die heute weltweit aufgrund ihres Glaubens am heftigsten verfolgt werden. Oft gerade von Moslems, die offenbar die großartigen Zeiten von islamischer Toleranz gegenüber Juden und Christen völlig vergessen haben. Je unsicherer die Zeiten werden, desto heftiger scheinen diese Auseinandersetzungen zu werden – und umso schwieriger dann das Gespräch miteinander.

Der eine Himmel, der eine Gott – wäre das aber nicht eine Einladung an alle drei monotheistischen Weltreligionen, sich hier auf Erden um dieses Miteinander im Glauben zu bemühen – bei allen Differenzen? Hat nicht schon der Prophet Jeremia, auf den zumindest Juden wie Christen ja gleichermaßen hören, uns Gottes Versprechen eingeschärft: Ich will ihnen einerlei Sinn und einerlei Wandel geben, dass sie mich ehren und ernst nehmen ihr Leben lang? (Jer. 32, 39) Ein Merk - Satz gerade für Christen, die rund um den Globus auf die „Losungen“ hören. Dieser Merk- und Mahnsatz des Jeremia steht nämlich als Losungsvers just über dem heutigen Himmelfahrtstag.

Ein gemeinsamer Bau als Zeichen des gemeinsamen Wegs

Der eine Himmel – man wird ihn hereinleuchten sehen in dem Haus, das in Berlin geplant und hoffentlich bald gebaut wird: Als „Bet- und Lehrhaus“ für das Gespräch der drei abrahamitischen Religionen, um das gegenseitige Verständnis füreinander zu fördern. Dieses Gebäude wird Christen, Juden und Moslems jeweils Heimat bieten in einem eigenen Synagogenraum, einem Moschee- und auch einem Kirchenraum, wo sie im vertrauten Glauben zu Gott zu beten können. Verbinden wird diese Räume aber ein zentraler Saal, in dem all das diskutiert werden kann, was sie zusammenbringt. Es geht also ums Gespräch miteinander auf Augenhöhe, nicht um eine Vermischung der drei monotheistischen Weltreligionen auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner. Es hat einen Architektenwettbewerb gegeben, und unter vielen faszinierenden Entwürfen hat man sich für einen Bau entschieden, der genau dies widerspiegelt. Der als Sakralgebäude zwar zu erkennen ist, aber doch mehr ist und anders wirkt, als die Traditionen der drei Religionen jeweils nahelegen. Auf dem Platz der alten Petrikirche, mitten im alten Berlin, wollen die evangelische Marien- und Petrigemeinde, das jüdische Abraham-Geiger-Kolleg und das islamische „Forum für interkulturellen Dialog“ so das Gespräch der Religionen von unten fördern. Nicht mehr im Streit um den Himmel, sondern durch Begegnung an der Basis. Eine Kuppel, Abbild des großen Himmelsrunds, wird sich über dem zentralen Saal wölben. Und wie das Auge des einen Gottes, das auf den gemeinsamen Weg von Gottes Kindern an dieser Stelle schaut, wird das Licht des Himmels durch eine runde Öffnung in dieser Kuppel herein scheinen.

Zum Autor:

Klaus Möllering, evangelischer Pfarrer, Berlin *** Wer hat das Bild gemacht?: Rundfunkarbeit im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) für den Medienbeauftragten des Rates der EKD *** eingestellt Dezember 2009
Pfarrer Klaus Möllering BerlinBild: GEP

Klaus Möllering (Jahrgang 1953) arbeitet seit 2009 als Pfarrer und Seelsorger im Seniorenwohnstift Augustinum in Kleinmachnow bei Berlin. Seit vielen Jahren ist er Autor kirchlicher Radio- und Fernsehsendungen. Denn er war ab 1986 zunächst acht Jahre als evangelischer Beauftragter beim WDR tätig, danach zwölf Jahre als Beauftragter für Deutschlandradio und Deutsche Welle. Von 2007 bis 2008 leitete er in Berlin die Evangelische Medienakademie und die Evangelische Journalistenschule. Klaus Möllering ist verheiratet, hat zwei erwachsene Töchter und eine reizende Enkeltochter.